Rn 4
Jede Abweichung, auch außerhalb des Kaufvertrags (Erman/Grunewald Rz 5), ist nachteilig, die die Rechtsstellung des Verbrauchers verglichen mit den von I 1 Alt 1 zugunsten des Verbrauchers für zwingend erklärten Normen verschlechtert (BGH NJW 22, 686 [BGH 10.11.2021 - VIII ZR 187/20] Rz 39: Unterschreitung des gesetzlichen Standards). Dazu gehören reduzierte Rechtsfolgen – außerhalb von Schadensersatz (III) –, erhöhte materielle Anforderungen, zB beim Verschulden, zusätzliche formale Erfordernisse, zB Mängelrüge/-anzeige (vgl Erman/Grunewald Rz 5) sowie sonst jede Erschwerung für die Durchsetzung der Rechte des Verbrauchers (Nürnbg NJW 05, 3000, 3002 [OLG Nürnberg 23.08.2005 - 3 U 991/05] für abw Bezeichnung von ›Gefahrübergang‹ in Information). Auf nachteilige Abweichungen kann sich der Unternehmer auch dann nicht berufen, wenn der Verbraucher eine gleichwertige Kompensation erhält. Unwirksam ist auch eine Vereinbarung, wonach die Nachlieferung eines höherwertigen Modells iSd § 439 I von einer (anteiligen) Zuzahlung des Käufers abhängt (Höpfner/Schneck NJW 22, 1209, 1210). Die Reichweite der Regelung ist str:
1. Beschränkung auf Mängelrecht.
Rn 5
§ 433 und der in § 475 III 2 ausgeschlossene § 447 II sind Grundlage nicht nur für Mängelrechte, sondern auch für Ansprüche des Käufers wegen Nichtlieferung und Verzug. Allein darauf bezogene, also Mängelrechte nicht beeinträchtigende Vereinbarungen sind daher nicht durch I 1 beschränkt (Erman/Grunewald Rz 4). Diese Limitierung folgt aus der ausschl Regelung der Vertragswidrigkeit der Kaufsache in der WKRL, die mit dem zeitlichen Kriterium der ›Mitteilung eines Mangels‹ ausreichend deutlich in § 476 Eingang gefunden hat: Wird die Sache nicht oder mangelfrei zu spät geliefert, ist dieses Kriterium sinnlos. Zu § 447 II sind daher Vereinbarungen zu Transportkosten und -versicherung gestattet (Erman/Grunewald Rz 13, auch zur Offenlegungspflicht; aA Koch WM 02, 2217, 2228); sie tangieren das Verbot von § 475 III 2 nicht, dass der Käufer das transportbezogene Mangelrisiko trägt.
2. Kein Ausschluss wegen Kenntnis des Käufers.
Rn 6
I 1 Alt 1 enthält weiterhin das grds Verbot abweichender Vereinbarungen, die zu einer Haftungsbeschränkung des Unternehmers führen. Neu ist die Ausn von § 442 aus der Verweisung. Hintergrund ist, dass die WKRL keinen Haftungsausschluss bei reiner Kenntnis o fahrlässiger Unkenntnis vom Mangel – wie § 442 I statuiert – vorsieht. Aufgrund des vollharmonisierenden Charakters der RL (Art 4), findet § 442 im Verbrauchsgüterkauf daher keine Anwendung mehr (BTDrs 19/27424, 42). An die Stelle von § 442 tritt im Verbrauchsgüterkaufrecht I 2.