I. Einleitung.
Rn 18
Mit dem Vorkaufsfall als der 2. Phase des Vorkaufs (Rn 15) entsteht nach § 463 die Bindung des Verpflichteten, die Ausübung des Vorkaufs durch den Berechtigten hinzunehmen. Die folgenden Erläuterungen – spez in Rn 20 – sind im Einzelfall darauf zu prüfen, ob nicht ein anderes Erg interessengerecht ist.
II. Abschluss des Kaufvertrags.
Rn 19
(1) Der Kaufvertrag muss nach Begründung des Vorkaufsrechts geschlossen worden sein; nachträgliche Genehmigung (für gesetzliches Vorkaufsrecht BGHZ 32, 383, 385 ff; Rostock OLGR 98, 410 f; für dingliches Vorkaufsrecht BGH LM § 1098 Nr 4) oder Änderung (BGH LM § 305 Nr 10) eines vorher geschlossenen Vertrags reicht nicht. Nur so ist dem Verpflichteten möglich, im Drittkaufvertrag die Konsequenzen des Vorkaufsrechts zu berücksichtigen (s § 464 Rn 7; Erman/Grunewald Rz 17).
Rn 20
(2) Wenig klar ist die Rspr dazu, welche anderen Vertragstypen als Kaufverträge das Vorkaufsrecht auslösen. Es reichen nicht: Einbringung in eine Gesellschaft (Stuttg BB 01, 794 [OLG Stuttgart 07.02.2001 - 20 U 52/97] nur LS 7; HP/Faust Rz 23 mwN; ausreichend aber: Einbringung in reine Grundstücksgesellschaft, die anschließend entgeltlich veräußert wird BGH NJW 12, 1354 [BGH 27.01.2012 - V ZR 272/10]; Einbringung eines Miteigentumsanteils 14, 3024 Rz 24); Schenkung (BGH LM § 1098 Nr 3), gemischte Schenkung (RG 101, 99, 101; KG MDR 00, 147, 148 [KG Berlin 18.06.1999 - 15 U 3743/98]; HP/Faust Rz 23; Kobl MDR 13, 512: keine gemischte Schenkung, wenn Kaufpreis nur 64 % des Verkehrswertes beträgt, zusätzlich Verkäufer aber Wohnrecht erhält), Tausch (RG 88, 361, 364; BGH NJW 64, 540, 541; Ddorf NJW-RR 11, 307, auch zu den Grenzen; ebenso für Ringtausch BGHZ 49, 7 LS, 8 ff; abw für Tausch gegen Güter mit Marktpreis wie Gold HP/Faust Rz 22), Einräumung eines Erbbaurechts (OVG Münster BeckRS 14, 50791); Kauf eines Aneignungsrechts nach § 928 II an einem herrenlosen Grundstück (VG Magdeburg BeckRS 13, 56863). Im Einzelfall reichen kaufähnliche (zB BGHZ 115, 335, 339 ff: Kaufangebot, das auf entgeltliche Übertragung hinauslief; BGH NJW 98, 2136 ff; BayVGH NJW 96, 2321: Überwiegen der Geld- ggü den Sachleistungen; abgelehnt für: Dienstbarkeit zur Ausbeutung eines Steinbruchs auf 99 Jahre: BGH NJW 03, 3769 f; Pachtvertrag: Hamm NJW-RR 12, 1484) und Umgehungsgeschäfte (zB RG 171, 185, 190 ff; vgl BGHZ 110, 230, 233 ff) (zu weit Erman/Grunewald Rz 8: im Zweifel alle Umsatzgeschäfte). Ein nicht zum Vorkauf führender Vertrag kann aber im Hinblick auf § 465 (§ 465 Rn 3) wegen sittenwidriger Vereitelung des Vorkaufsrechts nichtig sein (§ 138; RG 88, 361, 365 f; BGHZ 23, 293, 301 f; BGH NJW 64, 540, 541 mwN; abgelehnt zB von BGH WM 70, 321, 322; vgl ausf Staud/Mader/Schermaier Rz 29 ff).
Rn 21
(3) Kaufvertrag über Teile der Kaufsache führt zum Entstehen des Vorkaufsrechts für diese Teile (BGH WM 84, 510, 511 für ideellen Grundstücksanteil; aA Erman/Grunewald Rz 21: durch Auslegung zu ermitteln); bei Ausübung besteht es für den Rest fort (Erman/Grunewald Rz 21; HP/Faust Rz 24; s Rn 30). Zur umgekehrten Konstellation der nur teilweisen Ausübung s § 464 Rn 6 aE. Gegenstand des Vorkaufsrechts kann ein Miteigentumsanteil sein (BGH NJW 14, 3024 [BGH 11.07.2014 - V ZR 18/13] Rz 14–19).
Rn 22
(4) Es muss sich um einen ernst gemeinten Abschluss auf Seiten des Drittkäufers handeln, so dass Vorkaufsfall durch vom Berechtigten zum Ziel des Vorkaufs initiierten Kaufvertrag nicht ausgelöst wird (Erman/Grunewald Rz 16; Staud/Mader/Schermaier Rz 33).
Rn 23
(5) Der Käufer muss ggü dem Verkäufer ein Dritter sein; dies sind nicht Miteigentümer (BGHZ 13, 133, 137 ff; 48, 1, 2 ff), Gesamthänder und Miterben (BGH LM § 1098 Nr 3; für gesetzliches Vorkaufsrecht WM 70, 321 f; aA Erman/Grunewald Rz 9) sowie Konzernunternehmen (HP/Faust Rz 25), wohl aber GbR mit Beteiligung des Verkäufers von nur 10 % (OVG Saarlouis BeckRS 09, 34714).
III. Wirksamkeit des Kaufvertrags.
Rn 24
(1) Der Kaufvertrag muss formgerecht und wirksam sein (BGH WM 60, 551, 552).
Rn 25
(2) Dazu müssen für die Wirksamkeit erforderliche behördliche oder privatrechtliche Genehmigungen erteilt sein (BGHZ 110, 232, 235; BGH WM 91, 1811; Ddorf BeckRS 19, 4761). Der Berechtigte darf aber schon vor deren Erteilung die Ausübung erklären (BGHZ 139, 29, 30 ff; Brandbg NotBZ 01, 466; OVG Magdeburg LKV 02, 187). Diese Erleichterung ändert nichts daran, dass bis zur Erteilung der Genehmigung ein wirksamer Kaufvertrag fehlt und daher der Vorkaufsfall noch nicht eingetreten ist. Deshalb ist der Verpflichtete berechtigt, bis dahin den Kaufvertrag aufzuheben oder zu ändern (RG 106, 320, 323 f; BGHZ 14, 1, 5 f; 139, 29, 32; BGH BeckRS 10, 25405; HP/Faust Rz 27; aA Erman/Grunewald § 464 Rz 6); auch stehen dem Berechtigten keine Rechtsbehelfe gegen eine Versagung der Genehmigung zu (für GrdstVG BGH WM 91, 1811 f [BGH 20.06.1991 - BLw 2/91]; krit Erman/Grunewald Rz 14).
Rn 26
(3) Auch bei aufschiebenden Bedingungen erfordert der Vorkaufsfall deren Eintritt, auf den hin die Ausübung ebenfalls vorher erklärt werden kann (BGHZ 139, 29, 33; s RG SeuffA 78 Nr 14; zum sie...