Rn 5
Gem Nr 2 ist die Fristsetzung bei erfolgloser Nacherfüllung entbehrlich, wenn der Unternehmer den Versuch der Nacherfüllung unternommen hat, die Ware aber weiterhin mit demselben oder einem neuen, im Zuge der Nacherfüllung aufgetretenen (insoweit abw zu § 440; krit HP/Faust Rz 17: Weil der Begriff des Mangels iSv § 434 I an den Gefahrübergang anknüpft, kommt die Einbeziehung ›neuer‹ Mängel im Wortlaut nicht zum Ausdruck; aA Erman/Grunewald Rz 4), Mangel behaftet ist. Dieser Fallgruppe liegt der Gedanke zugrunde, dass das Vertrauen des Verbrauchers in den Unternehmer derart erschüttert sei, dass er dem Unternehmer keine weitere Möglichkeit zur Nacherfüllung geben muss (BTDrs 19/27424, 37). Insoweit ähnelt Nr 2 der ›fehlgeschlagenen‹ Nacherfüllung in § 440, wobei Nr 2 nach dem Wortlaut bereits nach dem ersten Fehlschlag greifen kann und die hiesige Formulierung die Subsumtion eines neuen, vorher noch nicht vorhandenen Mangels eher zulässt als § 440 2. Allerdings legen weder § 475d I Nr 2 noch Art 13 IV lit b WKRL ausdr fest, wie viele Nacherfüllungsversuche dem Unternehmer zu gewähren sind; dies ist vielmehr im Einzelfall auf Grundlage obj Kriterien (Schulze/Saenger Rz 5) zu entscheiden, eine Zweifelsregelung besteht nicht (BTDrs 19/27424, 37; maßgeblich ist zB der Wert der Kaufsache o die Gewichtigkeit des Mangels; WKRL Erw 52; aA Erman/Grunewald Rz 4: ein Nacherfüllungsversuch reicht aus).
Rn 6
Im Unterschied zu Nr 1 setzt Nr 2 (sowie die nachfolgenden Nr des I) nicht ausdr den Ablauf einer angemessenen Frist voraus. Somit kann dem Wortlaut nicht entnommen werden, ob tatsächlich nur auf die Setzung einer Frist verzichtet werden kann oder ob sich die Entbehrlichkeit auch auf den Ablauf einer solchen erstreckt. Hierzu kann auf die Systematik des BGB und somit auf die bereits normierten Fälle der Entbehrlichkeit der Fristsetzung zurückgegriffen werden, namentlich §§ 281 II, 323 II, 440. Dem BGB ist die Aufspaltung von Fristerfordernissen in Setzung und Ablauf fremd. Auch in diesen Fällen kann der Käufer trotz des einseitigen Wortlauts (›Die Fristsetzung ist entbehrlich‹ in §§ 281 II, 323 II u ›bedarf es einer Fristsetzung auch dann nicht‹ in § 440 1) sofort von der Nacherfüllung auf die zweite Stufe der Gewährleistungsrechte wechseln (aber freilich nicht muss; vgl BTDrs 19/27424, 36, 38). Somit ist grds nicht nur die Setzung der Frist, sondern auch deren Ablauf entbehrlich. Dieses Verständnis ist auch auf § 475d zu übertragen, sodass in den Fällen der Nr 2–5 umf auf das Fristenerfordernis, also auf Setzung u Ablauf, verzichtet wird. Dafür spricht auch die Gesetzesbegründung (›sofortige[r] Rücktritt‹ u ›ohne Ablauf einer angemessenen Frist‹, BTDrs 19/27424, 37). Nur iRd Nr 1 kann aufgrund des ausdrücklichen Wortlauts (›trotz Ablaufs einer angemessenen Frist‹) zwar auf die Fristsetzung verzichtet werden, nicht aber auf deren Ablauf (vgl Rn 4; s nur HP/Faust Rz 3; Wilke VuR 21, 283, 290; aA Schulze/Saenger Rz 2: für alle Nr des I ist der Ablauf einer angemessenen Frist maßgeblich). Dies führt zwar zu dem befremdlichen Ergebnis, dass sich einerseits die Rechtsfolgen für § 475d I Nr 1 und 2–5 unterscheiden, andererseits besteht Einklang des Regelungsgehalts der Nr 2–5 mit den §§ 281 II, 323 II, 440. Weil nach Nr 2–5 auch der Ablauf der Frist entbehrlich ist, gehen diese Tatbestände der Nr 1 vor (Kurth JA 22, 353, 357).