Prof. Dr. Thomas Pfeiffer
Rn 25
Die verfahrensrechtliche und justizverwaltungsrechtliche Seite der Hinterlegung ist in den Hinterlegungsgesetzen der Länder geregelt. (Überblick Klein MDR 16, 1181). Während das BGB die materiellen Hinterlegungsvoraussetzungen regelt, bestimmen sie über tatsächliche Substantiierungserfordernisse (BayObLG 28.10.20 – 1 VA 81/20). Zweck des hiernach begründeten öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses (Rn 26) ist es, die Rechte aller Beteiligten, so wie sie bei der Hinterlegung bestanden oder nach den Bestimmungen des Hinterlegers zukünftig bestehen sollen, durch Einschaltung des Staates als Rechtswahrer zu sichern (BGHZ 95, 109, 114).
Rn 26
Zuständig für Hinterlegungsgeschäfte sind die AG als Hinterlegungsstellen (zB § 1 II HintG BW) und die Justizverwaltungskassen als Hinterlegungskassen (vgl zB § 1 III HintG BW). Die Hinterlegungsgesetze (zB § 6 HintG BW) ordnen in Übereinstimmung mit § 372 an, dass zur Hinterlegung Geld, Wertpapiere, sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten angenommen werden. Durch die Hinterlegung wird eine öffentlich-rechtliche (justizverwaltungsrechtliche) Rechtsbeziehung zwischen der Hinterlegungsstelle und den Beteiligten des Hinterlegungsverfahrens (Schuldner und Gläubiger) begründet.
Rn 27
Hinsichtlich des zivilrechtlichen Schicksals des hinterlegten Gegenstands ist zu unterscheiden: Gesetzliche und gesetzlich zugelassene Zahlungsmittel gehen mit der Hinterlegung in Staatseigentum über (zB § 11 I HintG BW). Andere Zahlungsmittel werden unverändert aufbewahrt (zB § 11 II HintG BW). Sie können mit Zustimmung der Verfahrensbeteiligten in gesetzliche oder gesetzlich zugelassene Zahlungsmittel umgewechselt werden. Diese gehen dann in Staatseigentum über. Demgegenüber werden Wertpapiere, sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten unverändert aufbewahrt (zB § 13 HintG BW). Die Eigentumsverhältnisse bleiben also bei diesen Gegenständen von der Hinterlegung unbeeinflusst. In Staatseigentum übergegangenes Geld wird nach Maßgabe der Hinterlegungsgesetze verzinst (zB § 12 HintG BW: Verzinsung ab 10 000 Euro). Die Zinsen werden nach Kalendermonaten berechnet. Ihr Lauf beginnt mit dem ersten Tag des auf die Einzahlung folgenden Monats. Er endigt mit dem Ablauf des der Auszahlungsverfügung vorhergehenden Monats. Fällig werden die Zinsen mit Ablauf des Kalenderjahres oder, wenn das Geld vorher herausgegeben wird, mit der Herausgabe. Beträge unter 50 EUR sowie Cent-Beträge werden nicht verzinst. Auch Zinseszinsen werden nicht berechnet. Bei Wertpapieren übernimmt die Hinterlegungsstelle iRd in den Hinterlegungsgesetzen (zB § 14 HintG BW) genannten Voraussetzungen und Grenzen eine Geschäftsbesorgungsfunktion, zu der die Einlösung fälliger oder der Umtausch und die Abstempelung aufgerufener Wertpapiere, die Einlösung fälliger Zins- und Gewinnanteilsscheine oder die Beschaffung von neuen Zins- und Gewinnanteilsscheinen sowie hierzu herausgegebenen Erneuerungsscheinen gehören. Die Herausgabe an einen Berechtigten bedarf in verfahrensrechtlicher Hinsicht einer Verfügung der Hinterlegungsstelle. Hierzu muss die Berechtigung des Empfängers nachgewiesen werden, und zwar entweder durch ein den Anforderungen der Hinterlegungsgesetze (zB §§ 22, 23 HintG BW) entspr Anerkenntnis oder die Vorlage einer rechtskräftigen Entscheidung mit Wirkung gegen die Beteiligten. Eine Aufrechnung ist der Hinterlegungsstelle aufgrund ihrer treuhänderischen Funktion nicht gestattet (BGHZ 95, 109, 114). In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist ein Antrag des Empfängers notwendig. Der Hinterleger ist demgegenüber zur Rücknahme nach § 376 berechtigt.