Gesetzestext
(1) 1Statt zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. 2Der Ausschlussgrund des § 323 Abs 5 Satz 2 findet keine Anwendung.
(2) Sind auf der Seite des Käufers oder auf der Seite des Verkäufers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden.
(3) 1Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. 2Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.
(4) 1Hat der Käufer mehr als den geminderten Kaufpreis gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Verkäufer zu erstatten. 2§ 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.
A. Grundsätzliches.
I. Bedeutung.
Rn 1
Die Minderung ist das zum Rücktritt alternative Mängelrecht des Käufers (I). Sie setzt daher regelmäßig Fehlschlagen der Nachbesserung voraus (§ 437 Rn 15).
II. Anwendungsbereich.
Rn 2
Die Norm gilt für Sach- und Rechtsmängel (HP/Faust Rz 3), auch für die Kaufgegenstände des § 453.
III. WKRL.
Rn 3
§ 441 entspricht der unionsrechtlichen Vorgabe von Art 13 IV, 15 WKRL, dass der Verbraucher bei erfolgloser Nacherfüllung ein Recht auf Minderung hat, und zwar e-contrario Art 13 V auch für geringfügige Vertragswidrigkeiten. Str war, ob § 441 der Anforderung gem Art 3 V 3. Spiegelstrich VerbrGKRL genügte, dass der Verbraucher zu Rücktritt oder Minderung auch dann berechtigt ist, ›wenn der Verkäufer nicht ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher Abhilfe geschaffen hat‹. Diese Problematik hat sich durch die Geltung der WKRL jedenfalls für den Verbrauchsgüterkauf erledigt, da nunmehr zwischen zwei Situationen als Rücktritts- und Minderungsgründe differenziert wird: einerseits die bereits erfolgte, aber nicht den Anforderungen aus Art 14 II u III entsprechende Nacherfüllung (Art 13 IV lit a Alt 2) und andererseits der zeitlich vor der Vornahme der Nacherfüllung liegende Umstand, dass die Nacherfüllung offensichtlich nicht ohne Unannehmlichkeiten vorgenommen werden kann (Art 13 IV lit d). Ein der bisherigen europarechtlichen Lage entsprechender Minderungsgrund fehlt schlichtweg. Der Fall der bereits erfolgten, aber mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbundenen Nacherfüllung lässt sich somit unter keine der beiden Varianten subsumieren und findet demnach keine Entsprechung mehr in Art 13 IV WKRL. Art 14 II u III stellen zwar Anforderungen an die Art und Weise der Nacherfüllung, fordern aber iGgs zu Art 14 I (auf den Art 13 IV lit a Alt 2 gerade nicht verweist) nicht, dass die Nacherfüllung ohne solche Unannehmlichkeiten erfolgen muss. Im Falle des Art 13 IV lit d hingegen darf die Nacherfüllung noch nicht erfolgt sein, was in der str Situation aber der Fall ist. Dies erscheint auch angemessen, ist dem Leistungsinteresse des Verbrauchers doch weitestgehend entsprochen, da iErg erfolgreich nacherfüllt wurde, nur eben mit Unannehmlichkeiten (vgl BTDrs 19/27424, 36). Der Verbraucher ist im Falle einer erfolgten, mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbundenen Nacherfüllung auf etwaige Schadensersatzsansprüche verwiesen, zurücktreten oder mindern kann er aber nicht (BTDrs 19/27424, 37; Lorenz NJW 21, 2065, 2069; iE auch Wilke VuR 21, 283, 290 f; Harke GPR 21, 129, 134; iÜ in Übereinstimmung mit dem bisherigen Veständis zur VerbrGKRL).
IV. Abdingbarkeit.
Rn 4
Die Norm ist zwingend beim Verbrauchsgüterkauf (§ 476 I 1). Beim Fehlschlagen der Nacherfüllung kann Recht zu mindern nicht durch AGB ausgeschlossen werden (§ 309 Nr 8 lit b bb ggf iVm §§ 310 I, 307). IÜ besteht Dispositivität.
B. Ausübung der Minderung (Abs 1, 2).
I. Rechtsnatur, Wahlrecht.
Rn 5
Die Minderung ist – wie der Rücktritt – ein Gestaltungsrecht (BTDrs 14/6040, 234f). Ihre Ausübung führt daher unmittelbar zur Umgestaltung des Schuldverhältnisses und zum Erlöschen des Wahlrechts des Käufers zwischen Rücktritt (MüKo/Westermann Rz 4 mwN) bzw Schadensersatz statt der Leistung (BGH NJW 18, 2863 Rz 19 ff; KG BeckRS 10, 12001; aA Stöber NJW 18, 2834; Stuttg ZGS 08, 479, 480) und Minderung; ebenso nach wirksamer Erklärung des Rücktritts (§ 437 Rn 27). Keine Bindungswirkung, wenn Minderung unter Vorbehalt der Zustimmung des Verkäufers erklärt wird (Hamm BeckRS 10, 12147). Die Kombination der Minderung mit großem Schadensersatz statt der Leistung ist ausgeschlossen (BGH NJW 18, 2863 [BGH 09.05.2018 - VIII ZR 26/17] Rz 23 ff, 42, krit Stöber NJW 18, 2834), anders für kleinen Schadensersatz (BGH aaO Rz 36 ff, 62) und Anspruch auf kleinen Schadensersatz bei Unmöglichkeit, Minderungsbetrag gem III 1 zu ermitteln (BGH NJW 11, 1217 [BGH 05.11.2010 - V ZR 228/09] Rz 34f). Trotz erklärter Minderung entsteht das Wahlrecht erneut, wenn der Käufer später weitere Mängel erkennt (KG aaO Rz 4).
II. Voraussetzungen.
1. Rücktrittsrecht (Abs 1 S 1).
Rn 6
Die Alternativität von Minderungs- und Rücktrittsrecht (I 1) impliziert, dass für beide dieselben Voraussetzungen gelten, dh außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs Fristsetzung gem §§ 281 I 1, 323 I (s § 437 Rn 18).
2. Unerhebliche Pflichtverletzung (Abs 1 S 2).
Rn 7
Anders als der Rücktritt steht die Minderung auch bei unerheblichen Pflichtverletzungen zur Verfügung (BTDrs 14...