I. System.
Rn 12
In Umkehrung der Ordnung von I normiert Nr 3 die Regelfrist von 2 Jahren; Nr 1 u 2 sind Sonderregeln für bestimmte Mängel und III für Arglist (MüKo/Westermann Rz 11). II legt generell den Beginn der Verjährungsfristen fest. Für den Vebrauchsgüterkauf über Waren mit digitalen Elementen enthält der neu eingefügte § 475e Sonderbestimmungen; zum Verhältnis zu den Regelungen des Allgemeinen u Besonderen Schuldrechts s § 475e Rn 8.
II. Verjährungsfrist 30 Jahre (Abs 1 Nr 1).
Rn 13
Die Norm gilt nach ihrem Wortlaut (lit a: ›Kaufsache‹, lit b: Eintragung im Grundbuch) nur für den Sachkauf. Die analoge Anwendung auf den Rechtskauf ist für alle Rechtsmängel geboten, die ähnl Nr 1 zum Entzug der Nutzung führen (s Rn 18).
1. Dingliche Herausgabeansprüche (lit a).
Rn 14
Sachenrechte eines Dritten auf Herausgabe gewähren zB ErbbauR (§§ 985; 11 I 1 ErbbauRG), Nießbrauch (§ 1036 I), Wohnungsrecht (§§ 1036 I, 1093 I 2), Dauerwohnrecht (§§ 985; 34 II WEG), Mobiliarpfandrecht (§§ 985, 1227). Nicht dazu gehört der Vindikationsanspruch eines Dritten, da die Lieferung des Eigentums § 433 I 1 und nicht § 435 unterliegt (§ 435 Rn 2); lit a gilt aber zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen analog (HP/Faust Rz 15; MüKo/Westermann Rz 13). Die Eviktionsansprüche müssen gegen den Willen des Käufers durchsetzbar, dürfen also nicht verjährt sein (HP/Faust Rz 13; MüKo/Westermann Rz 12; aA Staud/Matusche-Beckmann Rz 47f).
2. Im Grundbuch eingetragene Rechte (lit b).
Rn 15
Die Norm gilt für alle in Abt II und III des Grundbuchs eintragungsfähigen Rechte, da deren Wirkung, zB bei zwangsweiser Durchsetzung, der fehlenden Eigentumsverschaffung vergleichbar ist (BTDrs 14/7052, 196), daher entsprechend für nicht eingetragene dingliche Rechte, die (vorübergehend) gegen gutgläubigen Erwerb geschützt sind (BGH NJW 15, 2019 Rz 17–23). Sie regelt nur konstitutive Eintragungen, zB Dienstbarkeit, Grundpfandrecht, also nicht nur nachrichtliche Eintragungen, wie Sanierungs- und Entwicklungsvermerk nach BauGB oder Zwangsversteigerungs- und Insolvenzvermerk.
III. Verjährungsfrist 5 Jahre (Abs 1 Nr 2).
1. Mängel an Bauwerken (lit a).
Rn 16
Der Gleichlauf von Kauf- und Werkvertrag ist Normzweck (vgl § 634a I Nr 2). Zum Begriff ›Bauwerk‹ s daher § 634a Rn 6 (BTDrs 14/6040, 227 f; BGH NJW 14, 845 [BGH 09.10.2013 - VIII ZR 318/12] Rz 19; München MDR 14, 1076). Entgegen dem BGH (BGHZ 210, 206 Rz 20 ff; s aber BGH NJW 16, 1575 [BGH 25.02.2016 - VII ZR 156/13]) bestätigt die Norm, dass Verträge über den Erwerb von Neubauten jetzt allein Kauf- und nicht mehr partiell Werkvertragsrecht unterliegen (Erman/Grunewald vor § 433 Rz 23, § 438 Rz 7; MüKo/Westermann vor § 433 Rz 20, § 438 Rz 15; D. Schmidt ZfIR 04, 405, 407 mwN; in die Richtung Gegenäußerung der BReg BTDrs 14/6857, 59 f; offen BTDrs 14/6040, 229f). Verursacht die fehlerhafte Montage, nicht aber die Solaranlage selbst Mängel am Bauwerk, ist Abs 1 Nr 2 nicht anwendbar (Saarbr BeckRS 16, 00820 mwN; Stuttg BeckRS 16, 14096 Rz 27).
