Prof. Dr. Michael Stürner
I. Verbundener Vertrag.
Rn 3
Nach I 1 muss ein Verbraucherdarlehen (das ergibt sich aus I 2) mit einem anderen Vertrag mit einem Unternehmer verbunden sein, also idR zur Finanzierung dieses Vertrages dienen. Der Darlehensvertrag muss anders als vor Inkrafttreten des WoImmoKrRL-UG (Vor §§ 355 ff Rn 5) nicht entgeltlich sein. Auch sog Null-Prozent-Finanzierungen, die vor der Reform nicht unter §§ 358, 359 fielen (BGHZ 202, 302 Rz 10), werden damit nunmehr erfasst (Schürnbrand WM 16, 1105, 1107). Die erforderlichen Einzelheiten für eine solche Verbindung ergeben sich aus § 358 III (§ 358 Rn 4 ff). Zur Anwendbarkeit des I 1 im Kredit- und Zahlungskartenverkehr Heese AcP 210, 251.
II. Abgeleitetes Leistungsverweigerungsrecht ggü dem Unternehmer.
Rn 4
Dem Verbraucher muss gegen seinen Partner aus dem anderen Vertrag ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen. Dieses kann eine Einwendung oder eine Einrede darstellen (der Wortlaut von I 1 ist ungenau, MüKo/Habersack Rz 37). Ein Gestaltungsrecht (zB zur Anfechtung) genügt nicht, solange es nicht ausgeübt worden ist.
Rn 5
Im Rahmen der Mängelhaftung bei Kauf- und Werkvertrag ist zunächst I 3 zu beachten: Wenn der Verbraucher Nacherfüllung verlangen kann (nach §§ 439, 635), soll er erst diese (bzw deren Fehlschlagen) abwarten müssen; er kann also bei einem behebbaren Mangel die Einrede aus § 320 dem Darlehensgeber ggü zunächst nicht geltend machen (Begründung BTDrs 11/5462, 24). Zum Fehlschlagen vgl § 440 2; gleichstehen müssen die Fälle von §§ 439 III und 440 I sowie § 635 III.
Rn 6
Kommt eine Nacherfüllung nicht (mehr) in Betracht, so hat der Käufer/Besteller idR ein Wahlrecht nach § 437 oder § 634. Diese Wahl entscheidet dann, ob er die Gegenleistung überhaupt nicht mehr (bei Rücktritt) oder nur noch zT (bei Minderung) schuldet. Je nachdem bestimmt sich auch seine endgültige Position ggü dem Darlehensgeber. Vorläufig hat er wegen des Mangels die Einrede aus § 320.
Rn 7
Der verjährungsähnliche Ausschluss der Gewährleistungsrechte nach §§ 438, 634a, 218 lässt das Leistungsverweigerungsrecht nicht ohne weiteres entfallen. Denn nach §§ 438 IV 2, V, 634a IV 2, V bleibt der Käufer/Besteller zur Verweigerung der Preiszahlung insoweit berechtigt, als er durch Rücktritt oder Minderung dazu berechtigt wäre. Dieses Recht wirkt auch ggü dem Darlehensgeber (str, vgl MüKo/Habersack Rz 39 mit Nachweisen in Fn 113).
Rn 8
Weitere Leistungsverweigerungsrechte des Verbrauchers kommen bei sonstiger Nicht- oder Schlechtleistung des Unternehmers in Betracht, insb nach den §§ 273, 320. Ob die bloße Möglichkeit zur Aufrechnung gegen den Unternehmer zur Leistungsverweigerung ggü dem Darlehensgeber genügen soll (die ja von der in § 273 verlangten Konnexität unabhängig ist), dürfte zu verneinen sein (vgl MüKo/Habersack Rz 41), da dem Verbraucher die Erklärung der Aufrechnung offen steht (vgl Rn 4).
III. Andere Verteidigungsmöglichkeiten ggü dem Darlehensgeber.
Rn 9
Der Verbraucher kann sich unabhängig von I auch auf die Einreden berufen, die ihm hinsichtlich des Darlehensvertrages direkt zustehen (mangelnde Einigung, Nichtigkeit usw). Das ist selbstverständlich.
Rn 10
Bei Nichtzustandekommen des Beschaffungsvertrags ist kraft einer auflösenden Bedingung auch das Darlehen unwirksam, wenn eine Vertragsverbindung von vorneherein gewollt war; ein Rückgriff auf die Lehre von der Geschäftsgrundlage ist daher unnötig (MüKo/Habersack Rz 30). War dagegen diese Verbindung nicht gewollt, so bleibt das Darlehen idR wirksam.
Rn 11
Arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung (§ 123) können zugleich bei dem Darlehen wie auch bei dem Beschaffungsvertrag vorliegen. Dann ist das Darlehen nach einer umfassenden Anfechtung schon wegen Fehleridentität nichtig. Beschränkt sich dagegen der Fehler (wie wohl häufig) auf den anderen Vertrag, so ist nur dieser anfechtbar; das wirkt dann nach I auch ggü dem Darlehen. In Betracht kommt aber auch, dass der über den Beschaffungsvertrag täuschende Unternehmer bezüglich des Darlehens nicht Dritter iSv § 123 II ist; dann kann auch das Darlehen nach § 123 angefochten werden (MüKo/Habersack Rz 33). Nur wenn I nicht eingreift, muss die Anfechtung auch gegen den Darlehensgeber gerichtet werden.