Prof. Dr. Martin Schöpflin
I. Rechte.
1. Vorteilsrechte (Wertrechte).
Rn 5
Sie gewähren den Mitgliedern Anteil an den Vorteilen aus der Verfolgung des Vereinszwecks, also je nach konkretem Zweck Anspruch auf die Benutzung von Vereinseinrichtungen, auf Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen des Vereins (Reichert/Notz Kap 4 Rz 90 ff), zB Vertretung von Mitgliedern durch die Gewerkschaft in Arbeitsgerichtsprozessen. Ohne besondere Satzungsregelung hat das Mitglied keinen Anspruch auf einen Anteil am Gewinn oder auf ein Auseinandersetzungsguthaben beim Austritt (BGHZ 47, 381, 386; 55, 381, 385), beim nicht eingetragenen Verein kann das uU anders sein (Schöpflin 283 ff, 309, str).
2. Mitverwaltungsrechte.
Rn 6
Mitverwaltungsrechte umfassen den Anspruch, an der vereinsinternen Willensbildung, insb aktiv an den Mitgliederversammlungen teilzunehmen, das aktive und passive Wahlrecht und die jedenfalls innerhalb der Mitgliederversammlung bestehenden Auskunfts- und Informationsrechte (Reichert/Notz Kap 4 Rz 84 ff), auch den Anspruch auf eine Mitgliederliste (BGH NZG 10, 1430 [BGH 21.06.2010 - II ZR 219/09], dazu Römermann NZG 11, 56; AG Hannover npoR 19, 261), und zwar einschießlich E-Mail-Adressen (Hamm MDR 23, 1060 [OLG Hamm 26.04.2023 - 8 U 94/22]).
3. Schutzrechte.
Rn 7
Das Recht auf Gleichbehandlung. Es verbietet die willkürliche Schlechterstellung einzelner Mitglieder ohne sachlichen Grund und begrenzt die Mehrheitsherrschaft (Reichert/Notz Kap 4 Rz 122 ff; näher Schöpflin ZStV 14, 166), unzulässig daher besondere Beitragsbelastung bestimmter Mitglieder(-gruppen) ohne sachlichen Grund (BGH MDR 23, 581 [BGH 31.01.2023 - II ZR 144/21]). Satzungsgemäße Sonderrechte (§ 35) sind aber ebenso zulässig wie abgestufte Mitgliedschaften, die unterschiedlichen Pflichten auch verschiedene Rechte zuordnen (Beuthien/Schöpflin DB 97, 361). Die Treuepflicht verpflichtet den Verein, auf die Interessen der Minderheit Rücksicht zu nehmen und nicht unter Missachtung des Vereinszwecks ausschließlich eigene Interessen zu verfolgen.
II. Pflichten.
1. Beitrags- und Mitverwaltungspflichten.
Rn 8
Die Satzung soll die Beitragspflicht regeln (§ 58 Nr 2, näher dort), auch die Mitgliederversammlung kann über sie beschließen. Meist sind die Beiträge in Geld zu leisten, möglich sind auch Sach- oder Dienstleistungen (BAG NJW 03, 161 [BAG 26.09.2002 - 5 AZB 19/01]). Umlagen zur Befriedigung eines besonderen Finanzbedarfs bedürfen einer Satzungsgrundlage (§ 58 Rn 2). Mitverwaltungspflichten (zB Pflicht zur Teilnahme an der Mitgliederversammlung) können den Mitgliedern durch Satzung auferlegt werden. Sie werden durch den Grundsatz der Zumutbarkeit begrenzt. Das Tätigwerden für den Verein kann uU ein Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Mindestlohn begründen (BAG NZA 23, 1175 [BAG 25.04.2023 - 9 AZR 253/22]).
2. Treuepflicht.
Rn 9
Das Mitglied ist nach hM zur Loyalität nicht nur ggü dem Verein, sondern auch ggü den anderen Vereinsmitgliedern verpflichtet. Die Mitglieder müssen die Zwecke des Vereins fördern und dürfen dem Vereinszweck nicht schaden, zB muss ein Mitglied dem eV das von ihm geschaffene Vereinslogo auch nach seinem Austritt weiter überlassen (Frankf MDR 23, 1331). Allerdings begründet Kritik an der Vereinspolitik keine Treuepflichtverletzung (NK-BGB/Heidel/Lochner Rz 16). Ggü den anderen Mitgliedern sind sie zur Rücksicht verpflichtet. Die Folgen einer Treuepflichtverletzung sind je nach Einzelfall: Unterlassungs-, Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche sowie bei Abstimmungen das Nichtzählen der treuwidrigen Stimmabgabe bzw die Nichtigkeit des inhaltlich treuwidrigen Beschlusses.
III. Änderung.
Rn 10
Außer den Sonderrechten (§ 35) können die Rechte und Pflichten der Mitglieder durch Mehrheitsbeschlüsse, die der Satzung entspr, geändert werden. Beitragserhöhungen können mit der für Satzungsänderungen erforderlichen Mehrheit beschlossen werden, wenn sie ihrer Höhe nach für das einzelne Mitglied schon beim Eintritt in den Verein vorhersehbar waren, also stets bei moderaten Erhöhungen aufgrund der Geldentwertung (Reichert/Notz Kap 4 Rz 191f). Wird diese Grenze überschritten, greift das Verbot der wesentlichen Pflichtenmehrung ein, so dass die Zustimmung aller von der Beitragserhöhung betroffenen Mitglieder notwendig ist (Beuthien BB 87, 6, 10 ff).