1. Behebbarer Mangel.
Rn 31
Der Käufer kann durch einen Mangel schon geschädigt werden, bevor es überhaupt zur Nacherfüllung durch den Verkäufer kommen konnte. Bsp ist die Lieferung einer Maschine mit einem behebbaren Softwarefehler, der zur Beschädigung von Gussstücken und später zum Ausfall der Maschine führt.
a) Schadensersatz gem § 280 I.
aa) Ausfallschäden.
Rn 32
§ 280 I ist Grundlage für den Anspruch des Käufers auf Ersatz eines Ausfallschadens als Schadensersatz neben der Leistung; die Verzugsvoraussetzungen sind daher nicht erforderlich (grundl BGHZ 181, 317 Rz 9–19; BTDrs 14/6040, 225; MüKo/Westermann Rz 33). Nicht entschieden ist, ob der Vorrang der Nacherfüllung die Geltendmachung von Schadensersatz neben der Leistung für die Zeit zwischen Übergabe und dem Beginn des Verzugs des Verkäufers mit der Nacherfüllung sperrt (Oechsler NJW 04, 1825, 1828; 4. Aufl Rz 32). Es spricht viel dafür, dass die hM die Ersetzbarkeit des Ausfallschadens, bes in Form des Nutzungsausfalls, unabhängig vom Recht des Verkäufers auf die zweite Andienung sieht. Dann gilt: Bei Nichtlieferung sind Ausfallschäden nur bei Verzug, bei Schlechtlieferung schon bei Verschulden des Verkäufers gem § 280 I zu ersetzen.
bb) Verletzungen des Integritätsinteresses.
Rn 33
Die Anwendbarkeit von § 280 I auf Schäden aus Verletzungen des Integritätsinteresses völlig unabhängig von Fristen zur Nacherfüllung ist ganz hM (MüKo/Westermann Rz 35; teilw aA Oechsler NJW 04, 1825, 1829f). Der Anspruch auf Schadensersatz für die Gussstücke in Rn 31 folgt also aus § 280 I iVm Nr 3.
b) Schadensersatz statt der Leistung: Mangelbedingter Minderwert und ähnliche Schäden.
Rn 34
Ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung für diese von der Nacherfüllung abhängigen Schäden (s Rn 31) besteht aufgrund eines behebbaren Mangels ausschl unter den Voraussetzungen der §§ 440, 281 I 1, dass die Nachbesserung fehlgeschlagen ist oder der Verkäufer ausnahmsweise kein Recht zur zweiten Andienung hat (BGH NJW 14, 2184 Rz 23; vgl HP/Faust Rz 108; MüKo/Westermann Rz 28). Hat der Verkäufer den Mangel nicht zu vertreten, reicht ein verschuldetes Fehlschlagen der Nacherfüllung (so für Ersatzlieferung BGH NJW 14, 2184 [BGH 02.04.2014 - VIII ZR 46/13] Rz 22 f; Celle NJW-RR 07, 353, 354 [OLG Celle 28.06.2006 - 7 U 235/05]; s mwN MüKo/Westermann Rz 29, 31). Fiktive Mängelbeseitigungskosten sind im Kaufrecht (iGgs zum Werkvertragsrecht vgl § 634) weiterhin ersatzfähig (BGH NJW 22, 2685 Rz 26; 686 Rz 95; 21, 1532 Rz 7 ff; BeckRS 21, 44563 Rz 13). Der Anspruch steht dem Käufer auch nach Veräußerung der Kaufsache zu (BGH WM 16, 1748 Rz 21).
2. Verzögerte oder mangelhafte Nacherfüllung.
Rn 35
Schäden des Käufers in der Phase der Nacherfüllung können aus deren Verzögerung oder Unterlassung, aber auch aus ihr selbst resultieren.
a) Verzögerte bzw unterlassene Nacherfüllung.
aa) Schadensersatz wegen Verzugs.
(1.) Ausfallschäden.
Rn 36
Da der Anspruch auf Nacherfüllung ein modifizierter Erfüllungsanspruch ist (§ 439 Rn 8), führt eine Leistungsstörung aus verzögerter Nacherfüllung zu einem Verzug des Verkäufers mit einer Hauptleistungspflicht. Es gilt die Verzugshaftung (HP/Faust Rz 70; Lorenz NJW 05, 1889, 1891).
(2.) Verletzungen des Integritätsinteresses.
Rn 37
Da verzugsbedingt unterliegen auch Schäden aus der Verletzung des Integritätsinteresses der Verzugshaftung (HP/Faust Rz 71; Tiedtke/Schmitt BB 05, 615, 618; aA: Stodolkowitz ZGS 10, 448, 451f).
bb) Schadensersatz statt der Leistung.
Rn 38
(1) Bei Verweigerung der Nacherfüllung haftet der Verkäufer nach §§ 437 Nr 280 I, III, 281 I (Zweibr BeckRS 15, 14459 Rz 12f).
Rn 39
(2) Mangelbedingter Minderwert und ähnliche Schäden sind, da unabhängig vom Erg der Nacherfüllung (s Rn 30), nur als Schadensersatz statt der Leistung ersatzfähig (HP/Faust Rz 69, 75; Tiedtke/Schmitt BB 05, 615, 618 jew mit richtiger Ausnahme für Schaden aus fristbedingtem Scheitern eines Weiterverkaufs); gemäß § 439 III 1 erstattungsfähig sind die Kosten für die Entfernung der mangelhaften und den Einbau der mangelfreien Sache. Als kleiner Schadensersatzanspruch ist er gerichtet auf ›Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts oder Ersatz der Mängelbeseitigungskosten‹ (BGHZ 200, 350 Rz 31 ff; vgl 193, 326 Rz 31). Ein Abzug ›neu für alt‹ findet dabei nicht statt, wenn die Nachbesserung wegen des arglistigen Verschweigens des Mangels nicht angeboten werden muss und der Käufer daher ohne Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann (BGH NJW 22, 2328 Rz 20, s.a. 2685 Rz 22). Wird in Gestalt des kleinen Schadensersatzes Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts verlangt, ist ein Verweis durch den Verkäufer auf die wesentlich geringeren Mängelbeseitigungskosten jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn deren Eignung zur Behebung des Mangels zweifelhaft ist (BGH ZIP 23, 1594 Rz. 20). Für unverhältnismäßig hohe Mängelbeseitigungskosten gilt: Die Einschränkung des Verweigerungsrechts des Unternehmers in § 475 IV aF wurde in Umsetzung des eindeutigen Wortlauts von Art 13 III WKRL wieder gestrichen (s dort Rn 11). Damit wird der Anspruch nun wieder für alle Käufe lediglich entspr § 251 II 1 auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts beschränkt (vgl BGH NJW 22, 2328 [BGH 13.05.2022 - V ZR 231/20] Rz 21). Es findet also auch beim Verbrauchsgüterkauf eine Rückkehr zur Wertung des § 439 IV statt, den Verkäufer vor unverhältnismäßigen Kosten zu schützen (s allg BGHZ 200, 350 Rz 35–37). ›Als erster...