I. Generell.
Rn 9
Erleichterung der Verjährung meint alle effektiven Verkürzungen der Verjährungsfristen des § 438, wie Vorverlegung des Beginns, zB Annahmeverzug, bei zu montierenden Sachen Anlieferung statt Montage (s § 438 Rn 21), weitere Voraussetzungen, zB Rügepflichten (Hamm BeckRS 12, 13246; wohl BGH NJW 13, 1431 [BGH 07.03.2013 - VII ZR 162/12] Rz 46), Obergrenze für Benutzung: zB km-Stand, zusätzliche Frist: spätestens 6 Monate nach Auftreten des Mangels (vgl Erman/Grunewald Rz 9). Sie sind für neue Sachen nur zulässig, wenn die verbleibende Frist wenigstens 2 Jahre beträgt. Die Bestimmung gilt unmittelbar nur für die Ansprüche gem § 437 Nr 1, ferner über § 218 auch für die Gestaltungsrechte Minderung und Rücktritt (§ 437 Nr 2; § 438 Rn 23; MüKo/Lorenz Rz 21; LG Stuttgart BeckRS 21, 15602 Rz 47), nicht aber für Schadensersatzansprüche gem § 437 Nr 3, da III ihren Ausschluss gestattet, zu dem die Erleichterung der Verjährung ein Minus ist und auf II verweist (MüKo/Lorenz Rz 21; Staud/Matusche-Beckmann § 475 Rz 81; nunmehr auch Grüneberg/Weidenkaff Rz 9). Da die Verjährungsfrist für Arglist (§ 438 III) wegen § 202 I nicht verkürzt werden kann, kommen zu Lasten des Verbrauchers praktisch nur gebrauchte Waren (II 1 Hs 2) und Baumaterialien (§ 438 I Nr 2 lit b), nicht aber neue Mobilien, in Betracht.
II. Gebrauchte Sachen.
Rn 10
Von großer praktischer Bedeutung ist die Verkürzung der Verjährungsfrist bei gebrauchten Waren auf ein Jahr, da sie für Mobilien entspr den Marktusancen, zB Gebrauchtwagenhandel, Tiere, Second Hand Shops, eine Halbierung der gesetzlichen Frist von 2 Jahren (§ 438 I Nr 3) vorsieht. Nach bisheriger Rechtslage war § 476 II aE aF allerdings richtlinienwidrig, weil Art 7 I UAbs 2 der VerbrGKRL den Mitgliedstaaten nur die Befugnis verlieh, im Falle gebrauchter Güter vorzusehen, dass die Parteien die Haftungsdauer des Verkäufers auf ein Jahr ab Lieferung begrenzen dürfen, ihnen dagegen nicht die Möglichkeit einräumte, zu bestimmen, dass die Parteien die Dauer der in Art 5 I 2 VerbrGKRL genannten Verjährungsfrist begrenzen dürfen (EuGH 13.7.17 – C-133/16 (Ferenschild), JZ 18, 298 Rz 44 ff, va Rz 47; BGH MDR 19, 1497 [BGH 09.10.2019 - VIII ZR 240/18] Rz 22; BGH BeckRS 20, 35578 Rz 20 ff; i Erg zust Jaensch jM 19, 90; näher s Kommentierung der 16. Aufl). Diese Differenzierung hat der europäische Gesetzgeber iRd die VerbrGKRL ersetzenden WKRL aufgegeben. Art 10 V, VI der WKRL ermöglichen nunmehr ausdr auch die Verkürzung von Verjährungsfristen, soweit ein Jahr nicht unterschritten wird (BTDrs 19/27424, 43). Hintergund sind Rücksichtnahme auf und Kongruenz mit nat Regelungen (WKRL Erw 42). Somit hat sich zumindest diesbzgl eine Neuregelung für den deutschen Gesetzgeber erübrigt (Rapp NJW 21, 969, 972). Tw wird trotzdem an der RL-Konformität der alten bzw neuen Regelung gezweifelt, da auch von der gesetzlichen Ablaufhemmung des § 475e III abgewichen werden und so die faktische Geltendmachung der Mängelrechte für den Verbraucher erheblich erschwert werden kann (vgl Wilke VuR 21, 283, 291; Rapp NJW 21, 969, 972f). Für die auch iRv § 474 II 2 und faktisch § 477 (s dort Rn 1, 7) wichtige Definition der Gebrauchtheit gilt: Grundsatz ist die objektive Bestimmung (die einer Parteivereinbarung entzogen ist BGH NJW 07, 674, 677; Hamm BeckRS 14, 04304; MüKo/Lorenz § 474 Rz 18; aA Schlesw ZGS 06, 277, 279; HP/Faust § 474 Rz 30: Vertragsinhalt). Danach ist ›neu‹ die noch nicht benutzte Kaufsache, zB das noch nicht gefahrene Auto. Deshalb stehen normale Lagerzeiten, das Fehlen der Originalverpackung, Kürzestnutzungen, zB Ausprobieren von Garderobe, der Neuheit nicht entgegen. Diese objektive Definition ist aber nicht abschließend, sondern die Parteien können in Grenzfällen (Kurzzeitnutzung, lange gelagerte Produkte) eine Vereinbarung über Neu- oder Gebrauchtheit treffen, vorausgesetzt der Vertragsinhalt iÜ einschl der Kaufpreisgestaltung stimmt damit überein (zu den Grenzen für sog B-Ware s Hamm BeckRS 14, 04304) Bsp: Kraftfahrzeuge sind neu trotz Tageszulassung (HP/Faust § 474 Rz 31; Staud/Matusche-Beckmann § 475 Rz 91 mwN), Zugehörigkeit zur Vorserie, sie sind gebraucht als Vorführwagen (Staud/Matusche-Beckmann § 475 Rz 91; s § 434 Rn 100), bei langer Standzeit, die zu Mängeln oder Wertminderung wegen Alters führt (MüKo/Lorenz § 474 Rz 19 mwN; s § 434 Rn 100); Antiquitäten sind grds gebraucht (MüKo/Lorenz § 474 Rz 19; aA: wegen des Werts ist Kriterium ›gebraucht‹ sinnlos Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland/Haas Kap 5 Rz 434), außer sie werden als ›komplett restauriert‹ verkauft; Kunstwerke sind gebraucht, außer sie wurden bisher nicht ausgestellt (MüKo/Lorenz § 474 Rz 19); obwohl nicht passend, gilt die Differenzierung angesichts des eindeutigen Willens des Gesetzgebers auch für Tiere: für die Abgrenzung ›neu‹/›neu hergestellt‹ und ›gebraucht‹ iSd §§ 474 II 2, 309 Nr 8 lit b Doppelbuchst ff ist nicht nur eine nutzungs-, sondern auch eine rein lebensaltersbedingte Steigerung des Sachmängelrisikos zu berücksichtigen, zB ist ein sechs Monate...