I. Bedeutung.
Rn 1
Industrie und Handel nutzen den Eigentumsvorbehalt (EV) als Basis der Binnenfinanzierung in Form des Warenkredits (Bülow Rz 722; Staud/Beckmann Rz 1) sowie zur eigenen Verbraucherfinanzierung (vgl §§ 499 ff, bes § 502 I Nr 6). Im Lieferverhältnis zwischen Hersteller und Handel, Zulieferer und Endhersteller sowie Hersteller bzw Handel und Verbraucher hat der EV die Funktion, dass der Käufer unter Erhalt eines Anwartschaftsrechts die Kaufsache nutzen kann, der Verkäufer aber bis zur Zahlung des Kaufpreises Eigentümer bleibt.
II. Zweck.
Rn 2
Nach der Konzeption des Gesetzes dient der EV dem Schutz des Kaufpreisanspruchs des Verkäufers (Sicherungszweck). Zwar kann der aus ihm resultierende dingliche Herausgabeanspruch nur bei Rückabwicklung des Kaufvertrags und damit erst geltend gemacht werden, wenn der Kaufpreisanspruch nicht mehr besteht; hierdurch wird aber auf den Käufer der entscheidende Druck zur Zahlung des Kaufpreises ausgeübt (zur aF BGHZ 70, 96, 98 f; zur Diskussion vgl Staud/Beckmann Rz 2). Die aA (HP/Faust Rz 9 mwN), dass der EV stattdessen auf den Schutz des Käufers vor Zwischenverfügungen abzielt, da der Verkäufer schon wegen § 320 I nicht zur Vorleistung verpflichtet ist, ignoriert die dem Gesetz zugrundeliegende Wirtschaftspraxis. Ökonomisch ist der Warenkredit auf Basis des EV unentbehrlich, weil bes Industrie und Handel die Kaufsache zur Nutzung bzw Weiterveräußerung und das Anwartschaftsrecht an ihr zur Finanzierung benötigen. I will dem Verkäufer den Verkauf unter diesen Bedingungen durch Anerkennung des EV ermöglichen.
III. Anwendungsbereich.
Rn 3
§ 449 gilt für alle Mobilien, einschl Zubehör von Grundstücken, nicht aber für wesentliche Bestandteile, die rechtlich zum Grundstück gehören (§ 93). Für Rechte kann eine § 449 vergleichbare Regelung vereinbart werden, wie va bei Wertpapieren und Beteiligungen an Unternehmen verbreitet, nicht aber wegen der Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung (§ 925 II) für Grundstücke.
IV. EU-Recht.
Rn 4
Die WKRL regelt den EV nicht. Die formelhafte Bestimmung von Art 4 I iVm Erw 21 in der Zahlungsverzugsrichtlinie löst keinen Regelungsbedarf aus (HP/Faust Rz 5).
V. Abdingbarkeit.
Rn 5
Bis auf III ist § 449 dispositiv, auch beim Verbrauchsgüterkauf (e contrario § 476 I 1; Bülow Rz 429, 430f) mit Ausn des durch AGB unabdingbaren Grundsatzes ›keine Rücknahme ohne Rücktritt‹ von II (BGH NJW-RR 08, 818 [BGH 19.12.2007 - XII ZR 61/05] Rz 40 ff; ebenso ggü Unternehmern Grüneberg/Weidenkaff Rz 4). Für Teilzahlungskäufe ordnet § 508 II 5 zwingend an, dass jede Rücknahme der Kaufsache durch den Verkäufer als Rücktritt gilt.