Prof. Dr. Thomas Pfeiffer
Rn 1
Während § 366 das Verhältnis mehrerer Hauptforderungen untereinander bestimmt, regelt § 367 das Verhältnis von Hauptforderung, Zinsen und Kosten im Falle der nicht zureichenden Tilgung. Ansprüche auf Nutzungsherausgabe sind demgegenüber eigene Hauptforderungen, so dass § 366, nicht § 367 anzuwenden ist (Karlsr NJW-RR 17, 1445 [OLG Karlsruhe 24.07.2017 - 12 U 75/17]; teils aA Köln BeckRS 16, 16304). Abgesehen hiervon entspricht der Anwendungsbereich des § 367 demjenigen des § 366 (BGHZ 134, 224), namentlich des § 366 II. So gilt § 367 im Öffentlichen Recht, insb für Sozialversicherungsbeiträge (BGH BB 68, 953), und dem Rechtsgedanken nach auch für die Verwertung von Sicherheiten, bei der Auslegung von Urteilen (BGH NJW-RR 16, 759) und in der Zwangsvollstreckung (BGH NJW 56, 1594) oder von Absonderungsgut in der Insolvenz (BGH NJW-RR 11, 688; Karlsr ZIP 14, 786). Insolvenzrechtlichen Verteilungsregeln kommt allerdings der Vorrang zu (BGH NJW 85, 3064), soweit sie reichen (BGH NJW 56, 1594 [BGH 08.05.1956 - I ZR 63/55]). Wie § 366 ist § 367 innerhalb eines Kontokorrents nicht anwendbar, weil die Zahlungen aufgrund der Kontokorrentabrede als Einzelposten in den Saldo einfließen (BGHZ 77, 256). Für Verbraucherdarlehen gilt die zwingende Vorschrift des § 497 III. Danach gilt die abweichende Reihenfolge Kosten, Hauptforderung und Zinsen bei der Verrechnung.
Rn 2
§ 367 ist nur im Fall der unzureichenden Leistung anwendbar, wenn der gezahlte Betrag zur Tilgung der gesamten fälligen Schuld nicht ausreicht. Die Norm besagt dagegen nicht, dass eine Zahlung, die zur Deckung der fälligen Haupt- und Kostenschuld ausreicht, vorrangig auf bereits begründete, aber noch nicht fällige Kosten angerechnet werden soll (BGHZ 91, 55).
Rn 3
§ 367 ist nur anwendbar, wenn die geltend gemachten Kosten oder Zinsen wirklich beansprucht werden können. Erweist sich ein Vertrag im Rechtsstreit als nichtig, so können vertraglich vereinbarte Kosten nicht verlangt werden und eine – scheinbar – entgegen § 367 II erfolgte Tilgungsbestimmung ist als von Anfang an wirksam zu behandeln (BGH NJW 87, 830).
Rn 4
Bestehen mehrere Forderungen, können sowohl § 366 als auch § 367 anwendbar sein. § 366 hat Vorrang und bestimmt, auf welche der Forderungen die Zahlung anzurechnen ist. § 367 gilt innerhalb derjenigen bevorrechtigten Forderung, die nicht vollständig getilgt wird. Reicht die Zahlung nicht einmal zur vollständigen Tilgung einer einzigen Forderung, so ist innerhalb dieser Forderung § 367 maßgebend. Sonst kommt § 367 innerhalb derjenigen Forderung zur Anwendung, die nach vollständiger Tilgung aller vorrangigen Forderungen nur noch teilweise getilgt wird und der unter den verbleibenden Forderungen der beste Rang zukommt.