1. Bedeutung.
Rn 34
Der Mangeltatbestand berücksichtigt, dass viele Anforderungen an eine Kaufsache nicht ausdrücklich vereinbart werden; dann sind sie unter Heranziehung der vorausgesetzten Verwendung zu konkretisieren (BTDrs 14/6040, 213). Er meint dagegen nicht den Fall, dass die Parteien bewusst nicht die einzelnen Anforderungen, sondern nur den Verwendungszweck vereinbaren (aA HP/Faust Rz 52): damit vereinbaren sie die Beschaffenheit (s Rn 36).
2. WKRL.
Rn 34a
IRd Neufassung des § 434 wurde die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als eigenständige und neben der Beschaffenheitsvereinbarung gleichwertige subjektive Anforderung eingeführt. Die fehlende Eignung der Kaufsache zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung führt entspr der Neugliederung auch dann zum Vorliegen eines Sachmangels, wenn die Kaufsache der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Das Merkmal hat somit seinen Charakter als Auffangtatbestand verloren. Wann eine solche Eignung zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung vorliegt, bestimmt sich weitestgehend nach bekannten Maßstäben, sodass die Änderungen mehr systematischer als inhaltlicher Natur sind. II Nr 2 dient der Umsetzung von Art 6 lit b WKRL.
3. Verwendung.
Rn 35
Der Begriff erfasst jeden intendierten Gebrauch. Er ist analog dem weiten Beschaffenheitsbegriff (s Rn 12) zu verstehen.
4. Vorausgesetzt.
Rn 36
Das Tatbestandsmerkmal entscheidet maßgeblich über die Abgrenzung zu II 1 Nr 1. Während die Gesetzesbegründung des SchRModG die Entscheidung, wann ein Verwendungszweck nach dem Vertrag vorausgesetzt ist, bewusst offengelassen hat (BTDrs 14/6040, 213), hat der Gesetzgeber nunmehr Stellung bezogen. Eine Verwendung ist gem BegrRegE dann vertraglich vorausgesetzt, wenn der Käufer sie spätestens bei Abschluss des Kaufvertrages dem Verkäufer zur Kenntnis gebracht und dieser der Verwendung zugestimmt hat (BTDrs 19/27414, 23; fast identischer Wortlaut in Art 6 lit b WKRL). Die Zustimmung muss dabei nicht ausdr erfolgen, es genügt auch, wenn der Verkäufer in Kenntnis der vom Käufer angestrebten Verwendung seine auf Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Erklärung abgibt, ohne dem Käufer mitzuteilen, dass sich die Kaufsache nicht für die mitgeteilte Verwendung eignet (BTDrs 19/27414, 23). Die bislang hL versteht ›vorausgesetzt‹ iSv ›vertraglich vereinbart‹ (HP/Faust Rz 53 f; Staud/Matusche-Beckmann Rz 76; Reinicke/Tiedtke Rz 323), dieses Verständnis ist mit der Gesetzesbegründung vereinbar, soweit auch konkludentes Verhalten genügt. Demgegenüber stellt der BGH bislang darauf ab, ob die Parteien eine bestimmte Verwendung ›übereinstimmend unterstellt‹ haben (BGH NJW-RR 18, 822 [BGH 06.12.2017 - VIII ZR 219/16] Rz 26; NJW 17, 2817 [BGH 26.04.2017 - VIII ZR 80/16] Rz 16; ebenso BTDrs 14/6040, 213); das Gesetz zielt dabei nicht auf konkrete Eigenschaften der Kaufsache ab, die sich der Käufer vorstellt, sondern darauf, ob die Sache für die Nutzungsart (Einsatzzweck) geeignet ist, den die Parteien dem Vertrag zugrunde gelegt haben (BGH NJW 19, 1937 Rz 26; krit Lobach LMK 2019, 419008). Ob diese Rspr auch nach Neufassung Bestand haben kann, ist mit Blick auf die BegrRegE, den Wortlaut des Art 6 lit b WKRL und die Vollharmonisierung fraglich (s hierzu Kirchhefer-Leuber/Rüsing JuS 23, 12, 13; Wilke NJW 23, 633, 636f).
Rn 36a
Die vertraglich vorausgesetzte Verwendung kann von der gewöhnlichen abweichen (BGH NJW 17, 2817 [BGH 26.04.2017 - VIII ZR 80/16] Rz 16; BGH NJW 19, 1937 [BGH 20.03.2019 - VIII ZR 213/18] Rz 26), sie ist durch Auslegung (insb Gesamtumstände und verfolgter Zweck) zu ermitteln (BGH NJW 19, 1937 ff; NJW-RR 18, 822 [BGH 06.12.2017 - VIII ZR 219/16] Rz 28 ff mwN) und muss noch bei Vertragsschluss bestanden haben. Dogmatisch wertet II 1 Nr 1 so die subjektive Geschäftsgrundlage richtlinienkonform zur vertraglichen Tatbestandsvoraussetzung auf (zu I 2 Nr 1 aF ähnl Schinkels ZGS 04, 226, 228; zum vorausgesetzten Gebrauch in aF RG 131, 343, 351 f mwN; BGH BB 61, 305; aA Soergel/Huber 13. Aufl 91, § 459 Rz 69). Prozessuale Konsequenz der vertraglich vorausgesetzten Verwendung ist, dass ein Vorbringen des Verkäufers, er habe vorvertraglich auf ein – mögliches – Fehlen der Eignung hingewiesen, keine Einrede, sondern ein Bestreiten der vom Käufer zu beweisenden Voraussetzung ist (zur aF BGH BeckRS 10, 05468).
Rn 37
Aufgrund des Wegfalls der Hierarchie der Mängeltatbestände ist die Beschaffenheitsvereinbarung nicht mehr vorrangig, der vertraglich vorausgesetzten Verwendung der Kaufsache muss für Mangelfreiheit ebenso entsprochen werden (wie tw bereits für die bisherige Rechtslage vertreten; HP/Faust Rz 53 f; Wilke NJW 23, 633, 638).
Rn 38–39
[nicht besetzt]