Rn 21
Die klassische Form der Verlängerung gewährt die Ermächtigung zur Weiterveräußerung auf Grundlage einer Vorausabtretung der dadurch erworbenen Forderung des Käufers gegen seinen Abnehmer (s BGHZ 27, 306, 308f). Die Vereinbarung kann unter Kaufleuten auch durch AGB erfolgen (BGHZ 98, 303, 307f).
Rn 22
(1) Die Ermächtigung deckt allein Weiterveräußerungen iRd ordnungsmäßigen Geschäftsverkehrs. Darunter fallen nicht Verkäufe zu Schleuderpreisen, unter Einkaufspreis (idR BGHZ 104, 129, 133; ähnl BGH LM § 455 Nr 23) und wegen des darin liegenden Sicherungscharakters als Sale and Lease back (BGHZ 104, 129, 132 ff) (s insg Erman/Grunewald Rz 46; HP/Faust Rz 27). Ohne Deckung durch die Ermächtigung kann der Abnehmer des Käufers Eigentum nur gutgläubig nach §§ 932 ff erwerben. Verstöße dagegen können zur Haftung der Organe des Käufers führen (BGH NJW 90, 976 ff [BGH 05.12.1989 - VI ZR 335/88]; Kobl WM 89, 535, 536).
Rn 23
(2) Mit der Vorausabtretung tritt der Käufer Forderungen, die er später durch Weiterveräußerung erwirbt, schon im Kaufvertrag an den Verkäufer ab. Die notwendige Bestimmbarkeit muss erst bei Weiterveräußerung vorliegen (BGHZ 70, 86, 89 f; wN auch der Kritik bei Staud/Beckmann Rz 121f); dazu reicht es, wenn die durch Weiterveräußerung entstandenen Forderungen den Geschäftsunterlagen des Käufers entnommen werden können (BGHZ 70, 86, 90). Dies führt normalerweise nur in Kombination mit Verarbeitungsklauseln zu Schwierigkeiten (s Rn 27; BGHZ 79, 16, 20 ff mwN und Bsp). Bei im Kontokorrent stehenden Forderungen muss die Vorausabtretung auf den Schlusssaldo bezogen werden (BGHZ 70, 86, 92 ff). Solange die Geschäftsbeziehung zwischen Verkäufer und Käufer reibungslos läuft, wird die Vorausabtretung mit einem Einziehungsrecht des Käufers verbunden (HP/Faust Rz 28 mwN). Die Einziehung kann der Käufer auch über echtes Factoring vornehmen, da die damit verbundene Übernahme der Delkredere-Haftung durch den Factor der normalen Zahlung durch den Abnehmer vergleichbar ist (BGHZ 72, 15, 19 ff; 100, 353, 358 f; Erman/Grunewald Rz 53). Ein unechtes Factoring ist dagegen als Kreditgeschäft nicht gedeckt (BGHZ 82, 50, 58 ff mwN; Erman/Westermann § 398 Rz 55f).
Rn 24
(3) Konsequenz der Verbindung von Veräußerungsermächtigung und Vorausabtretung ist, dass der Käufer bei Weiterveräußerung kein Abtretungsverbot vereinbaren darf (BGHZ 30, 176, 181; 40, 156, 162; 102, 293, 308; Erman/Grunewald Rz 47); gleich steht eine Zustimmungspflicht zugunsten des Abnehmers zu einer Abtretung der Forderung des Käufers gegen ihn (BGHZ 27, 306, 309f). Dies gilt auch im Geltungsbereich des § 354a HGB, da der Erwerber trotz der Unwirksamkeit des Abtretungsverbots noch zur Aufrechnung ggü dem Käufer berechtigt sein (§ 354a I 2 HGB) und sich damit der Verkäufer nur eingeschränkt auf die Realisierung der ihm vorausabgetretenen Forderung verlassen kann (HP/Faust Rz 27; Erman/Grunewald Rz 48). Bei einer Weiterveräußerung entgegen diesen Grundsätzen erwirbt der Abnehmer des Käufers kein Eigentum. Eine Zustimmung des weiteren Abnehmers trotz Abtretungsverbots zur Abtretung an den Verkäufer wirkt nur ex nunc; ein Eigentumserwerb rückwirkend auf den Zeitpunkt der Veräußerung kann also nicht erreicht werden (BGH NJW 88, 1210, 1211 [BGH 03.12.1987 - VII ZR 374/86] mwN).
Rn 25
(4) Die voraus abgetretenen Forderungen begründen in der Insolvenz ein Absonderungsrecht (§ 51 InsO; BGHZ 176, 86 Rz 24; Erman/Grunewald Rz 50; Uhlenbruck § 51 Rz 19), bei Forderungseinziehung durch den später insolventen Vorbehaltskäufer jedoch nur bei Abtretungsanzeige vor Zahlung des Drittschuldners (BGH BeckRS 19, 34378; 19, 34375).
Rn 26
(5) Das Konzept des verlängerten EV kollidiert mit den verbreiteten Globalzessionen zugunsten von Banken, Kreditversicherern usw. Diesen Konflikt zwischen Waren- und Geldkreditgebern löst der BGH so auf, dass Globalzessionen einen ausreichenden Sicherheitsfreibetrag für branchenübliche Vorausabtretungen iVm verlängerten Eigentumsvorbehalten aufweisen müssen (BGHZ 98, 303, 314 ff; BGH NJW 99, 940). Anderenfalls sind sie wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Die ›Freigabe‹ muss dingliche Wirkung haben, ein schuldrechtlicher Freigabeanspruch des Käufers genügt nicht (BGH aaO).