Gesetzestext
(1) Der Verbraucherdarlehensvertrag und die auf Abschluss eines solchen Vertrags vom Verbraucher erteilte Vollmacht sind nichtig, wenn die Schriftform insgesamt nicht eingehalten ist oder wenn eine der in Artikel 247 §§ 6 und 10 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben fehlt.
(2) 1Ungeachtet eines Mangels nach Absatz 1 wird der Verbraucherdarlehensvertrag gültig, soweit der Darlehensnehmer das Darlehen empfängt oder in Anspruch nimmt. 2Jedoch ermäßigt sich der dem Verbraucherdarlehensvertrag zugrunde gelegte Sollzinssatz auf den gesetzlichen Zinssatz, wenn die Angabe des Sollzinssatzes, des effektiven Jahreszinses oder des Gesamtbetrags fehlt.
(3) Ist der effektive Jahreszins zu niedrig angegeben, so vermindert sich der dem Verbraucherdarlehensvertrag zu Grunde gelegte Sollzinssatz um den Prozentsatz, um den der effektive Jahreszins zu niedrig angegeben ist.
(4) 1Nicht angegebene Kosten werden vom Darlehensnehmer nicht geschuldet. 2Ist im Vertrag nicht angegeben, unter welchen Voraussetzungen Kosten oder Zinsen angepasst werden können, so entfällt die Möglichkeit, diese zum Nachteil des Darlehensnehmers anzupassen.
(5) Wurden Teilzahlungen vereinbart, ist deren Höhe vom Darlehensgeber unter Berücksichtigung der verminderten Zinsen oder Kosten neu zu berechnen.
(6) 1Fehlen im Vertrag Angaben zur Laufzeit oder zum Kündigungsrecht, ist der Darlehensnehmer jederzeit zur Kündigung berechtigt. 2Fehlen Angaben zu Sicherheiten, so können Sicherheiten nicht gefordert werden; dies gilt nicht bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen, wenn der Nettodarlehensbetrag 75.000 Euro übersteigt. 3Fehlen Angaben zum Umwandlungsrecht bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen in Fremdwährung, so kann das Umwandlungsrecht jederzeit ausgeübt werden.
(7) Der Darlehensgeber stellt dem Darlehensnehmer eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung, in der die Vertragsänderungen berücksichtigt sind, die sich aus den Absätzen 2 bis 6 ergeben.
A. Allgemeines.
Rn 1
VI 2 wurde zum 21.3.16 (§ 491 Rn 7) neu gefasst u Halbs 2, früher 3, auf Allgemein-Verbraucherdarlehen beschränkt, VI 3 Fremdwährungsimmobiliardarlehen betreffend hinzugefügt, VII 2 zum 13.6.14 gestrichen u die Regelung ohne sachliche Änderung in § 356b III übernommen. Der halbzwingende (§ 512 1) § 494 erfordert einen Verstoß gg § 492 I, II iVm Art 247 § 6u §§ 10–13 EGBGB. Er verdrängt innerhalb seines mit § 492 (§ 492 Rn 9 ff) identischen Anwendungsbereichs die §§ 125, 139 (LG Hambg NJW-RR 94, 246, 247 f [LG Hamburg 30.09.1993 - 321 O 174/92]; Staub/Renner Kreditgeschäft Rz 699; Soergel/Seifert Rz 4). Rechtsfolge eines Formmangels ist grds die Gesamtnichtigkeit des Vertrags, auch wenn die Schriftform grds gewahrt ist, aber eine der in I aufgeführten Pflichtangaben fehlt (BGHZ 165, 213, 217). Von I ausgenommen sind die gem § 492 II erforderlichen Pflichtangaben nach Art 247 § 7–8 EGBGB, ua Notarkosten, Versicherungen, Sicherheiten u Vorfälligkeitsentschädigung (Bülow/Artz Rz 17 ff). Schadensersatzansprüche nach § 280 I (Bülow/Artz Rz 42), ein Einigungsmangel (§ 154; Karlsr ZIP 06, 1289, 1291) sowie andere Nichtigkeitsgründe, zB §§ 134, 138, bleiben unberührt u sind nicht nach II–VI heilbar (Karlsr WM 00, 1996, 2006). Das Widerrufsrecht nach § 495 besteht sowohl beim formnichtigen als auch beim nach II 1 geheilten Vertrag (Staud/Kessal-Wulf Rz 19; MüKo/Weber Rz 7).
Rn 2
Bei einer inhaltlich unrichtigen Pflichtangabe tritt keine Nichtigkeit ein (BGHZ 167, 239 Rz 14; WM 06, 1243, 1246; NJW 04, 154, 155; NJW-RR 04, 632, 634); auch nicht bei grober Unrichtigkeit (Staud/Kessal-Wulf Rz 9; Nobbe/Müller-Christmann Rz 5; aA Müko/Weber Rz 12; Erman/Nietsch Rz 4); zur unechten Abschnittsfinanzierung beachte BGH WM 06, 1243; Brandenbg WM 06, 168, 2169; zum effektiven Jahreszins Rn 10). Die falschen Angaben werden – soweit sie nicht von der vertraglichen Einigung abweichen (vgl MüKo/Weber Rz 12) – Inhalt des Vertrages (BGH NJW 06, 1955 [BGH 25.04.2006 - XI ZR 106/05]; NJW-RR 05, 483 [BGH 14.09.2004 - XI ZR 11/04]). Der Verbraucher kann den Vertrag ggf anfechten (§§ 119, 123) o Schadensersatz gem § 280 I verlangen (Bülow/Artz Rz 49). Eine falsche Angabe des Verwendungszwecks ist unschädlich.
Rn 3
Um einen ›angemessenen Kompromiss‹ (BGHZ 179, 260 Rz 30) zwischen den Interessen der Vertragsparteien herbeizuführen, hat der Gesetzgeber in Einklang mit Art 23 VerbrkrRL 2008 unter den Voraussetzungen des II 1 eine Heilung (ex nunc) des nichtigen Vertrags vorgesehen, zugleich aber die Ansprüche des Darlehensgebers durch ein ausdifferenziertes fehlerkongruentes Sanktionssystem (BGHZ 165, 213, 220) auf Zinsen u Kosten in II 2, III–VI begrenzt, je nachdem ob die Schriftform o welche der erforderlichen Pflichtangaben fehlt; bei mehreren Formverstößen kann eine Kumulation der Rechtsfolgen eintreten (Karlsr NJW-RR 04, 1497 [OLG Karlsruhe 24.09.2003 - 6 U 52/03]; Bülow/Artz Rz 47). VII (Abschrift des Vertrags) ergänzt § 492 III 1. Die Heilung überwindet sämtlich...