I. Allgemeines.
Rn 3
I legt fest, wann es bei einem Rücktritt keiner Fristsetzung seitens des Verbrauchers bedarf u dieser damit iRd Gewährleistung von Nacherfüllungsverlangen zu Rücktritt und Minderung übergehen kann (BTDrs 19/27424, 36). § 475d I spricht ausdr zwar nur vom Rücktritt, aufgrund der Akzessorietät (vgl § 441 I 1 ›statt‹) gelten die Regelungen aber mittelbar auch für das Minderungsrecht (Lorenz NJW 21, 2065, 2071). Entspr den allg Regeln muss dem Unternehmer grds eine angemessene Frist gesetzt werden (vgl §§ 281 II, 323 II, 440; im Grds auch WKRL Erw 50). Art 13 IV stellt jedoch Ausnahmen auf, in denen der Verbraucher sofort zur zweiten Stufe der Gewährleistung übergehen kann (s WKRL Erw 52). Daher kann an dem Fristsetzungserfordernis in diesen Fällen im Verbrauchsgüterkauf nicht mehr festgehalten werden (BTDrs 19/27424, 36). Zu beachten ist, dass nur § 323 I u II modifiziert werden, die übrigen Abs sind auch auf Verbrauchsgüterkaufverträge anwendbar u entspr sogar den vollharmonisierenden Regelungen der RL (Art 13 V, VII, 16 II). Die einzelnen Ziff des I wurden Art 13 IV lit a–d WKRL entnommen. Außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs wird an dem grds Erfordernis der Fristsetzung festgehalten; dort kann nur in den bekannten Fällen der §§ 281 II, 323 II, 440 darauf verzichtet werden. Setzt der Verbraucher dem Unternehmer tatsächlich eine Frist zur Nacherfüllung, so gilt diese Frist auch dann, wenn sie eigentlich nach § 475d entbehrlich gewesen wäre (LG Düsseldorf DAR 23, 456, 457, n rkr; HP/Faust Rz 13; aA Winter DAR 23, 476, 477f). Statt einer unangemessenen Frist gilt eine angemessene ab Zugang der Fristsetzung, nicht schon ab Mitteilung des Mangels (LG Düsseldorf DAR 23, 456, 457, n rkr; HP/Faust Rz 13).
II. Nichtvornahme der Nacherfüllung innerhalb angemessener Frist (Nr 1).
Rn 4
Fristbeginn ist die Mitteilung des Mangels durch den Verbraucher (Lorenz NJW 21, 2065, 2071; s aber Eckhoff/Bubinger RAW 22, 16, 21; Jaensch jM 22, 134, 138: Beim Bestehen eines Wahlrechts iSd § 439 I muss sich der Käufer zunächst für eine Art der Nacherfüllung entscheiden, um die Frist in Gang zu setzen; aA HP/Faust Rz 12: Maßgeblich ist die Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs), die Dauer hängt vom Einzelfall ab, wobei wohl auf die Gedanken zu § 323 I zurückgegriffen werden kann (BTDrs 19/27424, 36), s dort. Unschädlich ist, wenn der Verbraucher trotz der insow nun fehlenden Notwendigkeit (s Rn 3) eine Frist zur Nacherfüllung setzt und nach deren Ablauf zurücktritt. Entscheidend ist nur, dass der Vertrag erst nach Ablauf einer solchen Frist beendet wird u nicht früher (BTDrs 19/27424, 36); davon zu unterscheiden ist die fälligkeitsbegründende Wahl des Verbrauchers zwischen den Alternativen der Nacherfüllung, soweit erforderlich muss diese weiterhin erklärt werden (Lorenz NJW 21, 2065, 2071; Kupfer/Weiß ZVertriebsR 21, 21, 24); denkbar ist bspw, dass die Frist erst mit Ausübung des Wahlrechts zu laufen beginnt (Weiß ZVertriebsR 21, 208, 215). Nach dem Wortlaut von Nr 1 räumt die vorgenommene Nacherfüllung, die erst nach Ablauf einer angemssenen Frist erfolgt ist oder mit erheblichen Unannehmlichkeiten für den Verbraucher verbunden war dem Verbraucher überhaupt kein Rücktritts- bzw Minderungsrecht ein (vgl auch § 475 V, s dort Rn 9, § 441 Rn 3). Dies ist eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers (BTDrs 19/27424, 36) und der Verbraucher ist auf die Möglichkeiten beschränkt, die Nacherfüllung abzulehen u ggf Schadensersatz zu verlangen (BTDrs 19/27424, 37; Grüneberg/Weidenkaff Rz 3). Nr 1 führt gewissermaßen zur Abschaffung des Fristsetzungserfordernisses im gesamten Verbrauchsgüterkaufrecht (Kurth JA 22, 353, 357; Weiß ZVertriebsR 21, 208, 215; Kupfer/Weiß ZVertriebsR 21, 21, 24). Nr 1 greift nicht, wenn sich der Verbraucher hinsichtlich der Nacherfüllung im Annahmeverzug befindet (HP/Faust Rz 10).
III. Mangelhaftigkeit trotz Nacherfüllung (Nr 2).
Rn 5
Gem Nr 2 ist die Fristsetzung bei erfolgloser Nacherfüllung entbehrlich, wenn der Unternehmer den Versuch der Nacherfüllung unternommen hat, die Ware aber weiterhin mit demselben oder einem neuen, im Zuge der Nacherfüllung aufgetretenen (insoweit abw zu § 440; krit HP/Faust Rz 17: Weil der Begriff des Mangels iSv § 434 I an den Gefahrübergang anknüpft, kommt die Einbeziehung ›neuer‹ Mängel im Wortlaut nicht zum Ausdruck; aA Erman/Grunewald Rz 4), Mangel behaftet ist. Dieser Fallgruppe liegt der Gedanke zugrunde, dass das Vertrauen des Verbrauchers in den Unternehmer derart erschüttert sei, dass er dem Unternehmer keine weitere Möglichkeit zur Nacherfüllung geben muss (BTDrs 19/27424, 37). Insoweit ähnelt Nr 2 der ›fehlgeschlagenen‹ Nacherfüllung in § 440, wobei Nr 2 nach dem Wortlaut bereits nach dem ersten Fehlschlag greifen kann und die hiesige Formulierung die Subsumtion eines neuen, vorher noch nicht vorhandenen Mangels eher zulässt als § 440 2. Allerdings legen weder § 475d I Nr 2 noch Art 13 IV lit b WKRL ausdr fest, wie viele Nacherfüllungsversuche dem Unternehmer zu gewähren sind; dies ist vielmehr im Einzelfall auf Grundlage obj Kriterien (Schulze/Saenger Rz 5) zu entscheiden, eine Zweifelsregel...