Prof. Dr. Hans-Friedrich Müller
I. Leistung.
Rn 2
Unter den Begriff der Leistung iSd § 407 I Alt 1 fallen grds alle Formen der Erfüllung an den Gläubiger oder seine Bank als Inkassostelle (BGHZ 72, 316, 318f), auch Leistungen an Erfüllungs statt u erfüllungshalber, insb Wechsel- u Scheckhingabe (BGHZ 102, 68, 71; NJW 79, 1704). Lässt der Schuldner den Scheck wirksam sperren, so liegt in der späteren Aufhebung der Sperre die Leistung, auf die hinsichtlich des Zeitpunkts der Kenntnis des Schuldners von der Abtretung abzustellen ist (BGH NJW 76, 1842). Als Leistung sind auch andere Vermögenszuwendungen wie die Verschaffung eines Garantieanspruchs einzuordnen (Schlesw NJW-RR 97, 1415 [OLG Schleswig 24.05.1996 - 1 U 54/94]). Ein Dritter, der gem § 267 leistet, wird nicht geschützt, wohl aber derjenige, der im Hinblick auf die eigene Haftung die Leistung erbringt, so der Ablösungsberechtigte nach § 268, der Bürge, persönlich haftende Gesellschafter oder Erwerber nach § 25 I HGB (MüKo/Kieninger § 407 Rz 9).
II. Rechtsgeschäfte.
Rn 3
Erfasst werden einseitige u zweiseitige Rechtsgeschäfte in Ansehung der Forderung wie Aufrechnung (Schlesw NJW-RR 04, 717) u Aufrechnungsvertrag (BGHZ 94, 132, 137), Erlass (Köln VersR 98, 1269), Hinterlegung, Kündigung (BGH NJW 12, 1881, 1883; Ddorf WM 80, 94; zu Besonderheiten im Kündigungsschutzrecht BAG NJW 81, 1059), negatives Schuldanerkenntnis (BGH NJW-RR 98, 1744), Stundung, Vergleich (RGZ 125, 408, 410), Vertragsaufhebung u -abänderung (BGHZ 111, 84, 91; Saarbr ZIP 01, 1318), auch forderungsbezogene rechtsgeschäftsähnliche Handlungen wie die Mitteilung nach § 416 (RGZ 67, 412, 414) u § 25 II HGB (RGZ 67, 8) sowie das Gläubigerverzug auslösende Anbieten der Leistung (MüKo/Kieninger § 407 Rz 7). Dem Schutzzweck des § 407 I entspr werden für den Schuldner nachteilige Rechtshandlungen durch den Zedenten nicht erfasst (BGHZ 52, 150, 153 f; 111, 84, 91), sie sind wg fehlender Rechtsinhaberschaft des Handelnden unwirksam (RGZ 125, 408, 409f).
III. Wahlmöglichkeit des Schuldners.
Rn 4
Der Schuldner kann sich auf die Rechtshandlung berufen, er muss dies jedoch nicht, da die Vorschrift ausschl seinem Schutz dient (BGHZ 52, 150, 154; 102, 68, 71; 145, 352, 357; Chiusi AcP 202, 494, 502 ff; aA Dresd NJW-RR 96, 444; Stamm NJW 16, 2369, 2370; Staud/Busche § 407 Rz 8). Es steht ihm vielmehr frei, stattdessen die Leistung beim Zedenten zu kondizieren, etwa weil er ggü dem insolvent gewordenen Zessionar nach Maßgabe der §§ 94 ff InsO aufrechnen möchte. Einen Scheck kann er sperren lassen u an den Zessionar zahlen (BGHZ 102, 68, 72 ff). Eine einmal getroffene Wahl bindet den Schuldner (MüKo/Kieninger § 407 Rz 11).