I. Legaldefinition; Voraussetzungen.
Rn 4
I 1 enthält eine Legaldefinition der eingeräumten Überziehungsmöglichkeit, nicht auch des laufenden Kontos. Dabei muss es sich um ein Kontokorrentkonto (§ 355 I HGB) handeln, das dem Zahlungsverkehr dient, durch mehr o weniger regelmäßige Zahlungseingänge gespeist wird u nach Vorstellung der Parteien im Prinzip auf Haben-Basis geführt werden soll (LG Berlin WM 99, 2156, 2157). Dass dem Darlehensnehmer sofort eine Kreditlinie eingeräumt wird, ist ebenso unschädlich wie die nachträgliche Einräumung einer kurzfristigen Überziehungsmöglichkeit (Ddorf BKR 15, 105, 107; MüKo/Weber Rz 9). Die Abwicklung eines Sonderzahlungsverkehrs (zB Baukonto, Wertpapierabwicklungskonto) wird von § 504 nicht erfasst (Staud/Kessal-Wulf Rz 14). § 504 greift auch ein, wenn der Zahlungsdiensterahmenvertrag (§ 676f) u die Kontokorrentabrede (§ 355 I HGB) unwirksam sind.
Rn 5
Der Darlehensgeber muss dem Darlehensnehmer durch vorherige Vereinbarung (sonst § 505) das Recht einräumen, sein laufendes Konto in bestimmter (nicht nur bestimmbarer) Höhe zu überziehen. Betreuer bedürfen der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, soweit es nicht um eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit für das auf einem Girokonto des Betreuten bei einem Kreditinstitut bereitzuhaltende Verfügungsgeld geht (§ 1854 Nr 2; vgl zur Rechtslage bis Ende 2022 s 17. Aufl Rz 5 sowie KG NJW-RR 10, 150 [KG Berlin 13.10.2009 - 1 W 161/08]). Ist kein Überziehungslimit festgelegt, ist § 492 zu beachten (Bülow/Artz Rz 19). Eine absolute Obergrenze für einen Überziehungskredit sowie eine Unter- o Obergrenze für die Laufzeit schreibt § 504 nicht vor. Ein Recht des Darlehensgebers zur jederzeitigen fristlosen Kündigung kann vereinbart werden (I 4, II 1).
Rn 6
In der nachträglichen Erhöhung des Überziehungslimits ist ein Angebot auf Erweiterung der bestehenden vertraglichen Regelung zu sehen, das vom Darlehensnehmer (konkludent) angenommen werden kann, in seiner Reduzierung eine Teilkündigung, die dem Darlehensnehmer zugehen muss.
II. Rechtliche Behandlung.
Rn 7
Überziehungskredite (I) sind Allgemein-Verbraucherdarlehen (§ 491 II). Sie erlöschen nicht automatisch mit der Umwandlung eines Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto (BGH WM 13, 1976, Rz 32, 34), sondern müssen gekündigt werden. Es gelten grds die §§ 491 ff, insb die vorvertraglichen Informationspflichten (§ 491a), ab 21.6.16 auch die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung (§§ 505a – 505e), die Formerfordernisse des § 492 I nur, sofern nicht II 2 eingreift. Ausgenommen nach Maßgabe des I 2, 4 sind lediglich die §§ 502, 499 I. Die Beweislast für das Vorliegen eines in § 504 enthaltenen, für ihn günstigen Ausnahmetatbestands hat der Darlehensgeber.
Rn 8
Die in I 1 angeführten Unterrichtungspflichten (Art 247 § 16 Nr 1–8 EGBGB) gelten zusätzlich zu §§ 491 ff. Die Unterrichtung hat ›in regelmäßigen Zeitabständen‹ in Textform zu erfolgen. Der Gesetzgeber (BTDrs 16/11643, 89) stellt sich darunter nicht nur zeitlich aufeinander abgestimmte Termine vor (wöchentlich, monatlich, vierteljährlich), sondern erwartet auch, dass der Darlehensnehmer dadurch ›angemessen‹ informiert ist; ein jährlicher Rhythmus reicht nicht. Die Beweislast für die Erfüllung trägt der Darlehensgeber.
Rn 9
Der Anwendungsbereich des § 493 III wird modifiziert. Zu unterrichten ist nur bei einer Erhöhung des Sollzinssatzes; insoweit gilt Art 247 § 15 EGBGB. Unter denselben Maßgaben (›entsprechend‹) ist auch bei Erhöhung sonstiger Kosten zu unterrichten. Eine Erhöhung ist erst nach Unterrichtung wirksam (§ 493 III 1).
Rn 10
Für die Unterrichtung des Verbrauchers ist gem § 492 V ab 13.6.2014 durch das G zur Umsetzung der VerbrRRL ein dauerhafter Datenträger (§ 126b I 2) vorgesehen. Ein Kontoauszug genügt den Anforderungen, sofern die Informationen für den Kunden hinreichend erkennbar werden. Bereitstellung des Kontoauszugs über einen Kontoauszugsdrucker genügt grds.
Rn 11
Für eine Verletzung der Unterrichtungspflichten ist eine besondere Sanktion nicht vorgesehen. Für einen Anspruch des Darlehensnehmers aus § 280 I wird oftmals ein adäquat-kausaler Schaden fehlen. Es kommt aber eine Sanktion nach dem UWG in Betracht.
Rn 12
Eine Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 ist, wie in Art 16 III Buchst b VerbrKrRL bestimmt, nach dem klarstellenden I 2 ausgeschlossen. Der Verbraucher soll Überziehungskredite schnell u problemlos zurückzahlen können. Zur Verjährung ist § 497 III 3 (dort Rn 16) zu beachten.