Prof. Dr. Hans-Friedrich Müller
I. Rechtsnatur.
Rn 16
Der Anspruch nach I wurzelt im Gemeinschaftsverhältnis der Gesamtschuldner, ist daher rechtlich selbstständig u von der gem II übergegangenen Forderung des Gläubigers zu trennen. Die beiden Ansprüche können allerdings wg ihres engen Zusammenhangs nur gemeinsam abgetreten werden (München BeckRS 15, 09714). Der Ausgleichsanpruch wird aber nicht dadurch berührt, dass der Anspruch des Gläubigers wg des Ablaufs einer Ausschlussfrist erloschen oder verjährt ist (BGHZ 175, 221, 229; NJW 10, 62, 63; Pfeiffer NJW 10, 23 ff; anders zu Art 32 CMR BGH NJW-RR 90, 1508f), der ausgleichspflichtige Gesamtschuldner kann dem ausgleichsberechtigten Gesamtschuldner daher nicht entgegenhalten, dieser hätte die Einrede ggü dem Gläubiger mit Erfolg hätte erheben können (BGH NJW 10, 435 [BGH 25.11.2009 - IV ZR 70/05]). Der Ausgleichsanspruch selbst unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 195 von drei Jahren. Er entsteht bereits mit der Begründung der Gesamtschuld, nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers (BGHZ 181, 310, 313; WM 15, 1875; NZG 17, 753; Bremen NJW 16, 1248, 1249; krit Hartmann/Lieschke WM 11, 205 ff).
II. Mitwirkungsanspruch.
Rn 17
Mit der Fälligkeit der Gesamtschuld können die Gesamtschuldner wechselseitig voneinander verlangen, bei der Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken (BGH NJW 86, 978). Der Anspruch richtet sich auf Befreiung von dem Teil der Schuld, den der andere Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu tragen hat (BGHZ 47, 157, 165; NJW 86, 3131, 3132). Er kann klageweise durchgesetzt u nach § 887 ZPO notfalls auch vollstreckt werden (BGH NJW 58, 497); auch einredeweise Geltendmachung nach § 273 ist möglich (Celle OLGZ 70, 357, 359). Bei schuldhafter Nichterfüllung macht sich der andere Gesamtschuldner schadensersatzpflichtig (BGHZ 155, 265, 271; Stuttg NJW 19, 2621). Die Pflicht zur Freistellung umfasst auch die Verpflichtung, unbegründete Ansprüche von dem Freistellungsgläubiger abzuwehren (BGH WM 07, 2290, 2291).
III. Erstattungsanspruch.
Rn 18
Befriedigt ein Gesamtschuldner den Gläubiger, so wandelt sich der Mitwirkungsanspruch um in einen Anspruch auf Ausgleich des Geleisteten, u zwar in Höhe des Teils, den er mehr geleistet hat, als er ggü den anderen Gesamtschuldnern verpflichtet ist (BGH NJW 86, 1097; Hamm NJW 02, 1054), berechnet nach dem fälligen Teil der Gesamtschuld (München MDR 72, 239). Mitbürgen u andere gesamtschuldnerisch haftende Sicherungsgeber können Ausgleich auch dann verlangen, wenn sie weniger als den auf sie entfallenden Teil geleistet haben (BGHZ 23, 364; NJW 86, 3132), es sei denn, der Hauptschuldner fällt endgültig aus (BGH NJW 86, 1097, 1098; Köln NJW 95, 1685, 1686). Inhaltlich ist der Erstattungsanspruch idR auf Geldleistung gerichtet, was unproblematisch ist, wenn schon der Anspruch des Gläubigers Geldforderung war, ansonsten ist der Wert der Leistung zu beziffern (vgl BGHZ 43, 227, 234; NJW 99, 2962). Der Ausgleich findet nur hinsichtlich der gemeinsamen Schuld statt (BGHZ 12, 213, 220; NJW 66, 1262, 1263). Prozesskosten aus einem Rechtsstreit mit dem Gläubiger gehören nicht dazu (BGHZ 155, 265, 270); anders bei vertraglicher Übernahme durch einen anderen Gesamtschuldner (BGH NJW 71, 884, 885). Dem Erstattungsanspruch können Einwendungen gg die dem Anspruch zugrunde liegende Forderung nur entgegengehalten werden, wenn dies vertraglich vereinbart oder die Einwendung so offensichtlich ist, dass das Begleichen der Forderung einen Rechtsmissbrauch darstellt (München NJW 08, 3505).
Rn 19
Mehrere Ausgleichsverpflichtete haften dem Ausgleichsberechtigten ihrerseits nicht als Gesamtschuldner, sondern nur pro rata (BGHZ 6, 3, 25; MüKo/Heinemeyer § 426 Rz 34). Eine Ausgleichsgesamtschuld nimmt die Rspr ausnw an, wenn der Gesamtschuldner im Innenverhältnis vollständig freigestellt ist (RGZ 87, 64, 67 f; 136, 275, 287 f; BGHZ 17, 214, 222; zu Unrecht: NK-BGB/Völzmann-Stickelbrock § 426 Rz 4; Staud/Looschelders § 426 Rz 40), sowie in den Fällen der Haftungseinheit (RGZ 136, 275, 287 f; BGHZ 61, 213, 220; NJW-RR 89, 918, 920).
IV. Ausfallregelung (Abs 1 S 2).
Rn 20
Der Ausfall eines Gesamtschuldners muss von den übrigen entspr dem Verteilungsmaßstab des Innenverhältnisses getragen werden. Die Zahlungsunfähigkeit wird idR schon durch einen vergeblichen Vollstreckungsversuch nachgewiesen; dass es zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kommt, ist nicht erforderlich. Der zahlungsunfähige Gesamtschuldner wird durch I 2 nicht endgültig befreit. Er bleibt den übrigen Gesamtschuldnern vielmehr in Höhe seiner Quote verpflichtet, uU macht er sich durch die unterbliebene Leistung schadensersatzpflichtig.