a) Beschaffenheitsmerkmale.
Rn 27b
In § 434 II 2 werden Merkmale der Kaufsache aufgezählt, welche unter den Begriff der Beschaffenheit zu subsumieren sind. Diese Aufzählung verzichtet zwar auf die Verwendung des einleitenden Wortes ›insbesondere‹, hat aber trotzdem keinen abschließenden Charakter (BTDrs 19/27424, 23; Lorenz NJW 21, 2065, 2066; Schörnig MDR 21, 1097, 1099). Die aufgeführten Aspekte sind vielmehr beispielhaft zu verstehen und finden sich wortgleich in Art 6 lit a WKRL. Neben bereits bekannten (u insoweit selbsterklärenden) Begriffen wie Art, Menge und Qualität treten die neuen Begriffe Kompatibilität, Funktionalität und Interoperabilität hinzu. Für die Begriffsbestimmung s Legaldefinition in Art 2 Nr 8–10 WKRL. Unter der ›Kompatibilität‹ einer Sache ist die Fähigkeit zu verstehen, mit der Hard- und Software zu funktionieren, mit der Sachen derselben Art idR benutzt werden, ohne dass eine Komponente davon verändert werden muss. ›Interoperabilität‹ knüpft an die Fähigkeit der Sache an, mit einer anderen Hard- oder Software zu funktionieren, als derjenigen, mit denen Sachen derselben Art idR benutzt werden. Als Bsp wird der Informationsaustausch mit anderer Hard- oder Software o die Nutzung entspr Informationen durch die Sache genannt (WKRL Erw 26; 32). Unter der ›Funktionalität‹ ist die Fähigkeit der Sachen zu verstehen, ihre Funktionen ihrem Zweck entspr zu erfüllen. Schlussendlich handelt es sich um Anforderungen, die an Funktionsweisen sog ›smarter Geräte‹ gestellt werden (Lorenz NJW 21, 2065, 2066). Den Parteien steht darüber hinaus ausw des Wortlauts die Möglichkeit offen, ›sonstige Merkmale‹ zu vereinbaren.
b) Mankolieferung.
aa) Sachmangel.
Rn 27c
Durch die Aufzählung der Menge als Aspekt der Beschaffenheit stellt § 434 II 2 fest, dass Mankolieferungen nunmehr selbst als Sachmangel zu qualifizieren und diesem nicht mehr nur gleichgestellt sind (BTDrs 19/27424, 25; zur Aliudlieferung s Rn 74 ff).
bb) Anwendungsbereich.
Rn 27d
Die Neuregelung lässt indes nicht erkennen, ob über das Merkmal der Menge sowohl die verdeckte als auch die offene Mankolieferung umfasst ist. Es stellt sich die Folgefrage, ob weiterhin zwischen diesen zu unterscheiden ist oder ob nicht beide Arten der Mankolieferung pauschal als Sachmangel anzusehen sind und sich eine differenzierende Einordnung somit erübrigt. Zu berücksichtigen ist, dass § 434 III Alt 2 aF nach dem Wortlaut nicht differenziert hat, aber einhellige Meinung war, dass lediglich die verdeckte Mankolieferung von der Sachmangelvorschrift umfasst ist und für eine offene Mankolieferung die Regeln für die Teillieferung gelten (s dazu Kommentierung der 16. Aufl, § 434 Rz 83). Insoweit könnte die bisherige differenzierte Handhabung auch auf den neuen Normtext übertragen werden (Kupfer/Weiß ZVertriebsR 21, 21, 22; Schulze/Saenger Rz 18). Auch in der Sache scheint die Differenzierung weiterhin gerechtfertigt: Würde eine offene Teilleistung einen Sachmangel darstellen, könnte sich der Verkäufer durch grds unzulässiges Verhalten (vgl § 266) seiner kaufrechtlichen Primärverpflichtung gem § 433 I 1 entledigen (Weiß ZVertriebsR 21, 208. 214). Zuletzt sind offene Teillieferungen auch unter Berücksichtigung der RL selbst vom Anwendungsbereich des § 434 II 2 auszunehmen, schließlich umfasst der Geltungsbereich der WKRL nur das Kaufrecht und nicht etwa allg Schuldrecht (vgl Art 3 VI WKRL; Kupfer/Weiß ZVertriebsR 21, 21, 22).
Rn 27e
Eine weitere Begrenzung des Anwendungsbereichs war nach bisheriger Rechtslage das Erfordernis der Lieferung gleichartiger Sachen (HP/Faust Rz 40), dh von Sachen, die nach Stück oder Gewicht bestimmt werden; dazu gehört auch die teilweise Schlechterfüllung (HP/Faust Rz 43; Staud/Matusche-Beckmann Rz 156). Es erscheint sachgerecht, die hierzu ergangenen Ausführungen auf die Neufassung zu übertragen. II 2 ist daher nicht anwendbar, wenn von mehreren verschiedenen Kaufsachen nicht alle (HP/Faust aaO) oder von einer einheitlichen Kaufsache nur Teile (KG NJW-RR 09, 1721 [KG Berlin 18.06.2009 - 12 U 110/08]; Schlesw NJW-RR 11, 1233, 1235 [OLG Schleswig 29.03.2011 - 3 U 49/10]) geliefert werden.
Rn 27f
II 2 schließt mangels eindeutigem Wortlaut iGgs zur Vorgängerregelung des § 434 III Alt 2 nicht von vornherein eine Anwendbarkeit bei Mehrlieferung aus. Hierfür besteht somit immer noch keine kaufrechtliche Regelung (Wilke VuR 21, 281; 285). Eine Beschränkung auf Negativabweichungen ist weder II 2 noch Art 6 lit a WKRL zu entnehmen (beide sprechen übereinstimmend von ›Menge‹). Auch Art 35 I CISG verwendet den Begriff der ›Menge‹ in nicht näher konkretisierter Weise, dort ist jedoch jegliche Quantitätsabweichung erfasst (Schlechtriem/Schwenzer/Schröter/Schwenzer Art 35 Rz 8). Für eine bewusste Änderung des Anwendungsbereichs bei Mengenabweichungen fehlt es an Begründung seitens des Gesetzgebers, sodass eine Fortgeltung der bisherigen hM (Beschränkung auf Negativabweichungen, vgl Kommentierung der 16. Aufl, § 434 Rz 83) möglich ist (dafür auch Grüneberg/Weidenkaff Rz 10; Wilke VuR 21, 283, 285: Fokus der WKRL auf die Störung des Äquivalenzverh...