Prof. Dr. Hans-Friedrich Müller
Gesetzestext
Der bisherige Gläubiger ist verpflichtet, dem neuen Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die zum Beweis der Forderung dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitz befinden, auszuliefern.
A. Bedeutung.
Rn 1
Die Rechte aus §§ 402, 403 sollen den Zessionar in die Lage versetzen, die erworbene Forderung durchzusetzen. Der Zedent (bzw im Insolvenzfall der Verwalter, BGH NJW 00, 3777; Karlsr ZIP 90, 187; Köln ZIP 88, 1346) ist ihm ggü zur Auskunft (§ 402 Alt 1), Urkundenauslieferung (§ 402 Alt 2) u Beurkundung der Abtretung (§ 403) verpflichtet. Es handelt sich um Nebenpflichten, die ihre Grundlage nicht im Verfügungsgeschäft, sondern im Kausalgeschäft haben. Sie entfallen daher, wenn das Kausalgeschäft nichtig ist (MüKo/Kieninger § 402 Rz 2). Die Parteien können die Nebenpflichten erweitern, einschränken oder ausschließen. Bei einer Sicherungsabtretung, bei der dem Zedenten die Einziehungsbefugnis vorbehalten ist, ist § 402 idR stillschweigend abbedungen (BGH NJW 15, 1300, 1302 [BGH 05.02.2015 - VII ZR 315/13]; 19, 2156, 2158 [BGH 06.06.2019 - IX ZR 272/17]). Die Nebenpflichten sind klageweise durchsetzbar, ihre schuldhafte Verletzung kann eine Schadensersatzhaftung begründen (Hamm ZflR 99, 826). § 402 gilt gem § 412 auch für den gesetzlichen Forderungsübergang, es entsteht, falls nicht schon ein anderweitiges Schuldverhältnis existiert, ein auf die Nebenpflichten beschränktes Schuldverhältnis (MüKo/Kieninger § 402 Rz 3). § 402 führt zu einem Abtretungsverbot, wenn der Auskunftsanspruch wg der Besonderheit der Forderung nur unter Verstoß gg eine gesetzliche oder vertragliche Geheimhaltungspflicht erfüllt werden könnte (§ 399 Rn 10).
B. Auskunft.
Rn 2
Die Auskunftspflicht bezieht sich auf alle Umstände, die zur Geltendmachung der Forderung von Bedeutung sind. Dazu gehören auch Hinweise zur Entkräftung von Einwendungen (MüKo/Kieninger § 402 Rz 5). Nach Ansicht des BGH (NJW 00, 3777, 3780) muss der Zedent im Regelfall (Ausn: Erfüllung) nicht im Voraus mitteilen, welche Einwendungen der Schuldner ihm ggü bereits erhoben hat. Vielmehr genügt er seiner Auskunftspflicht, indem er dann, wenn der Schuldner ggü dem Zessionar Einwendungen erhebt, die dieser aus eigenem Wissen nicht entkräften kann, auf gezielte Nachfrage mitteilt, was er zur Entgegnung auf jene Einwendungen beitragen kann. Soweit dies zur Rechtsdurchsetzung notwendig ist, hat der Zedent dem Zessionar auch Angaben über die persönlichen u geschäftlichen Verhältnisse des Schuldners zu machen. Auch rechtserhebliche Tatsachen, von denen der Zedent erst nach der Abtretung erfahren hat oder die erst nach diesem Zeitpunkt eingetreten sind, unterliegen der Auskunftspflicht (BGH ZIP 23, 1703).
C. Auslieferung von Urkunden.
Rn 3
§ 402 Alt 2 bezieht sich auf alle Urkunden, die dem Beweis der Forderung dienen. Dazu gehören etwa Korrespondenz, Verträge, Leistungsverzeichnisse, Berechnungsunterlagen, Konstruktionszeichnungen, Pläne u Abnahmeprotokolle (so für Baumängelrechte BGH NJW-RR 89, 467; Hamm MDR 76, 43), bei wirksamer Abtretung von ärztlichen Vergütungsforderungen auch Patientenunterlagen (BGH NJW 19, 2156, 2158 [BGH 06.06.2019 - IX ZR 272/17]). Die Vorschrift setzt voraus, dass der Zedent unmittelbaren oder mittelbaren Besitz an den Urkunden hat, begründet also keine Pflicht, die Unterlagen bei Dritten zu beschaffen. § 402 Alt 2 begründet nur eine Pflicht zur Besitzübertragung, nach § 242 ist darüber hinaus eine Pflicht zur Eigentumsverschaffung zu bejahen, wenn keine berechtigten Interessen des Zedenten entgegenstehen. Wird nur ein Teil einer Forderung abgetreten oder hat die Urkunde noch einen zusätzlichen Inhalt, steht dem Zessionar ein Anspruch auf eine beglaubigte Abschrift zu.