Prof. Dr. Michael Stürner
Gesetzestext
(1) 1Der Verbraucher kann die Rückzahlung des Darlehens verweigern, soweit Einwendungen aus dem verbundenen Vertrag ihn gegenüber dem Unternehmer, mit dem er den verbundenen Vertrag geschlossen hat, zur Verweigerung seiner Leistung berechtigen würden. 2Dies gilt nicht bei Einwendungen, die auf einer Vertragsänderung beruhen, welche zwischen diesem Unternehmer und dem Verbraucher nach Abschluss des Darlehensvertrags vereinbart wurde. 3Kann der Verbraucher Nacherfüllung verlangen, so kann er die Rückzahlung des Darlehens erst verweigern, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist.
(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden auf Darlehensverträge, die der Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten dienen, oder wenn das finanzierte Entgelt weniger als 200 Euro beträgt.
A. Funktion und Reform.
Rn 1
§ 358 regelt für verbundene Verträge nur die Wirkung von Widerruf und Rückgaberecht. Die Aufspaltung eines Geschäfts in einen Darlehens- und einen Beschaffungsvertrag kann aber auch in anderer Hinsicht den Verbraucher gefährden: Einwendungen aus dem Beschaffungsvertrag (insb wegen Verletzung der Pflicht zur mangelfreien Übereignung) wirken ja nicht ohne weiteres ggü den Ansprüchen des Darlehensgebers. Dem will § 359 abhelfen. Vorläufer für den danach geregelten Einwendungsdurchgriff sind § 9 III VerbKrG und die Rspr zu § 6 AbzG.
Rn 2
§ 359 diente der Umsetzung von Art 11 II 1 lit a bis e der VerbrKrRL. Dabei ist von der in Art 11 II 2 eingeräumten Gestaltungsfreiheit in weitem Umfang Gebrauch gemacht worden (vgl MüKo/Habersack Rz 5): Der Verbraucher soll so gestellt werden, als hätte er ein einziges Teilzahlungsgeschäft geschlossen. Die neugefasste VerbrKrRL 2008/48/EG enthält den Einwendungsdurchgriff in Art 15 II. Bis auf die Herausnahme der Bagatellklausel in 2 Alt 1 aF (Rn 12) wurde § 359 durch das VerbrKrRL-UG unberührt gelassen. Die Regelung ist entspr ihrem Schutzzweck zu Gunsten des Verbrauchers einseitig zwingend. Durch das VRRL-UG (s dazu Vor §§ 355 ff Rn 2) wurde § 359 neu gefasst. Der bisherige § 359 1–3 ist jetzt § 359 I. Weiter wurde § 359 um II ergänzt. Dieser entspricht dem § 359a III, IV aF. § 359a aF entfällt (s dazu auch § 360 Rn 1). Das WoImmoKrRL-UG (Vor §§ 355 ff Rn 5) erstreckt I nun wie § 358 II auch auf unentgeltliche Verbraucherdarlehensverträge (BTDrs 18/7584, 142).
B. Voraussetzungen.
I. Verbundener Vertrag.
Rn 3
Nach I 1 muss ein Verbraucherdarlehen (das ergibt sich aus I 2) mit einem anderen Vertrag mit einem Unternehmer verbunden sein, also idR zur Finanzierung dieses Vertrages dienen. Der Darlehensvertrag muss anders als vor Inkrafttreten des WoImmoKrRL-UG (Vor §§ 355 ff Rn 5) nicht entgeltlich sein. Auch sog Null-Prozent-Finanzierungen, die vor der Reform nicht unter §§ 358, 359 fielen (BGHZ 202, 302 Rz 10), werden damit nunmehr erfasst (Schürnbrand WM 16, 1105, 1107). Die erforderlichen Einzelheiten für eine solche Verbindung ergeben sich aus § 358 III (§ 358 Rn 4 ff). Zur Anwendbarkeit des I 1 im Kredit- und Zahlungskartenverkehr Heese AcP 210, 251.
II. Abgeleitetes Leistungsverweigerungsrecht ggü dem Unternehmer.
Rn 4
Dem Verbraucher muss gegen seinen Partner aus dem anderen Vertrag ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen. Dieses kann eine Einwendung oder eine Einrede darstellen (der Wortlaut von I 1 ist ungenau, MüKo/Habersack Rz 37). Ein Gestaltungsrecht (zB zur Anfechtung) genügt nicht, solange es nicht ausgeübt worden ist.
Rn 5
Im Rahmen der Mängelhaftung bei Kauf- und Werkvertrag ist zunächst I 3 zu beachten: Wenn der Verbraucher Nacherfüllung verlangen kann (nach §§ 439, 635), soll er erst diese (bzw deren Fehlschlagen) abwarten müssen; er kann also bei einem behebbaren Mangel die Einrede aus § 320 dem Darlehensgeber ggü zunächst nicht geltend machen (Begründung BTDrs 11/5462, 24). Zum Fehlschlagen vgl § 440 2; gleichstehen müssen die Fälle von §§ 439 III und 440 I sowie § 635 III.
Rn 6
Kommt eine Nacherfüllung nicht (mehr) in Betracht, so hat der Käufer/Besteller idR ein Wahlrecht nach § 437 oder § 634. Diese Wahl entscheidet dann, ob er die Gegenleistung überhaupt nicht mehr (bei Rücktritt) oder nur noch zT (bei Minderung) schuldet. Je nachdem bestimmt sich auch seine endgültige Position ggü dem Darlehensgeber. Vorläufig hat er wegen des Mangels die Einrede aus § 320.
Rn 7
Der verjährungsähnliche Ausschluss der Gewährleistungsrechte nach §§ 438, 634a, 218 lässt das Leistungsverweigerungsrecht nicht ohne weiteres entfallen. Denn nach §§ 438 IV 2, V, 634a IV 2, V bleibt der Käufer/Besteller zur Verweigerung der Preiszahlung insoweit berechtigt, als er durch Rücktritt oder Minderung dazu berechtigt wäre. Dieses Recht wirkt auch ggü dem Darlehensgeber (str, vgl MüKo/Habersack Rz 39 mit Nachweisen in Fn 113).
Rn 8
Weitere Leistungsverweigerungsrechte des Verbrauchers kommen bei sonstiger Nicht- oder Schlechtleistung des Unternehmers in Betracht, insb nach den §§ 273, 320. Ob die bloße Möglichkeit zur Aufrechnung gegen den Unternehmer zur Leistungsverweigerung ggü dem Darlehensgeber genügen soll (die ja von der in § 273 verlangten Konnexität unabhängig ist), dürfte zu verneinen sein (vgl MüKo/Habersack Rz 41), da dem Verbrauc...