Rn 8
Der einheitliche Begriff ›Garantie‹ in §§ 442 I 2 Alt 2, 443 I, 444 Alt 2 u 445 Alt 2 lässt offen, wie sich das Gesetz zur Differenzierung der Garantien nach ihrer Selbstständigkeit verhält. Tatsächlich werden alle vier denkbaren Auffassungen vertreten: (1) § 443 regelt unselbstständige (so wohl zur aF BTDrs 14/6040, 237 f; ferner Fischer DStR 04, 276, 281; Hammen NJW 03, 2588; Knott NZG 02, 249, 255; Schröcker ZGR 05, 63, 93), (2) selbstständige (zur aF Brüggemeier WM 02, 1376, 1381; Hilgard/Kraayvanger MDR 02, 678, 680), oder (3) beide Formen von Garantien (Staud/Matusche-Beckmann Rz 13; Grützner/Schmidl NJW 07, 3610, 3611 f; für § 479 BGH NJW 11, 2653 [BGH 14.04.2011 - I ZR 133/09], Rz 26f) und (4) die Differenzierung ist obsolet geworden (HP/Faust Rz 17; Staud/Matusche-Beckmann Rz 12).
Rn 9
Die Differenzierung zwischen selbstständigen und unselbstständigen Garantien ist für die Vertragsgestaltung unverzichtbar und gehört zum festen Repertoire der Vertragsjuristen. Gerade das Ziel des VerbraucherrechteG, Garantien mit erweitertem Inhalt einheitlich zu regeln, verlangt daher eine Geltung von § 443 für beide Formen von Garantien. Aus I folgt, dass Garantiegeber für beide Formen auch ein Dritter sein kann. Gerade bei der Abgabe durch einen Dritten liegt die Annahme einer selbstständigen Garantie nahe.
a) Selbstständige Garantie.
Rn 10
Die selbstständige Garantie ist vom dispositiven Recht, va vom Mängelrecht unabhängig. Ihr Inhalt wird daher von den Parteien autonom festgelegt. Beim Verbrauchsgüterkauf gilt sie zwingend neben dem Mängelrecht, ansonsten wird sie oft an dessen Stelle vereinbart, bes in Unternehmens- (Knott NZG 02, 249, 255 mwN; zur aF vgl BGH ZIP 06, 1351) und Grundstückskaufverträgen. Da die selbstständige Garantie nicht dem Mängelrecht unterliegt, verjährt sie nicht gem § 438, sondern §§ 195 ff (Grützner/Schmidl NJW 07, 3610, 3612; Stadler CR 06, 77, 79; zur aF BGH WM 77, 365, 366).
b) Unselbstständige Garantie.
Rn 11
Die unselbstständige Garantie hat ihre Basis im dispositiven Recht und begründet eine partiell verschärfte Einstandspflicht, zB eine verschuldensunabhängige Haftung. Sie unterliegt grds dem geregelten Recht; Garantien für die Beschaffenheit also dem Mängelrecht (HP/Faust Rz 38; MüKo/Westermann Rz 3), weshalb sie gem § 438 verjähren (Stuttg NJW-RR 11, 955, 956 [OLG Stuttgart 23.11.2010 - 12 U 109/10], nimmt Garantiefrist gem § 438 an, lässt Verjährung offen; aA Grützner/Schmidl NJW 07, 3610, 3613, 3614).