I. Allgemeines.
Rn 46a
Neben die subjektiven Anforderungen treten in Umsetzung von Art 7 WKRL objektive Anforderungen an die Kaufsache. Hierbei handelt es sich um einen Mangeltatbestand von erheblicher Bedeutung: Viele Eigenschaften werden weder vereinbart noch vorausgesetzt, sondern als selbstverständlich von den Parteien überhaupt nicht bedacht, zB, dass Stühle nicht brechen, Butter nicht ranzig ist oder ein Reifen nicht die Luft verliert. Die einzelnen Mangeltatbestände sind größtenteils bereits nach bisheriger Rechtslage bekannt.
II. Eignung zur gewöhnlichen Verwendung (Abs 3 S 1 Nr 1).
Rn 46b
Zur Bestimmung der gewöhnlichen Verwendung ist gem der Gesetzesbegründung sowohl einschlägiges Unionsrecht als auch nationales Recht zu berücksichtigen. Dabei ist insb auf technische Normen o hilfsw sog sektorspezifische Verhaltenskodizes abzustellen (BTDrs 19/27424, 41; Art 7 I lit a WKRL). Abgesehen davon stimmen III 1 Nr 1 und Nr 2 im Wesentlichen mit § 434 I 2 Nr 2 und tw S 3 aF überein (Wilke VuR 21, 283, 284). Zu ›Verwendung‹ s Rn 35. Ihre Gewöhnlichkeit ist aus der Eigenart der Kaufsache unter Berücksichtigung des Erwartungshorizonts eines vernünftigen Durchschnittskäufers zu bestimmen (HP/Faust Rz 75; Staud/Matusche-Beckmann Rz 84 ff), und zwar differenziert nach der Zugehörigkeit des Käufers zu einem bestimmten vom Verkäufer adressierten Verkehrskreis (vgl AG Bremen NJW-RR 15, 380, 381).
III. Übliche Beschaffenheit (Abs 3 S 1 Nr 2).
1. Begriff.
Rn 46c
Es gilt der weite Beschaffenheitsbegriff von II 1 Nr 1 (s Rn 12). Die Anknüpfung der Erwartungen eines Käufers (s Rn 46 f) an die übliche Beschaffenheit dient der Anspruchsbeschränkung, indem die Haftung des Verkäufers für nicht erkennbare subjektive Vorstellungen des Käufers ausgeschlossen wird (Faust 42, 60f). Soweit keine negative Parteivereinbarung besteht, muss die Kaufsache gleichermaßen der üblichen wie auch der vereinbarten Beschaffenheit entsprechen.
2. Kriterien.
a) Art der Sache (Abs 3 S 1 Nr 1).
aa) Vergleichsmaßstab.
Rn 46d
Die Kaufsache ist zu vergleichen mit Sachen der gleichen Art, dh Sachen derselben Kategorie (Vollkornbrot, Typklasse eines Autos: deutlich Ddorf NJW 06, 2858, 2859 f mwN), des vergleichbaren Standards (grüne Plakette begründet Erwartung der Einhaltung der entspr Vorgaben: Ddorf BeckRS 12, 04907), derselben Preisklasse (Staud/Matusche-Beckmann Rz 92); ein Serienprodukt hat dem Stand der Serie zu genügen (Karlsr NJW-RR 08, 137 f [OLG Karlsruhe 28.06.2007 - 9 U 239/06]; auch bei Re-Import LG Karlsruhe BeckRS 10 Nr 20132; gebrauchtem Kfz LG Hagen BeckRS 15, 15135), und, va bei Serienfehlern, dem technischen Standard anderer Hersteller vergleichbarer Sachen (BGH BeckRS 18, 27613 Rz 34; Ddorf aaO; Hamm BeckRS 15, 19023; BeckRS 14, 07366: Produktspezifika, Sportwagenschaltung, sind zu berücksichtigen; Karlsr aaO; Saarbr NJW-RR 13, 759 [OLG Saarbrücken 20.03.2013 - 1 U 38/12 - 11]; Hamm NJW-RR 16, 178 [OLG Hamm 16.06.2015 - 28 U 165/13] Rz 40). Für die Vergleichbarkeit ist auf die konkrete Ausführung abzustellen, führt sie zur Beschränkung der Nutzung vgl mit anderen Ausführungen, liegt bei Unvermeidbarkeit nach dem Stand der Technik unabhängig von der Erwartung des Käufers kein Mangel vor (BGH NJW 09, 2056 [BGH 04.03.2009 - VIII ZR 160/08] Rz 10–12); für Beurteilung der Funktionstüchtigkeit technischer Systeme ist Stand der Technik maßgeblich (AG Dortmund BeckRS 18, 19262 Rz 31); Einordnung eines Kfz als ›Montagsauto‹ führt nicht per se zur Annahme von Mangelhaftigkeit (BGH NJW 18, 2863 [BGH 09.05.2018 - VIII ZR 26/17] Rz 13 ff). Die Eignung für unübliche und neue Nutzungen ist nicht geschuldet (Brandbg BeckRS 08, 41807). Für 4 Personen zugelassenes Wohnmobil muss für diese Personenzahl nutzbar sein (Frankf NJW-RR 15, 1083, 1084). Bei optischen Mängeln ist Einhaltung der DIN unerheblich (Frankf ZGS 08, 315, 316). Bei gebrauchten Sachen sind zusätzlich zum Vergleich mit Produkten anderer Hersteller (Ddorf NJW 06, 2859, 2860 [OLG Düsseldorf 19.06.2006 - I-1 U 38/06]) die für gebrauchte Sachen der betreffenden Kategorie bedeutenden Kriterien der Abnutzung einzubeziehen, zB bei PKW Alter, Fahrleistung, Beschädigungen, Unfallfreiheit, Kaufpreis (BGH NJW 08, 53 [BGH 10.10.2007 - VIII ZR 330/06] Rz 19; Saarbr NJW-RR 13, 620 f [OLG Saarbrücken 10.10.2012 - 1 U 475/11-141]; Ddorf aaO; HP/Faust Rz 84); daher sind die Folgen normalen Verschleißes kein Mangel (BGH NJW 08 aaO; 06, 434 Rz 19; instruktiv Celle NJW-RR 08, 1636 f [OLG Celle 16.04.2008 - 7 U 224/07]; Ddorf aaO; Köln BeckRS 18, 7219). Fehlen des Originalmotors kein Mangel bei restauriertem Oldtimer (Karlsr NJW-RR 15, 501 [OLG Karlsruhe 20.11.2014 - 9 U 234/12]). Dagegen begründet Verschleißgrad, der bei ordentlicher Nutzung zu einem Austausch führt, einen Mangel (Hamm DAR 10, 705). Für die Bewertung kann es je nach Sachverhalt auf das Bau- bzw. Entstehungsjahr oder den Vertragsschluss bzw Gefahrübergang ankommen (BGHZ 180, 205 Rz 7 – zu weit, s Krüger ZNotP 10, 42 ff; Fischinger/Lettmaier NJW 09, 2496, 2497; zu aF: technische Normen zum Errichtungszeitpunkt Saarbr BeckRS 11, 17877). Grundstücke: Frühere mit der Gefahr von Altlasten verbundene Nutzung begründet unabhängig von Zweck des Kaufs M...