Rn 10
Von großer praktischer Bedeutung ist die Verkürzung der Verjährungsfrist bei gebrauchten Waren auf ein Jahr, da sie für Mobilien entspr den Marktusancen, zB Gebrauchtwagenhandel, Tiere, Second Hand Shops, eine Halbierung der gesetzlichen Frist von 2 Jahren (§ 438 I Nr 3) vorsieht. Nach bisheriger Rechtslage war § 476 II aE aF allerdings richtlinienwidrig, weil Art 7 I UAbs 2 der VerbrGKRL den Mitgliedstaaten nur die Befugnis verlieh, im Falle gebrauchter Güter vorzusehen, dass die Parteien die Haftungsdauer des Verkäufers auf ein Jahr ab Lieferung begrenzen dürfen, ihnen dagegen nicht die Möglichkeit einräumte, zu bestimmen, dass die Parteien die Dauer der in Art 5 I 2 VerbrGKRL genannten Verjährungsfrist begrenzen dürfen (EuGH 13.7.17 – C-133/16 (Ferenschild), JZ 18, 298 Rz 44 ff, va Rz 47; BGH MDR 19, 1497 [BGH 09.10.2019 - VIII ZR 240/18] Rz 22; BGH BeckRS 20, 35578 Rz 20 ff; i Erg zust Jaensch jM 19, 90; näher s Kommentierung der 16. Aufl). Diese Differenzierung hat der europäische Gesetzgeber iRd die VerbrGKRL ersetzenden WKRL aufgegeben. Art 10 V, VI der WKRL ermöglichen nunmehr ausdr auch die Verkürzung von Verjährungsfristen, soweit ein Jahr nicht unterschritten wird (BTDrs 19/27424, 43). Hintergund sind Rücksichtnahme auf und Kongruenz mit nat Regelungen (WKRL Erw 42). Somit hat sich zumindest diesbzgl eine Neuregelung für den deutschen Gesetzgeber erübrigt (Rapp NJW 21, 969, 972). Tw wird trotzdem an der RL-Konformität der alten bzw neuen Regelung gezweifelt, da auch von der gesetzlichen Ablaufhemmung des § 475e III abgewichen werden und so die faktische Geltendmachung der Mängelrechte für den Verbraucher erheblich erschwert werden kann (vgl Wilke VuR 21, 283, 291; Rapp NJW 21, 969, 972f). Für die auch iRv § 474 II 2 und faktisch § 477 (s dort Rn 1, 7) wichtige Definition der Gebrauchtheit gilt: Grundsatz ist die objektive Bestimmung (die einer Parteivereinbarung entzogen ist BGH NJW 07, 674, 677; Hamm BeckRS 14, 04304; MüKo/Lorenz § 474 Rz 18; aA Schlesw ZGS 06, 277, 279; HP/Faust § 474 Rz 30: Vertragsinhalt). Danach ist ›neu‹ die noch nicht benutzte Kaufsache, zB das noch nicht gefahrene Auto. Deshalb stehen normale Lagerzeiten, das Fehlen der Originalverpackung, Kürzestnutzungen, zB Ausprobieren von Garderobe, der Neuheit nicht entgegen. Diese objektive Definition ist aber nicht abschließend, sondern die Parteien können in Grenzfällen (Kurzzeitnutzung, lange gelagerte Produkte) eine Vereinbarung über Neu- oder Gebrauchtheit treffen, vorausgesetzt der Vertragsinhalt iÜ einschl der Kaufpreisgestaltung stimmt damit überein (zu den Grenzen für sog B-Ware s Hamm BeckRS 14, 04304) Bsp: Kraftfahrzeuge sind neu trotz Tageszulassung (HP/Faust § 474 Rz 31; Staud/Matusche-Beckmann § 475 Rz 91 mwN), Zugehörigkeit zur Vorserie, sie sind gebraucht als Vorführwagen (Staud/Matusche-Beckmann § 475 Rz 91; s § 434 Rn 100), bei langer Standzeit, die zu Mängeln oder Wertminderung wegen Alters führt (MüKo/Lorenz § 474 Rz 19 mwN; s § 434 Rn 100); Antiquitäten sind grds gebraucht (MüKo/Lorenz § 474 Rz 19; aA: wegen des Werts ist Kriterium ›gebraucht‹ sinnlos Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland/Haas Kap 5 Rz 434), außer sie werden als ›komplett restauriert‹ verkauft; Kunstwerke sind gebraucht, außer sie wurden bisher nicht ausgestellt (MüKo/Lorenz § 474 Rz 19); obwohl nicht passend, gilt die Differenzierung angesichts des eindeutigen Willens des Gesetzgebers auch für Tiere: für die Abgrenzung ›neu‹/›neu hergestellt‹ und ›gebraucht‹ iSd §§ 474 II 2, 309 Nr 8 lit b Doppelbuchst ff ist nicht nur eine nutzungs-, sondern auch eine rein lebensaltersbedingte Steigerung des Sachmängelrisikos zu berücksichtigen, zB ist ein sechs Monate altes Hengstfohlen ohne Verwendung als Zucht- oder Reittier neu (BGH NJW 07, 674, 676f); ebenso zu berücksichtigen, ob sie aufgrund Alters nicht mehr als ›jung‹ anzusehen sind (BTDrs 14/6040, 245; noch nicht von der Mutter abgesetztes Hengstfohlen mit sechs Monaten ist noch ›jung‹ BGH NJW 07, 674, 676 f [BGH 15.11.2006 - VIII ZR 3/06]; jedoch ist ein knapp zweieinhalb Jahre alter Hengst, auch ohne Verwendung als Zucht- oder Reittier, der schon seit Längerem von der Mutterstute getrennt und geschlechtsreif ist, nicht mehr ›jung‹ und somit gebraucht (BGH NJW 20, 759, 761 ff [BGH 09.10.2019 - VIII ZR 240/18]; ebenso eine dreieinhalb Jahre alte, bereits zwei Monate berittene Stute (BGH NJW 21, 2281, 2285 [BGH 07.04.2021 - VIII ZR 49/19] Rz 46); für 9 Wochen alten Welpen (LG Aschaffenburg NJW 90, 915 f; Müller in FS Westermann, 517, 531; Westermann ZGS 05, 342, 347; aA Tiere sind generell gebraucht Erman/Grunewald § 474 Rz 10).