2. Mängel an Baumaterialien (lit b).
Rn 17
Die praktisch sehr bedeutsame Norm erweitert den Geltungsbereich der 5-Jahres-Frist. Sie hat 3 Voraussetzungen: (1) (a) Qualifizierung als üblicherweise für ein Bauwerk (s BGH NJW 16, 2645 [BGH 24.02.2016 - VIII ZR 38/15] Rz 44f) verwendete Sache, zB Baustoff wie Zement, Ziegel, Bauteil wie Fenster, Rohre, Fertigbauelemente (Forster NZBau 07, 479, 480), technisches Aggregat; iGgs zu Sachen, mit deren Einsatz beim Bau der Verkäufer objektiv nicht rechnen konnte (BTDrs 14/6040, 227; HP/Faust Rz 24) (b) vereinbarter (§ 434 II 1 Nr 1) oder vorausgesetzter (§ 434 II 1 Nr 2) (HP/Faust Rz 24; MüKo/Westermann Rz 18; aA Erman/Grunewald Rz 10) Einsatz beim Bau; (2) tatsächlicher Einsatz bei Errichtung des Bauwerks, (a) unabhängig davon, ob (aa) durch den Käufer, Bauunternehmer oder Handwerker (Grüneberg/Weidenkaff Rz 10), bei einem eigenen oder fremden Bauvorhaben (HP/Faust Rz 25) oder ob ein Zwischenhändler Mängelrechte geltend macht (BTDrs 14/6040, 227; HP/Faust Rz 25) und (bb) bei Neubau, Umbau oder Reparatur, soweit am Bauwerk und nicht nur an Einrichtungsgegenständen vorgenommen (HP/Faust Rz 25; MüKo/Westermann Rz 20 jew zur schwierigen Abgrenzung), (b) innerhalb der 2-Jahres-Frist von Nr 3 (arg: zur Begrenzung des Anwendungsbereichs bes im Interesse der Berechenbarkeit für den Verkäufer; MüKo/Westermann Rz 21; aA Erman/Grunewald Rz 9; HP/Faust Rz 26). (3) wenigstens (Mit-)Ursächlichkeit für Mangel des Bauwerks, also zB nicht bei alleiniger Ursächlichkeit eines Einbaufehlers (BTDrs 14/6040, 228; Schlesw BeckRS 14, 12003; HP/Faust Rz 27). Bsp für Verwendung für Bauwerk: Ja: Freiland-Photovoltaikanlage (Bambg BB 12, 2912 [OLG Bamberg 12.01.2012 - 6 W 38/11], krit. Ayad/Schnell ebd); Brandmeldeanlage (Schlesw BeckRS 14, 12003); Warmwasserspeicher (LG Stuttgart BeckRS 13, 09244); Parkett (LG Mannheim BeckRS 13, 15342); Parkettkleber (LG Nürnberg NJW 20, 251 [OLG Hamm 23.07.2019 - 21 U 24/18] Rz 34 ff); Schraubenverdichter für Klimaanlage (LG Köln IBR 08, 387 [LG Köln 07.02.2007 - 91 O 87/06]); Hölzer für Terrasse und Außentreppe (BGH NJW 21, 2277, 2279 [BGH 07.04.2021 - VIII ZR 191/19]). Nein: Photovoltaikanlage auf Gebäude (BGH NJW 14, 845 Rz 21 f; München MDR 14, 1076; Naumbg NJW-RR 14, 842,...