Gesetzestext
(1) 1Der Verpflichtete hat dem Vorkaufsbe rechtigten den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Vertrags unverzüglich mitzuteilen. 2Die Mitteilung des Verpflichteten wird durch die Mitteilung des Dritten ersetzt.
(2) 1Das Vorkaufsrecht kann bei Grundstücken nur bis zum Ablauf von zwei Monaten, bei anderen Gegenständen nur bis zum Ablauf einer Woche nach dem Empfang der Mitteilung ausgeübt werden. 2Ist für die Ausübung eine Frist bestimmt, so tritt diese an die Stelle der gesetzlichen Frist.
A. Zweck.
Rn 1
Die in der Praxis sehr bedeutende Norm will nicht nur dem Berechtigten eine angemessene Überlegungszeit wahren (BGH NJW 94, 315, 316 [BGH 29.10.1993 - V ZR 136/92]) und das Erfüllungsinteresse sichern (BGH NJW 15, 1516 [BGH 21.01.2015 - VIII ZR 51/14] Rz 39). Va bestimmt sie im Interesse aller Beteiligten verbindlich, bis wann Vorkauf ausgeübt werden muss, mithin ab wann für den Drittkaufvertrag Abwicklungssicherheit besteht (s insg Erman/Grunewald Rz 1).
B. Anwendungsbereich.
Rn 2
Die Norm gilt auch für das Vormiet-, -pachtrecht (BGHZ 55, 71, 75 f; BGH WM 03, 385, 388; NJW 15, 1516 Rz 39; LG Karlsruhe NJW-RR 13, 1479, 1480), für weitere ähnliche Rechte angesichts der Kürze der Fristen nur gem Prüfung im Einzelfall (vgl mwN RG 126, 123, 126 allg für Eintrittsrechte; Erman/Grunewald Rz 9).
C. Mitteilung (Abs 1).
Rn 3
Der gesamte Inhalt des Kaufvertrags ist mitzuteilen, und zwar erkennbar zur Auslösung des Fristbeginns gem II (BGHZ 60, 275, 288), damit Berechtigter durch Kenntnis seiner Pflichten gem § 464 II Grundlage für Entscheidung über Ausübung hat (BGHZ 168, 152 Rz 18; BGH WM 66, 891, 893; Erman/Grunewald Rz 2). Mitteilung eines Dritten unabhängig vom Vorkaufsrecht reicht nicht (VG Ansbach BeckRS 16, 49093). Dazu gehören auch: der wirklich vereinbarte Inhalt bei einer falsa demonstratio (BGHZ 168, 152 Rz 18), der Eintritt von aufschiebenden Bedingungen und die Erteilung von Genehmigungen; nicht aber der Teilungsgenehmigung, da sie für die Wirksamkeit des Kaufvertrags ohne Bedeutung ist (BGH NJW 94, 315 f; aA MüKo/Westermann Rz 3). Am sichersten ist Zusendung von Vertragskopie, bei notariellen Verträgen Ausfertigung (vgl RG 108, 66, 67; BGH NJW 94, 315f); gesetzlich reicht Mündlichkeit (BGH LM § 505 Nr 3; Stuttg BeckRS 14, 11656: Kopie des Kaufvertrags muss aber vorliegen); die Einhaltung einer bestimmten Form (zB beglaubigte Abschrift des Kaufvertrags) kann nicht dinglich vereinbart werden (KG BeckRS 19, 608 Rz 16f). Vertragsänderungen sind gleichfalls mitzuteilen (BGH NJW 73, 1365 [BGH 23.05.1973 - VIII ZR 57/72]) bzw nach erfolgter Mitteilung nachzureichen (BGH NJW 94, 315). Erg besteht Pflicht, die Auskünfte zu geben, die für Ausübung des Vorkaufs benötigt werden (RG 108, 66, 67 auch zum Einfluss auf Fristenlauf; Erman/Grunewald Rz 4, 8; offen BGH NJW 94, 315, 316 [BGH 29.10.1993 - V ZR 136/92]; zur Forderung auf Besichtigung s RG DR 41, 1461; zur Mitteilung v iR einer Due Diligence gemachten Feststellung zu Baumängeln des Gebäudes s KG BeckRS 19, 6692 Rz 77 ff); sehr restriktiv zu handhabende Erweiterung, die Fristenlauf idR nicht berührt (Frankf NotBZ 06, 210, 211 [KG Berlin 26.01.2006 - 9 W 12/05]). Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung macht Verpflichteten schadensersatzpflichtig (BGH WM 03, 385, 388 f; 788, 790; Staud/Mader/Schermaier Rz 2), nicht aber bei Ausübung für den reinen Verzögerungsschaden (Celle MittBayNot 08, 376, 377 m krit Anm Häublein). Der Drittkäufer ist nur berechtigt, nicht verpflichtet, die Mitteilung zu machen (I 2; RG 108, 66, 68). S § 467 Rn 2.
D. Frist (Abs 2).
Rn 4
Gesetzliche (II 1) und gewillkürte (II 2) Fristen beginnen erst nach Mitteilung des wirksamen Kaufvertrags (BGH WM 66, 891, 893; NJW 94, 315, 316 [BGH 29.10.1993 - V ZR 136/92]), dh erst nach Mitteilung von Vertragsänderungen (s Nachw Rn 3; Karlsr NJW-RR 96, 916), Erteilung von Genehmigungen (BGHZ 23, 342, 348; BGH LM § 510 Nr 3; Frankf NotBZ 06, 210; OVG Berl-Brandbg BeckRS 14, 50996) und Eintritt aufschiebender Bedingungen. Vorherige Mitteilungen sind daher nur vorläufig, va um gem § 463 Rn 25 eine möglichst frühe Entscheidung des Berechtigten herbeizuführen. Bei einem Ausübungsverzicht nach § 397 vor der Mitteilung kann sich der Berechtigte nicht darauf berufen, dass die Frist nach II noch nicht lief (Götting ErbbauZ 22, 34, 36). Unrichtige oder unvollständige Mitteilungen setzen die Frist nicht in Gang (BGHZ 168, 152 Rz 18; HP/Faust Rz 4; Götting ErbbauZ 22, 34, 37). Die Fristen sind Ausschlussfristen gem §§ 186 ff (BGHZ 32, 375, 382 f; BGH WM 66, 891, 893). Verlängerungen bedürfen der Form des § 311b I (analog zum Wiederkauf, s § 456 Rn 7); in AGB ist zeitlich unbegrenztes Vorkaufs-/Vormietrecht unwirksam (LG Karlsruhe NJW-RR 13, 1479, 1480 [LG Karlsruhe 07.05.2013 - 11 O 53/11]). Zur Genehmigung der Erklärung der Ausübung innerhalb der Fristen von II s § 464 Rn 1. S zum Fristlauf bei mehreren Berechtigten: § 472 Rn 2.