Rn 8
Unkenntnis ist jede vgl mit I 1 (Rn 6) nicht vollständige Kenntnis (Grüneberg/Weidenkaff Rz 10). Grob fahrlässig ist sie, wenn der Käufer bei der Information über die Kaufsache die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in bes hohem Maße verletzt hat (s § 276 Rn 19 ff). Bsp für grobe Fahrlässigkeit durch fehlende Prüfung bei Gebrauchtwagenkauf: Fahrzeugzustand trotz Vorlage von Sachverständigengutachten mit Hinweis auf evtl schlechteren Zustand (Ddorf NJW 13, 2763, 2764 [BGH 25.07.2013 - III ZR 413/12]); Serviceheft (AG Pfaffenhofen BeckRS 15, 12454 Rz 9 ff); Veränderung der FIN (Rostock BeckRS 21, 183303 Rz 20). IdR ist es nicht grob fahrlässig, wenn sich der Käufer auf Informationen des Verkäufers verlassen hat (BGH NJW 13, 1807 [BGH 01.02.2013 - V ZR 72/11] Rz 21; BeckRS 13, 05054 Rz 15; Karlsr NJW-RR 14, 745, 747 f [OLG Karlsruhe 14.01.2014 - 9 U 233/12]; Saarbr NJW-RR 17, 434 Rz 19). Der Käufer ist nur ausnahmsweise zur Untersuchung der Kaufsache verpflichtet (HP/Faust Rz 23–25; Rachlitz NJW 22, 1337, 1339: weil sich die Sache noch im Eigentum des Verkäufers befindet, kann der Käufer sie nicht beliebig überprüfen; zur aF BGH NJW-RR 88, 1290, 1291 [BGH 10.06.1988 - V ZR 125/87]: keine Einsichtspflicht in Bau- und Grundakten bei Grundstückskauf über DM 3 Mio; abw LG Hannover BeckRS 10, 22157: Hinweis auf Unfall eines PKW kann gewerblichen Käufer zu Nachfragen verpflichten). Kfz-Händler hat Sichtprüfung bei Ankauf vorzunehmen (vgl Hamm BeckRS 17, 113076 Rz 34; Saarbr NJW-RR 17, 434 Rz 20). Dies gilt auch für die Vornahme einer Due Diligence beim Unternehmenskauf (str: LG Hamburg BeckRS 15, 07608; HP/Faust Rz 23 mwN auch der aA; Böttcher ZGS 07, 20, 24 f: zwar Verkehrssitte, aber Unterlassen nicht grob fahrlässig; Müller NJW 04, 2196, 2197 f; Westermann ZHR 169 (2005), 248, 263–266). Entgegen der teilweise zu weitgehenden Rspr zur aF (mit Beispielen HP/Faust Rz 23f) kann eine Untersuchungspflicht nur noch angenommen werden bei Anlass zu Misstrauen oder besonderen Umständen: Bsp: weitergehende Untersuchungsobliegenheit des Kfz-Händlers, wenn Sichtprüfung Unfallschaden nahelegt/bei sonstigen konkreten Anhaltspunkten (Hamm BeckRS 17, 113076 Rz 34; Saarbr NJW-RR 17, 434 Rz 20; Klärung der rechtlichen Voraussetzungen für Großbauvorhaben bei Grundstückskauf durch den sachkundigen Käufer (zur aF RG 131, 343, 354); extreme Wertdifferenz zu Katalogwerten bei eBay-Versteigerung von Sammlerbriefmarken (Karlsr NJW-RR 07, 1210, 1211 [OLG Karlsruhe 25.01.2007 - 8 U 123/06]; s aber BGH NJW 12, 2723 [BGH 28.03.2012 - VIII ZR 244/10] zu Missverhältnis zwischen Startpreis, angenommenem Wert und Maximalgebot des Bieters bei Internetauktion); zur Erkennbarkeit von Plagiaten: LG Essen BeckRS 21, 22065 Rz 4; AG Düsseldorf BeckRS 21, 10538 Rz 4); nicht: ›Eulenschild‹ neben dem Grundstück als Hinweis auf Lage im Naturschutzgebiet Brandbg NJW-RR 14, 335, 337 [OLG Brandenburg 20.06.2013 - 5 U 50/12]); bei Kenntnis von Unfall keine Prüfung der Schwere (Kobl MDR 15, 886f [BGH 28.04.2015 - VI ZR 267/14]). Führt der Käufer eine Untersuchung durch, schadet ihm grob fahrlässiges Ignorieren der Erkenntnisse daraus (HP/Faust Rz 25; für Due Diligence Westermann aaO, 260), nicht aber deren bloß unsorgfältige Vornahme (Müller NJW 04, 2196, 2198f [BVerwG 13.05.2004 - BVerwG 3 C 45/03]), es sei denn er ist vertraglich zur Untersuchung verpflichtet, zB bei Ankauf eines Gebrauchtwagens durch Händler, dem Fahrzeug zur Untersuchung übergeben wird (Frankf NJW-RR 10, 568 [OLG Hamm 09.06.2009 - 28 U 57/08]). Vgl zu Besonderheiten des Gebrauchtwagenhandels (Sichtprüfung bei Ankauf üblich: Saarbr NJW-RR 17, 434 [OLG Saarbrücken 06.07.2016 - 2 U 54/15] Rz 20); des Kunsthandels Müller-Katzenburg NJW 06, 553, 556 f, des Instrumentenkaufs LG Dortmund NJW-RR 18, 440).