Rn 29
Zu unterscheiden ist zwischen Mängeln einzelner Vermögensgegenstände und des Unternehmens insgesamt.
aa) Einzelne Vermögensgegenstände.
Rn 30
Bei der Veräußerung des Unternehmens stellt sich die Frage, ob und wie sich Rechts- oder Sachmängel einzelner Vermögensgegenstände auswirken: Beim Asset Deal geht es darum, ob sie für sich betrachtet Mängelansprüche auslösen oder nur, wenn sie den Wert des Unternehmens als solchen beeinträchtigen. Beim Share Deal eröffnet dessen Gleichstellung mit einem Asset Deal erst die Möglichkeit, Mängel von Vermögensgegenständen des Unternehmens zu berücksichtigen. Da § 453 Asset und Share Deal einheitlich regelt, gilt für beide Formen der Grundsatz der Unternehmensbezogenheit (Staud/Beckmann Rz 103 f; Wolf/Kaiser DB 02, 411 ff).
Rn 31
(1) Sachmangel. Für Sachmängel einzelner Gegenstände kommt es darauf an, ob das Unternehmen als solches durch sie mangelhaft wird (Köln DB 09, 2259, 2260, Weller in: FS Maier-Reimer, 839, 844 f; HP/Faust Rz 29; Schröcker ZGR 05, 63, 79; diff Thiessen 203 f; zur aF BGH NJW 69, 184; 79, 33). Str ist der Maßstab: Richtigerweise entscheidet, ob das Unternehmen mehr als unerheblich im Wert gemindert wird (Erman/Grunewald § 434 Rz 61; HP/Faust Rz 29; Staud/Beckmann Rz 147 ff: Kriterium des ›Durchschlagens‹). Maßstab ist, in welchem Umfang ein objektiver Käufer mit solchen Mängeln zu rechnen hat. Die strengere Rspr, dass die Mängel den Betrieb beeinträchtigen (Köln aaO; zur aF RG 98, 289, 292) oder gar die wirtschaftliche Grundlage erschüttern müssen (zur aF BGH WM 70, 819, 821; in die Richtung NJW 77, 33 [BGH 28.05.1976 - III ZR 186/72]), kann nicht begründen, warum für Unternehmen als einen von mehreren Kaufgegenständen des § 453 die Schwelle für die Mangelhaftigkeit derart über § 434 hinausgehen soll. Die Berücksichtigung jedes Einzelmangels ignoriert dagegen, dass Kaufsache das Unternehmen, nicht die Einzelgegenstände sind.
Rn 32
(2) Rechtsmangel. Rechtsmängel einzelner Vermögenswerte des Unternehmens sind nur beachtlich, wenn sie gem Rn 34 insgesamt zu einem Sachmangel des Unternehmens führen (HP/Faust Rz 30; zur aF BGH NJW 69, 184 [BGH 16.10.1968 - I ZR 81/66]; abw Thiessen 219 f; aA: Sachmangel des Unternehmens und Rechtsmangel des Vermögenswerts BGH NJW 70, 556 f [BGH 07.01.1970 - I ZR 99/68]; WM 75, 1166; unklar WM 84, 936, 938; aA nur Rechtsmangel des Vermögenswerts Erman/Grunewald § 435 Rz 15).
bb) Das Unternehmen insgesamt.
Rn 33
(1) Sachmangel. Wesentliche Anforderungen an die Beschaffenheit des Unternehmens wie einzelne Umsatzdaten oder zukünftige Erträge (s § 434 Rn 17–19) unterlagen nicht dem Mängelrecht. Nach dem hier vertretenen weiten Beschaffenheitsbegriff gehören alle Anforderungen an das Unternehmen, auch an seine Vergangenheit, zB Umsätze in einem Vorjahr, Zukunft, zB zukünftige Erträge, oder über den Bestand von Verbindlichkeiten zur Beschaffenheit und können daher gem § 434 II vereinbart oder entspr § 443 I garantiert werden (so Staud/Beckmann Rz 135; Weller in FS Maier-Reimer, 839, 846; s § 434 Rn 12, 17–19). Zur Insolvenznähe als Mangel s MüKo/Westermann Rz 32. Die Regeln der cic finden wegen der Sperrwirkung des Mängelrechts bei Fahrlässigkeit des Verkäufers keine Anwendung (Köln DB 09, 2259, 2261; s § 437 Rn 76).
Rn 34
(2) Rechtsmangel. Das Unternehmen selbst weist einen Rechtsmangel auf, wenn es als Einheit aus rechtlichen Gründen in der Fortführung behindert ist, zB wenn es verpfändet ist oder einer zu einem Rechtsmangel führenden öffentlich-rechtlichen Beschränkung unterliegt (HP/Faust Rz 30; allg s § 435 Rn 13–16).