Prof. Dr. Martin Schöpflin
Gesetzestext
(1) Die Mitglieder sind zum Austritt aus dem Verein berechtigt.
(2) Durch die Satzung kann bestimmt werden, dass der Austritt nur am Schluss eines Geschäftsjahrs oder erst nach dem Ablauf einer Kündigungsfrist zulässig ist; die Kündigungsfrist kann höchstens zwei Jahre betragen.
A. Voraussetzungen.
Rn 1
Das Austrittsrecht ist durch die Satzung unabdingbar (§ 40 1) und sichert damit die Freiheit des Mitglieds, sich dem Verein und seinen Pflichten zu entziehen. Das ermöglicht auch einen Wettbewerb der Vereine untereinander.
Rn 2
Der Austritt muss als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dem zuständigen Vereinsorgan zugehen, meist dem Vorstand (§§ 130, 26 II 2). Es gelten die allg Auslegungsregeln. Die Wendung ›hiermit kündigen wir die Mitgliedschaft zum nächstmöglichen Termin‹ ist zB idR als Kündigung der Mitgliedschaft zum satzungsgemäßen Beendigungstermin auszulegen (BAG NZA 05, 645, 646; dazu Reuter RdA 06, 117 [BAG 01.12.2004 - 4 AZR 55/04]).
Rn 3
Mit Ausnahme der Schriftform (§ 127) darf die Satzung, die nach § 59 Nr 1 den Austritt näher regeln soll, keine Erschwerungen des Austritts vorsehen, also nicht die Form eines Einschreibens (BGH NJW-RR 96, 866 [BGH 22.04.1996 - II ZR 65/95]) oder ein Austrittsgeld. Die Satzung kann aber die Rückzahlung eines Aufnahmebeitrags von einer Höchstmitgliederzahl oder von der Werbung eines neuen Vereinsmitglieds durch den Ausscheidenden abhängig machen (Brandbg MDR 05, 640f). Die Satzung darf Fristen für den Austritt vorsehen, die nach II aber nicht länger als zwei Jahre betragen dürfen. Dieses gilt auch bei einer Kombination von Austrittsfrist und festem Austrittstermin. Unzulässig ist also zB eine Frist von zwei Jahren zum Jahresschluss, zulässig wäre aber ein Jahr zum Jahresende. Wenn die Satzung eine zu lange Frist vorsieht, soll das nicht unwirksam sein, sondern die zweijährige Kündigungsfrist des II gelten (BGH NJW 2014, 3239 Rz 32; Grüneberg/Ellenberger Rz 3). Zum Schutz des Vereinsmitglieds und der Vereinigungsfreiheit muss eine derartige Bestimmung jedoch in Gänze unwirksam sein, so dass das Mitglied mit sofortiger Wirkung austreten kann. Nach § 10 II 3 PartG sind Mitglieder politischer Parteien jederzeit zum sofortigen Austritt berechtigt. Mitglieder von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden können aufgrund der Koalitionsfreiheit (Art 9 III GG) höchstens einer satzungsmäßigen Austrittsfrist von 6. Monaten unterworfen werden (BGH NJW 14, 3239 [BGH 29.07.2014 - II ZR 243/13] Rz 25 f; näher Reuter RdA 06, 117 [BAG 01.12.2004 - 4 AZR 55/04]; Schöpflin ZStV 2015, 41, 44f).
Rn 4
Die Mitglieder können fristlos aus wichtigem Grund austreten, da es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt (§ 314, LG Ulm SpuRt 13, 169). Entscheidend ist die Unzumutbarkeit der satzungsmäßigen Austrittsfrist, sie fehlt, wenn der wichtige Grund in der Risikosphäre des Mitglieds liegt (Oldb NZG 09, 917). Maßvolle Beitragserhöhungen oder Umlagen rechtfertigen keinen fristlosen Austritt (LG Aurich Rpfleger 87, 115), anders bei exorbitanter Erhöhung (LG Hamburg NJW-RR 99, 1708 – um 300 %) oder wenn die Umlage ausnahmsweise ohne Satzungsgrundlage zulässig ist (BGH ZIP 07, 2264, 2266). Der Erwerb einer Eigentumswohnung rechtfertigt nicht den sofortigen Austritt aus dem Mieterverein, da dem Mitglied die ordentliche Kündigungsfrist zumutbar ist, weil der Verein eine zuverlässige Kalkulationsgrundlage benötigt und der Kündigungsgrund aus der Sphäre des Mitglieds stammt (aA AG Wiesbaden NJW-RR 99, 1242 [AG Wiesbaden 22.06.1999 - 93 C 6308/98 - 15]).
B. Austrittswirkungen.
Rn 5
Mit Zugang der Austrittserklärung wird der Austritt wirksam und scheidet das Mitglied aus dem Verein aus, wenn die Satzung keine Austrittsfrist vorsieht. Andernfalls wird der Austritt mit Fristablauf wirksam. Solange die Mitgliedschaft noch fortdauert, hat das Mitglied alle Rechte und Pflichten. Allerdings müssen mitgliedschaftliche Ansprüche des Vereins, die erst nach Wirksamwerden des Austritts fällig werden, nicht mehr erfüllt werden (Schleswig NJW-RR 04, 609 [OLG Schleswig 06.02.2003 - 11 U 83/01]). Einen Abfindungsanspruch hat das scheidende Mitglied jedenfalls im Normalfall nicht (näher Lettl AcP 03, 149). Das Gesetz gewährt auch keinen Anspruch auf die Rückzahlung eines bei Vereinseintritt gezahlten Aufnahmebeitrags (Brandbg MDR 05, 641 [BGH 25.01.2005 - XI ZR 78/04]).