Rn 24
S Martis MDR 14, 942. Der generell das Rücktrittsrecht wegen Schlechtleistung beherrschende Ausschlussgrund der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung nimmt die De-Minimis-Regelung des § 459 I 2 aF auf; er gilt auch für Schadensersatz statt der Leistung (§ 281 I 3). Für den Verbrauchsgüterkauf ist Grundlage Art 13 V WKRL. Danach hat der Verbraucher keinen Anspruch auf Vertragsbeendigung, ›wenn die Vertragswidrigkeit nur geringfügig ist‹. Darunter werden Pflichtverletzungen so geringen Ausmaßes verstanden, dass ›das Leistungsinteresse des Gläubigers im Grunde nicht gestört ist‹ (BTDrs 14/6040, 140). Diese Feststellung erfordert eine ›umfassende Interessenabwägung‹ (BGH NJW 17, 153 Rz 27; 14, 3229 Rz 16; 13, 1365 Rz 16; Hamm NJW-RR 17, 1013 Rz 34 ff). Ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung indiziert die Erheblichkeit (BGH aaO; Köln BeckRS 18, 5256 Rz 19; Hamm NJW-RR 17, 1013 Rz 36; Stuttg BeckRS 21, 7934 Rz 27; Saarbr BeckRS 14, 17815 mit Ausnahme), ebenso mehrere Reparaturversuche (BGH NJW 11, 1664 [BGH 09.03.2011 - VIII ZR 266/09] Rz 18). Maßgeblich sind die Umstände zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (BGH NJW 17, 153 Rz 29; 13, 1365 Rz 18). Mehrere Mängel sind in ihrer Gesamtheit zu würdigen (ebda). Bei behebbaren Mängeln ist grds auf die Kosten der Mängelbeseitigung und nicht das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen (BGH NJW 14, 3229 [BGH 28.05.2014 - VIII ZR 94/13] Rz 17). Ein Mangelbeseitigungsaufwand von >5 % des Kaufpreises ist idR erheblich (BGH NJW 17, 153 Rz 28; 14, 3229 Rz 30 ff; Ddorf NJW-RR 15, 1103 [OLG Düsseldorf 10.03.2015 - I-21 U 93/14] Rz 28–30), von <1 % ›unzweifelhaft‹ unerheblich (BGH NJW 11, 2872 [BGH 29.06.2011 - VIII ZR 202/10] Rz 19; München NJW-RR 17, 1238 [OLG München 03.07.2017 - 21 U 4818/16] Rz 24). In anderem Kontext führt der BGH allerdings aus, dass alleine ein geringer Zeit- u Kostenaufwand der Mängelbeseitigung kein Indiz für die Geringfügigkeit des Mangels sei (BGH BeckRS 21, 31895 Rz 45). Es kommt damit wohl auf den Einzelfall an. Ist der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar oder die Mangelursache ungewiss, kommt es entscheidend auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung an (BGH NJW 17, 153 [BGH 26.10.2016 - VIII ZR 240/15] Rz 28 bei Sicherheitsrisiko; 11, 2872 Rz 21; Hamm NJW-RR 17, 1013 Rz 36). Bloße Komfortmängel können im Einzelfall erheblich sein (ja: Saarbr NJW-RR 13, 620 [OLG Saarbrücken 10.10.2012 - 1 U 475/11-141] bei Fahrzeug gehobener Preisklasse, LG Arnsberg BB 13, 2836, nein: Saarbr NJW-RR 13, 759, 761 [OLG Saarbrücken 20.03.2013 - 1 U 38/12 - 11] nur ›Lustverlust‹). Keine Unerheblichkeit ›idR‹ bei arglistiger Täuschung des Verkäufers über Mangel (grdl BGHZ 167, 19 Rz 7–13; Hamm NJW-RR 17, 1013 [OLG Hamm 02.03.2017 - 22 U 82/16] Rz 39; aA Lorenz NJW 06, 1925 ff mwN; Roth JZ 06, 1026, 1027f [BGH 24.03.2006 - V ZR 173/05]). Beweispflichtig für Unerheblichkeit ist der Verkäufer (Art 13 V 2 WKRL; Karlsr aaO mwN) Bsp s § 434 Rn 93–110. Probleme könnten sich mit Blick auf die Unerheblichkeit bei Waren mit digitalen Elementen ergeben. Es erscheint sachgerecht, den Kaufgegenstand einheitlich zu betrachten und den Rücktritt auch dann zuzulassen, wenn sich die Mangelhaftigkeit auf das digitale Element beschränkt (so Firsching ZUM 21, 210, 218; Zöchling-Jud GPR 19, 115, 124).