I. Qualifizierter Verzug des Darlehensnehmers (S 1 Nr 1).
Rn 7
Ein Kündigungsrecht des Darlehensgebers setzt zunächst voraus, dass der Darlehensnehmer mit mindestens zwei aufeinander folgenden Teilzahlungen ganz o teilweise in Verzug (§ 286), nicht nur in Rückstand, geraten ist. Sämtliche rückständigen Teilzahlungen einschließlich einer Anzahlungsrate (Bülow/Artz Rz 14; aA Erman/Nietsch Rz 9) sind in die Betrachtung einzubeziehen. Der Tilgung nur jeder zweiten Rate durch den Verbraucher kann mit einer (formularmäßigen) Verrechnungsabrede (MüKo/Weber Rz 12; Langenbucher NJW 08, 3169, 3171) sowie mit der Anwendung des § 242 (aA Bülow/Artz Rz 15) begegnet werden. Davon ist allerdings eine Ausnahme zu machen, wenn der Verbraucher zur Abwendung der Zwangsvollstreckung auf eine konkrete, bereits titulierte Rate zahlt. Nach aA (Staud/Kessal-Wulf Rz 11; Grüneberg/Weidenkaff Rz 3) enthält eine Teilzahlungsabrede eine Abrede über die Verrechnung jeder Zahlung auf die älteste offene Rate.
Rn 8
Bei einer Laufzeit des Verbraucherdarlehensvertrags bis zu 3 Jahren ist ein Zahlungsverzug mit mindestens 10 % des Darlehensnennbetrags, bei einer Laufzeit von mehr als 3 Jahren ein solcher mit 5 % erforderlich (I 1 Nr 1b). In Abweichung davon genügt bei Immobiliardarlehen der Verzug mit mindestens 2,5 % des Darlehensnennbetrags. Sämtliche rückständigen Teilzahlungen einschließlich einer Anzahlungsrate sind in die Berechnung einzubeziehen, auch wenn sie nicht aufeinander folgen. Beim Kontokorrentratenkredit ist entscheidend, welche Mindestraten der Verbraucher hätte erbringen müssen; bei Rahmenkrediten ist nicht auf den Höchstbetrag des Kredits, über den der Verbraucher verfügen könnte, sondern auf die tatsächliche Kreditausnutzung abzustellen. Bei Finanzierungsleasingverträgen ist maßgebliche Bezugsgröße die Summe der rückständigen Brutto-Leasingraten (BGHZ 147, 7, 16; NJW-RR 05, 1410) ohne Berücksichtigung des kalkulierten Restwerts (Staud/Kessal-Wulf Rz 15).
II. Zweiwöchige Nachfrist mit Kündigungsandrohung (S 1 Nr 2).
Rn 9
Die zweiwöchige Nachfrist ist eine Mindestfrist. Setzt der Darlehensgeber eine zu kurze Nachfrist, ist diese insgesamt unwirksam. Nachfristsetzung u unmissverständliche (Celle BKR 05, 65, 66) Kündigungsandrohung sind miteinander zu verbinden. Wird die Kündigungsandrohung nachgeholt, beginnt die Nachfrist erst mit ihrem Zugang. Für den Verbraucher muss hinreichend deutlich werden, dass ihm die zweiwöchige Mindestfrist ab Zugang der Kündigungsandrohung verbleibt (Ddorf OLGR 97, 89). Das Setzen der Nachfrist vor Verzugseintritt ist regelmäßig unwirksam (BGH NJW 96, 1814 [BGH 15.03.1996 - V ZR 316/94] zu § 326 aF); indes können Mahnung u Nachfristsetzung miteinander verbunden werden (vgl BGH NJW-RR 90, 442 [BGH 10.01.1990 - VIII ZR 337/88] zu § 326 aF), nicht hingegen Nachfristsetzung mit (vorsorglicher) Kündigung für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs (LG Kiel WM 06, 808; Bülow/Artz Rz 24). Wegen der mit 1 Nr 2 einhergehenden Warnfunktion muss die Fristsetzung mit Kündigungsandrohung auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen (§ 492 V). Die Wiederholung des Gesetzeswortlauts ist ratsam, aber nicht zwingend (BGH WM 97, 34 [BGH 20.09.1996 - V ZR 191/95] zu § 326 aF). Bei Gesamtschuldnern sind die Voraussetzungen von 1 Nr 2 ggü jedem einzelnen Kreditnehmer, der die Verbrauchereigenschaft erfüllt, herbeizuführen (arg § 425 II; BGH NJW 00, 3133; Karlsr NJW 98, 1438, 1440). Für die spätere Kündigung genügt es, dass der Kündigungsgrund in der Person nur eines Gesamtschuldners gegeben ist (BGHZ 144, 370, 379; Celle OLGR 97, 61; München WM 96, 1623).
Rn 10
Der Darlehensgeber muss den rückständigen Betrag, von dessen fristgerechter Bezahlung der Fortbestand des Kredits abhängen soll, genau beziffern; dieser setzt sich aus dem zusammen, was der Darlehensnehmer nach § 497 I u II schuldet (BGH NJW-RR 05, 1410). Zeitlicher Anknüpfungspunkt ist das Datum der Abgabe der Kündigungsandrohung. Die für den Fall einer Gesamtfälligstellung nach § 501 ermäßigte Restschuld muss nicht angegeben werden (Nürnbg WM 09, 1744, 1745; Celle BKR 05, 65; Oldenbg DAR 03, 460; Staub/Renner Kreditgeschäft Rz 801; MüKo/Weber Rz 18; aA Ddorf WM 95, 1530, 1532). Fehlerhafte Angaben – va eine Zuvielforderung, etwa weil in die Forderung unzulässige Bankentgelte, überhöhte Verzugszinsen, unberechtigte Mahn- o Inkassokosten eingeflossen sind – haben die Unwirksamkeit der Kündigungsandrohung zur Folge (BGH NJW-RR 05, 1410, 1412; Karlsr ZIP 14, 964, 965). Dies gilt auch für einen nur geringfügig überhöhten rückständigen Betrag, wobei es im Einzelfall gg Treu u Glauben verstoßen kann, wenn sich der Schuldner auf Abweichungen im Bereich von Centbeträgen o auf offensichtliche ›Zahlendreher‹ beruft (BGH aaO).