Prof. Dr. Thomas Pfeiffer
Rn 4
Die Ausstellung einer Quittung ist keine Willenserklärung und keine geschäftsähnliche Erklärung, sondern ein Realakt (Frankf WM 90, 2036 [OLG Frankfurt am Main 20.09.1990 - 6 U 117/88]; Karlsr MDR 78, 667 [OLG Karlsruhe 28.10.1977 - 15 U 70/76]; LG Frankfurt WM 88, 1664).
Rn 5
Durch die Unterzeichnung einer Quittung schafft der Gläubiger ein Beweismittel gegen sich selbst. Eine Quittung enthält eine außergerichtliche Tatsachenbestätigung (›Geständnis‹) hinsichtlich des Leistungsempfangs. Sie erbringt den vollen Beweis dafür, dass die in ihr enthaltene Erklärung tatsächlich abgegeben wurde, nicht hingegen für die quittierte Tatsache. Insofern wirkt sie aber als ein Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsache (BGH WM 79, 1157; NJW-RR 88, 881). Die Beweiskraft einer Quittung hängt jedoch von den Umständen des Einzelfalles ab. So bezieht sich der Beweiswert einer Empfangsquittung einer verschlossenen Sendung typischerweise nicht auf ihren Inhalt (BGH VersR 15, 341 Tz 21). Je verlässlicher der Unterzeichner ist (zB eine Bank), desto verlässlicher ist die Quittung (Frankf WM 91, 725). Das gilt besonders, wenn Dritten ggü ein Beweis erbracht werden soll (Dresd ZInsO 00, 673). In jedem Fall unterliegt die Quittung der freien richterlichen Beweiswürdigung und kann durch jeden Gegenbeweis entkräftet werden (BGH WM 79, 1157; NJW-RR 88, 881 [BGH 28.09.1987 - II ZR 35/87]). Das gilt auch für eine Quittung, die ein Geschäftsunfähiger ausgestellt hat (Karlsr MDR 78, 667 [OLG Karlsruhe 28.10.1977 - 15 U 70/76]). Macht der Gläubiger geltend, die Quittung sei nur zum Schein erteilt worden, so trägt er hierfür ebenso die Beweislast (Ddorf OLGR 01, 466). Die der Quittung typischerweise vorausgehende Nachprüfung des Erhaltenen nach Art und Menge (›Nachzählen‹) dient auch der Entlastung des Überbringers; quittiert der Empfänger ›blind‹, kann er mit der Berufung auf die Unrichtigkeit der Quittung ausgeschlossen sein (BGH VersR 15, 341).
Rn 6
Eine in Erwartung der künftigen Leistung erteilte Quittung bezeichnet man als Vorausquittung. Keine Vorausquittung liegt vor, wenn eine im Vorgriff auf einen späteren Vertrag erbrachte Leistung quittiert wird (München NJW-RR 93, 123). Das Vorliegen einer Vorausquittung muss der Gläubiger beweisen (Ddorf OLGR 01, 466). Gelingt der Beweis, so entfaltet die Quittung grds nicht den Beweis für die Erbringung der Leistung (RGZ 108, 50, 56). Allerdings kann es ein Indiz für die nachträgliche Leistungserbringung sein, wenn der Gläubiger die Vorausquittung längere Zeit in den Händen des Schuldners lässt (RGZ 108, 50, 56f).