Prof. Dr. Thomas Pfeiffer
1. Banken.
Rn 25
Eine Bank darf gegen Forderungen ihres Kunden nur mit Forderungen aufrechnen, die sie iRe bankmäßigen Geschäftsverbindung erworben hat (BGH NJW-RR 88, 173). Ob eine Bank mit der ›Freigabe‹ einer Forderung nur auf ihr formularmäßiges Sicherungsrecht verzichtet oder auch die Aufrechnung ausgeschlossen wird, ist durch Auslegung zu ermitteln (BGH WM 83, 873). Zu Treuhandkonten s Rn 31.
Rn 26
In der Vereinbarung über die Gestellung eines befristeten unwiderruflichen Dokumentenakkreditivs liegt für dessen Laufzeit zugleich eine Barzahlungsabrede und damit ein vertraglicher Aufrechnungsausschluss zwischen Lieferant und Käufer/Besteller vor. Nach Verfall des Akkreditivs wirkt die Barzahlungsabrede fort, wenn die Gründe für die Nichtausnutzung des Akkreditivs zumindest überwiegend in den Verantwortungsbereich des Käufers oder Bestellers fallen (BGHZ 60, 262).
2. Eheliches Güterrecht und Zugewinnausgleich.
Rn 27
Bei der Abwicklung vermögensrechtlicher Beziehungen zwischen früheren Ehegatten ist die Aufrechnung mit einem Zugewinnausgleichsanspruch trotz seiner Komplexität nicht durch Treu und Glauben grds ausgeschlossen, obwohl das Zugewinnausgleichsverfahren etwa langwierig und kompliziert sein kann. Für den Inhaber einer unbestrittenen, ebenfalls in der ehelichen Lebensgemeinschaft wurzelnden Forderung ist es im Interesse einer Gesamtbereinigung der gegenseitigen Ansprüche zumutbar, den Ausgang des Zugewinnausgleichsverfahrens abzuwarten (BGH NJW 00, 948 [BGH 17.11.1999 - XII ZR 281/97]; NJW 02, 1130).
3. Miet- und Leasingverträge, WEG.
Rn 28
Der Vermieter verabredet ein Aufrechnungsverbot ggü seinem Mietzinsanspruch, um dessen zeitnahe Durchsetzbarkeit zu sichern. Hierauf kann er sich nach dem Ende des Mietverhältnisses regelmäßig nicht mehr berufen (BGH NJW-RR 00, 530). Ebenso liegt es hinsichtlich einer Klausel, die eine Vorankündigungsfrist für eine Aufrechnung bestimmt (BGH NJW-RR 88, 329 [BGH 16.12.1987 - VIII ZR 48/87]; zur Wirksamkeit der Klausel Ddorf NZM 02, 953 [OLG Düsseldorf 06.07.2001 - 24 U 199/00]). Die Kaution dient der Sicherung des Vermieters, damit sich dieser wegen offener Forderungen aus dem Mietverhältnis nach dessen Beendigung durch Aufrechnung ggü dem Rückzahlungsanspruch des Mieters befriedigen kann. Trotz der treuhänderischen Bindung des Vermieters kann dieser auch nach Ablauf der Frist des § 548 ggü dem Rückzahlungsanspruch des Mieters aufrechnen (vgl auch BGH NJW 85, 267 [BGH 11.04.1984 - VIII ZR 315/82]). Nach Abrechnung der Barkaution gilt dies auch für streitige Forderungen des Vermieters BGH NJW 19, 3371 [BGH 24.07.2019 - VIII ZR 141/17]). Bei der Wohnungseigentumsgemeinschaft ist ggü dem Wohngeldanspruch nur eine Aufrechnung mit gemeinschaftsbezogenen Gegenforderungen zulässig, soweit nicht die Gegenforderung unstr oder rechtskräftig festgestellt wurde (BGH NJW-RR 16, 714 [BGH 29.01.2016 - V ZR 97/15]).
Rn 29
Fließt beim Leasing eine Sachversicherungsleistung an den durch Sicherungsschein in den Versicherungsvertrag einbezogenen Leasinggeber, so kann der Leasingnehmer Auszahlung dieses Betrags an den mit der Reparatur des Leasinggegenstandes beauftragten Unternehmer verlangen. Gegen diesen Anspruch darf der Leasinggeber nicht mit dem Anspruch auf Zahlung offener Leasingraten aufrechnen (BGHZ 93, 391).
4. Sicherungsgeschäfte.
Rn 30
Ein Sicherungsnehmer darf ggü dem Anspruch des Sicherungsgebers auf Auskehrung eines Mehrerlöses nicht mit anderen ungesicherten Forderungen aufrechnen, weil dies den Sicherungszweck entgegen der Sicherungsabrede einseitig erweitern würde (BGH NJW 94, 2885). Ebenso liegt es beim Rückforderungsanspruch des Bürgen im Falle der Bürgschaft auf erstes Anfordern, wenn sich die Anforderung als unberechtigt erwiesen hat (BGHZ 139, 325).
5. Treuhandverhältnis.
Rn 31
Ein fremdnütziger Treuhänder darf gegen den Herausgabeanspruch des Treugebers aus §§ 667, 675 grds nicht mit Gegenforderungen aufrechnen, die ihren Grund nicht in dem Treuhandvertrag haben (BGHZ 14, 342; 95, 109, 113; WM 65, 1209; NJW 93, 2041, 2042; 94, 2885, 2886). Das gilt insb für Rechtsanwälte hinsichtlich der von ihren Mandanten empfangenen Fremdgelder. Ist dem Anwalt allerdings nur ein Einziehungsauftrag erteilt, so begründet dies nicht ohne Weiteres ein der Aufrechnung entgegenstehendes Treuhandverhältnis (BGHZ 71, 380, 383). Deshalb kann sich ein Rechtsanwalt wegen seiner Honoraransprüche durch Aufrechnung aus nicht zweckgebundenen Fremdgeldern befriedigen. Diese Befugnis besteht auch dann, wenn die Honoraransprüche nicht gerade den Auftrag betreffen, der zu dem Geldeingang geführt hat (BGH NJW 95, 1425, 1426 [BGH 23.02.1995 - IX ZR 29/94]; NJW 03, 140 [BGH 12.09.2002 - IX ZR 66/01]). Unzulässig ist die Aufrechnung mit Geldern, die der Anwalt zweckgebunden zur Auszahlung an Dritte entgegengenommen hat (§ 4 III BORA) oder die er nicht nur entgegennehmen, sondern treuhänderisch verwalten soll (vgl BGHZ 71, 380, 383). Das soll auch für Gelder gelten, die dem Unterhalt des Mandanten dienen (Ddorf FamRZ 06, 636). Um zweckgebundene Fremdgelder handelt es sich auch, wenn ein Transportunternehmen die Kaufpreiszahlung durch den Em...