1. Anwartschaftsrecht.
a) Rechtsnatur.
Rn 14
Da der Käufer nach der Auslegungsregel von I Hs 2 den Eigentumserwerb auf sich durch Zahlung ohne Mitwirkungshandlungen des Verkäufers herbeiführen kann, hat er ein Anwartschaftsrecht (§ 158 I; allgM: Erman/Grunewald Rz 26). Dieses ist ein wesensgleiches Minus, eine Vorstufe (BGHZ 28, 16, 21; 35, 85, 89; 75, 221, 225) zum Eigentum und steht daher einem dinglichen Recht gleich (s ausf auch zur Kritik MüKo/Westermann Rz 37–39); es ist ein sonstiges Recht iSd § 823 I (BGHZ 55, 20, 25 f; BGH NJW 70, 699 mwN; 71, 799, 800; zur Schadensaufteilung zwischen Eigentümer u Anwartschaftsberechtigungen: Bredemeyer ZGS 11, 259, 262). Ob darüber hinaus das Anwartschaftsrecht ein absolutes und damit auch ggü dem Eigentümer wirksames Recht zum Besitz gewährt, ist str (dafür Karlsr NJW 66, 885, 886; Grüneberg/Herrler § 929 Rz 41; MüKo/Westermann Rz 43 f; dagegen BGHZ 10, 69, 72; ausf Zeranski AcP 203, 693, 709 ff; offen BGHZ 54, 214, 217). Das Anwartschaftsrecht macht die grds zulässige erneute Veräußerung durch den Verkäufer dem Käufer ggü relativ unwirksam (§ 161 I; BGHZ 55, 20, 26 f; iE BGHZ 176, 86 Rz 16). Der gutgläubige Erwerb des Dritten (§§ 161 III, 934) scheitert daran, dass der Käufer als Inhaber des Anwartschaftsrechts berechtigter unmittelbarer Besitzer ist (§ 936 III; BGHZ 45, 186, 190 mwN; Erman/Grunewald Rz 23 mwN; mit abw Begründung Zeranski AcP 203, 693, 697 ff). In der Insolvenz des Verkäufers kann der Käufer aufgrund des Anwartschaftsrechts unter Ausschluss des Wahlrechts des Insolvenzverwalters (§ 103 InsO) endgültige Erfüllung gegen Restzahlung des Kaufpreises durchsetzen (§ 107 I InsO; Ddorf ZIP 13, 327; Erman/Grunewald Rz 25; Uhlenbruck/Berscheid § 107 Rz 5). Vor einer Zwangsvollstreckung gegen den Verkäufer ist der Käufer normalerweise durch seinen Besitz geschützt (§ 809 ZPO; Erman/Grunewald Rz 24; MüKo/Westermann Rz 41), ansonsten stellt das Anwartschaftsrecht, wenn sich die Sache ausnahmsweise beim Verkäufer oder bei einem herausgabebereiten Dritten befindet, ein die Veräußerung hinderndes Recht dar (§ 771 ZPO; BGHZ 55, 20, 27; BGH NJW 71, 799, 800; MüKo/Westermann Rz 41 mwN). Die Haftung von Zubehör für Grundpfandrechte umfasst auch Anwartschaftsrechte (§ 1120; BGHZ 35, 85, 89 ff); ebenso das Vermieterpfandrecht (BGH NJW 65, 1475).
b) Besitzrecht.
Rn 15
Das Anwartschaftsrecht entsteht durch den Vollzug des Besitzmittlungsverhältnisses (§ 868), auf Basis des Kaufvertrags unter EV. IdR wird der Käufer so ggü dem Verkäufer berechtigter (§ 986 I; BGHZ 54, 214, 216) unmittelbarer Fremdbesitzer, der Verkäufer mittelbarer Eigenbesitzer (Erman/Grunewald Rz 17). Im Einzelfall genügt mittelbarer Fremdbesitz des Käufers (Ddorf ZIP 13, 327 f: Verwahrung durch Verkäufer). Das Besitzrecht wirkt gem § 986 II auch ggü nachträglichem Erwerber des Vorbehaltseigentums (BGHZ 176, 86 Rz 16). Es endet nur durch Rücktritt des Verkäufers, nicht durch bloße Vertragswidrigkeit des Käufers (BGHZ 54, 214, 216; BGH NJW-RR 08, 818 Rz 39). Das Besitzmittlungsverhältnis beinhaltet Obhutspflichten des Käufers, der mit der Sache wie ein Verwahrer und Verwalter verfahren muss (BGH NJW 61, 1252, 1253; Staud/Beckmann Rz 72). Daraus resultieren auch Auskunftspflichten, zB über den Aufenthaltsort der Sache (Erman/Grunewald Rz 15).
c) Übertragung.
Rn 16
Das Anwartschaftsrecht kann wie Eigentum übertragen (BGHZ 28, 16, 21; 75, 221, 225), verpfändet (BGHZ 35, 85, 93; Staud/Beckmann Rz 83) und gepfändet (zu Einzelheiten, insb zur notwendigen Doppelpfändung der Sache und des Anwartschaftsrechts s Erman/Grunewald Rz 34) werden. Erforderlich sind daher für die Übertragung Einigung und Übergabe oder ein Übergabesurrogat, und zwar auch bei Sicherungsübertragung (BGHZ 75, 221, 227; Staud/Beckmann Rz 84). Die Abtretung der Kaufpreisforderung reicht wegen Unanwendbarkeit von § 401 nicht (Erman/Grunewald Rz 21). Ein Übertragungsverbot im Kaufvertrag bezieht sich ohne ausdrückliche Regelung nur auf die Kaufsache, nicht auf das Anwartschaftsrecht (BGH NJW 70, 699; MüKo/Westermann Rz 53); bei Erstreckung auf dieses hat es nur schuldrechtliche Wirkung (§ 137; BGH aaO; Erman/Grunewald Rz 28). Nach Übertragung kann der Kaufvertrag von Verkäufer und Käufer nicht mehr ohne Zustimmung des Erwerbers aufgehoben oder geändert werden, weil über ein Recht aus dem Kaufvertrag vorab verfügt ist (Erman/Grunewald Rz 28 mwN; für die nachträgliche Erweiterung des Sicherungszwecks BGHZ 75, 221, 226 f; abw für Herausnahme aus der Zubehörhaftung des Anwartschaftsrechts durch Vertragsaufhebung BGHZ 92, 280, 290 ff). Die Übertragung hindert Verkäufer und Käufer aber nicht in der Ausübung ihrer im Kaufvertrag angelegten Rechte, zB auf Anfechtung, Rücktritt, da insoweit der Erwerber in die Rechtsstellung des Käufers eintritt (BGHZ 75, 221, 225 f; MüKo/Westermann Rz 49, einschl Aufhebung – zu weit). Mit Eintritt der Bedingung erwirbt der Erwerber unmittelbar Eigentum vom Verkäufer (Direkterwerb), also ohne Durchgangserwerb des Käufers (BGHZ 20, 88, 93 ff; 28, 16, 22; 35, 85, 87; MüKo/Westermann Rz 49 mwN)...