Prof. Dr. Michael Stürner
I. Gegenstand.
Rn 4
Gegenstand der Zuwendung kann das Vermögen (§ 311b III) oder jeder übertragbare Vermögensgegenstand sein. Darunter fallen auch die Bestellung einer Sicherheit für eine fremde Schuld (BGH MDR 55, 283) und eine Gesellschaftsbeteiligung (BGH NJW 81, 1956; BGHZ 112, 40; vgl auch Rn 17). Auch der Verzicht auf ein Wohnungsrecht (BGH MDR 21, 223) oder auf einen Nießbrauch ist eine Schenkung (Köln NJW-RR 17, 915 [OLG Köln 09.03.2017 - 7 U 119/16]); generell kann jede Aufgabe von Nutzungsrechten ggf als Schenkung einzuordnen sein, dazu Herrler DNotZ 19, 493, 499 ff; M. Roth ZEV 19, 445. Anders liegen die Dinge nur dann, wenn das Recht löschungsreif ist, die Zustimmung zur Löschung im Grundbuch also nur dessen Berichtigung dient (BGH MDR 21, 223 [BGH 20.10.2020 - X ZR 7/20]).
Rn 5
Nach dem Maß an Konkretisierung des Verwendungszwecks bestimmt sich, ob bei Hingabe von Geld zum Erwerb eines Gegenstands dieser oder das Geld zugewandt ist (BGH NJW 72, 247; Hamm FamRZ 01, 546).
II. Entreicherung und Bereicherung.
Rn 6
Die Zuwendung führt zur Entreicherung des Schenkers und Bereicherung des Beschenkten.
Rn 7
Entreicherung bedeutet Minderung, Bereicherung Vermehrung der Vermögenssubstanz (BGHZ 101, 229). Deshalb sind die Überlassung des Gebrauchs einer Sache (BGHZ 82, 354: Wohnung), selbst auf Lebenszeit (zuletzt BGH NJW 16, 2652 Rz 17f), sowie Arbeits- und Dienstleistungen (BGHZ 101, 229) keine Schenkung. An einer Entreicherung fehlt es auch im Fall des § 517. Eine Sicherheitsleistung für eine fremde Schuld kann eine Vermögensverschiebung sein (BGH MDR 55, 283). Eine Bereicherung tritt auch ein, wenn die Zuwendung satzungsgemäß für wohltätige Zwecke zu verwenden ist (BGH NJW 03, 1384). Die bloße Mittelsperson ist nicht bereichert (BGHZ 157, 178).
Rn 8
Ent- und Bereicherungsgegenstand müssen nicht identisch sein (BGHZ 112, 40). Es schadet also nicht, dass das Erworbene in dieser konkreten Gestalt noch nicht im Vermögen des Schenkers enthalten war (BGHZ 112, 40: Aufnahme als Kommanditist, vgl auch Rn 17; BGH NJW 72, 247 [BGH 03.12.1971 - V ZR 134/69]: Geld zum Erwerb eines Grundstücks).
Rn 9
Bei der Übertragung des Rechts aus einem Sparvertrag oder einer Lebensversicherung ist Gegenstand der Schenkung der Anspruch auf die Versicherungsleistung und nicht nur die aufgewandten Sparraten oder Prämien (BGHZ 185, 252; NJW 04, 214 zur Anfechtung bei Insolvenz; MüKo/Koch Rz 89; anders BGHZ 130, 377 zu § 1374 II).
Rn 10
Der Annahme einer Schenkung steht die Widerruflichkeit als bloße Beschränkung der Zuwendung nicht entgegen (BGH NJW 75, 382; WM 76, 1130). Dasselbe gilt für den vorbehaltenen Anspruch auf Rückübertragung bei bestimmtem Verhalten des Empfängers (vgl BGH FamRZ 02, 1399) oder bei Ehescheidung (Karlsr FamRZ 07, 823).
Rn 11
Zuwendungen an Stiftungen, seien sie stiftungskapitalerhöhend oder an den zeitnahen Einsatz für Stiftungszwecke gebunden, sind Schenkungen (BGHZ 157, 178); bei einer Bindung kommt eine Aufl in Betracht (MüKo/Koch Rz 99). Dagegen ist die Zuwendung von Stiftungsleistungen keine Schenkung; Rechtsgrund ist der Stiftungszweck (BGH NJW 10, 234 [BGH 07.10.2009 - Xa ZR 8/08]; aA Muscheler NJW 10, 341).
III. Unentgeltlichkeit.
Rn 12
Die Zuwendung muss objektiv unentgeltlich, also weder zur Erfüllung einer Leistungspflicht erfolgt noch von einer Gegenleistung abhängig sein. Die Gegenleistung kann auch darin bestehen, dass mit der Erreichung des Zwecks vorangegangener Leistungen des Empfängers ein Bereicherungsausgleich nach § 812 I 2 2. Alt vermieden wird (BGH NJW 12, 605 [BGH 18.10.2011 - X ZR 45/10]: Aufwendungen in Haus in Erwartung späterer Eigentumsübertragung). Die Gegenleistung kann auch immateriell sein (BGH NJW-RR 90, 386 [BGH 17.01.1990 - XII ZR 1/89]; NJW 92, 238). Weder die einseitige Begünstigung des Beschenkten noch dessen freie Verfügungsgewalt über den Gegenstand der Zuwendung werden vorausgesetzt (BGHZ 184, 190). Der Hinweis auf die Vorwegnahme der Erbfolge in einem Übergabevertrag besagt nichts über die Unentgeltlichkeit (BGH NJW 95, 1349 [BGH 01.02.1995 - IV ZR 36/94]; 16, 324 [BGH 07.07.2015 - X ZR 59/13]). ›Gratis-Apps‹ sind nicht notwendig Schenkung, da mit der Bereitstellung personenbezogener und anderer Daten eine Gegenleistung erfolgt, die für den Anbieter geldwerte Vorteile bringt (str, s Schmidt-Kessel/Grimm ZfPW 17, 84; Datta/Klein CR 17, 174, 177 ff).
Rn 13
Verpflichtungen im Gegenseitigkeitsverhältnis (§ 320) schließen eine Schenkung aus. Zur Gegenleistung bei gemischter Schenkung Rn 26 ff.
Rn 14
Der Gegenseitigkeit der Pflichten steht ihre konditionale Verknüpfung gleich: Eine Zuwendung unter der Bedingung, dass der Zuwender ein – nicht geschuldetes – gleichwertiges Äquivalent, zB von einem Dritten, bekommt, ist nicht unentgeltlich (BGH NJW 51, 268 [BGH 10.01.1951 - II ZR 18/50]; 82, 436); dasselbe gilt für eine Zuwendung für den Fall, dass ein Ereignis eintritt, auf das der Empfänger hinarbeiten soll (BGH NJW 09, 2737 [BGH 28.05.2009 - Xa ZR 9/08]: sportlicher Erfolg als Trainer). An dieser Verknüpfung fehlt es bei der Schenkung unter Aufl (§§ 5...