Rn 76
In Übernahme der Wertungen der aF hat der BGH die grds Sperrwirkung des Mängelrechts für Ansprüche aus cic anerkannt (BGHZ 180, 205 Rz 19–23; BGH NJW-RR 16, 3015 Rz 63). Anderenfalls würden die Ansprüche aus cic die kaufrechtlichen Sonderregeln vielfach überflüssig machen (BGHZ 180, 205 Rz 22), zB die Sperrwirkung negativer Beschaffenheitsvereinbarungen effektiv aufheben (s § 434 Rn 24). Die aA fordert eine generelle Konkurrenz von Mängelrecht und cic insb wegen der strukturellen Verschiedenheit der Voraussetzungen (HP/Faust Rz 200; Häublein NJW 03, 388, 391 ff). Da im vom BGH entschiedenen Sachverhalt keine Beschaffenheitsvereinbarung vorlag, hängt die Sperrwirkung nicht vom Bestehen einer vereinbarten Beschaffenheit ab; vielmehr steht ein Nichtbestehen von Mängelrechten aus anderen Gründen, zB wegen Verjährung, gleich. Nicht vom BGH entschieden ist die weitere Konsequenz, dass diese Sperrwirkung für Sach- und Rechtsmängel gleichermaßen eingreift (Erman/Grunewald Vor § 437 Rz 17; Staud/Matusche-Beckmann Rz 73; ferner die Zitate zum Vorsatz). Die Gleichstellung der Rechtsmängel insoweit folgt daraus, dass mit ihrem Einbezug in § 437 jeder Grund für eine Sonderregelung entfallen ist (aA Brandbg BeckRS 10, 17087). Als Grenze hat der BGH zu Recht festgestellt, dass die Sperrwirkung nicht ›bei arglistigem (vorsätzlichem) Verhalten des Verkäufers gerechtfertigt‹ ist (BGHZ 180, 205 Rz 24; NJW 10, 858 [BGH 16.12.2009 - VIII ZR 38/09] Rz 20; Staud/Matusche-Beckmann Rz 74 ff; aA Mertens AcP 203, 818, 826 ff). Dies ergibt sich aus der auch im Kaufrecht besonderen Behandlung des arglistigen Verkäufers, vgl §§ 444, 442 I 2. Die Ansprüche sind beschränkt auf den Ersatz des Vertrauensschadens, für Erfüllungsansprüche bleibt es beim Vorrang des Mängelrechts (Saarbr OLGR 09, 625 Rz 59–63). Zur Arglisthaftung s § 444 Rn 16 ff.
Rn 77
Mängelrechte haben nur die Abweichung der tatsächlichen von der geschuldeten, va vereinbarten Beschaffenheit zum Gegenstand. Sie regeln nicht, wie Pflichtverletzungen eines Verkäufers zu beurteilen sind, der dem Käufer nicht nur als solcher ggü trat, sondern unter Übernahme einer Beratungspflicht, als ›Berater und Fachmann‹ den Abschluss der Beschaffenheitsvereinbarung beeinflusste (s Bsp Rn 59). Auf konkrete kaufvertragliche Nebenpflichten, die über die allg Treuepflicht einer Vertragspartei gem § 311 I hinausgehen, wie der aus Beratung oder langjähriger Geschäftsverbindung, kann daher ein Anspruch wegen Verletzung einer kaufvertraglichen Nebenpflicht nach wie vor gestützt werden.