Gesetzestext
(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.
(2) 1Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Absatz 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. 2Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. 3Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).
(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.
A. Allgemeines.
Rn 1
Darlehensgebern gibt I ein Recht zur außerordentlichen Kündigung, wenn die Rückzahlung des Darlehens gefährdet ist o sich eine Gefährdung abzeichnet. I ist neben § 498 auf Verbraucherdarlehen anwendbar, wenn kein Zahlungsverzug vorliegt (Stuttg ZIP 17, 1897, 1900 f; Grüneberg FS Nobbe [09], 283, 294 ff; aA Knops WM 12, 1649, 1650f).
Rn 2
I ist abdingbar (Mülbert WM 02, 465, 475), hat aber Leitbildfunktion iSd § 307 II Nr 1 (NK-BGB/Krämer Rz 8; Siol FS Hadding [04], 1157, 1163); in AGB aufgenommene Erleichterungen des Kündigungsrechts sind daher unwirksam (LG Aachen WM 18, 130, 131). Nr 19 III AGB-Banken u Nr. 26 II AGB-Sparkassen, wonach eine Abmahnung erforderlich sein kann (Ddorf BKR 15, 105, 108), erweitern das Recht auf Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung.
Rn 3
Jeder Darlehensnehmer, nicht nur ein Verbraucher, kann einen Darlehensvertrag mit zeitlich gebundenem Sollzinssatz (§ 489 V) u grund- o schiffspfandrechtlicher Sicherung nach II kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten; er muss dem Darlehensgeber aber das Erfüllungsinteresse (Frankf BKR 12, 18 u 66) ersetzen. Der Gesetzgeber wollte damit die Rspr zur Vorfälligkeitsentschädigung (BGHZ 136, 161; 146, 5) kodifizieren (BTDrs 14/6040, 254). II hat Leitbildcharakter, kann also durch AGB nicht verschärft werden.
Rn 4
III stellt klar, dass die Kündigungsrechte aus § 313 (dazu § 313 Rn 28 f) u § 314 (dazu § 314 Rn 7 ff) unberührt bleiben (KG WM 10, 1890). Auch sonstige ordentliche o außerordentliche Kündigungsrechte (§§ 488 III, 489 I, 321), etwa bei unterlassener Sicherheitenverstärkung (Nr. 13 AGB-Banken), sowie Anfechtungsrechte (Saarbr WM 06, 2251) können neben den Kündigungsrechten aus I u II ausgeübt werden. Der Darlehensnehmer schuldet keine Vorfälligkeitsentschädigung, wenn er den Vertrag auch nach §§ 313, 314 kündigen könnte (Karlsr NJW-RR 01, 1492 [OLG Karlsruhe 25.06.2001 - 9 U 143/00]). Für Verbraucherdarlehen sind § 498, § 499u § 502 zu beachten.
B. Außerordentliches Kündigungsrecht des Darlehensgebers (Abs 1).
Rn 5
Die fristlos zulässige Kündigung nach I setzt außer einem wirksamen Vertrag über ein (un)verzinsliches Gelddarlehen voraus, dass zwischen Vertragsschluss u Kündigungszeitpunkt in den speziellen Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers o in der Werthaltigkeit einer gestellten (Dritt-)Sicherheit objektiv (Freitag WM 01, 2370, 2373) eine wesentliche Verschlechterung (dazu Knops WM 12, 1649 ff; Regenfus ZBB 15, 383 ff), etwa aufgrund laufender Verluste o Erhöhung des Verschuldungsgrades anhand Bilanzkennziffern eingetreten ist o akut zu befürchten ist, dass diese eintreten wird, u der Darlehensnehmer (kumulativ) nach einer sorgfältigen Prognose – auch unter Berücksichtigung der Sicherheiten – deshalb bei Fälligkeit nicht in der Lage sein wird, das Darlehen vollständig zurückzuzahlen (Ddorf ZIP 20, 1654, 1655 f; Brandbg WM 10, 605, 606; Frankf ZIP 03, 1084). § 6 II 1 VermG (Überschuldung o Kapitalunterdeckung) ist für die Auslegung des § 490 ohne Relevanz (aA Knops WM 12, 1649, 1652). Bei Gesamtschuldnern kann genügen, dass der Kündigungsgrund in der Person eines von ihnen vorliegt (München NJW-RR 96, 370). Ein bei Vertragsschluss feststehender alsbaldiger Wegfall einer Sicherheit (Nürnbg WM 12, 1866) o ein Wegfall einer wenig werthaltigen Sicherheit (Frankf ZIP 02, 1030) genügen nicht. Lohneinbehalt bei Arbeitgeberdarlehen ist von vornherein keine werthaltige Sicherheit (BAG NJW 14, 2138 [BAG 12.12.2013 - 8 AZR 829/12] Rz 21).
Rn 6
Wichtige Anhaltspunkte einer wesentlichen Vermögensverschlechterung, die eine Gesamtwürdigung auf fundierter Tatsachenbasis erfordert, sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gg den Darlehensnehmer (BGH NJW 86, 1928; WM 85, 1493; Stuttg ZIP 17, 1897, 1898; Frankf BKR 03, 870) wie zB Vorladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (BGH WM 88, 1223) sowie ständige erhebliche Kon...