a) ›Goldene Regel‹.
Rn 157
Aus § 569 II ergibt sich, dass der Wohnraummieter die Mietsache grds so gebrauchen darf, dass er andere nicht nachhaltig stört (s im Einzelnen § 569 Rn 9 ff). Ferner muss sich der Mieter so verhalten, dass er andere nicht durch Geräusche und Gerüche oder Einwirkungen in der Gesundheit beeinträchtigt/gefährdet. Erlaubt sind Störungen, die für den Wohnraummieter unvermeidbar sind oder auf die er nach einer Abwägung seiner Grundrechte ggü den Rechten anderer (BGH ZMR 18, 19 Rz 13: Gebot zumutbarer gegenseitiger Rücksichtnahme) und den Wertungen vergleichbarer Regelungen einen Anspruch hat. Es gilt insoweit § 14 WEG Rn 38 analog. Die folgenden Anmerkungen gelten mit dieser Maßgabe.
b) Aufnahme anderer Personen.
aa) Dritte.
Rn 158
Der Mieter ist gem § 540 I 1 ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen (LG Berlin ZMR 18, 935; 18, 930), insb sie weiter zu vermieten (BGH ZMR 04, 100, 102). Eine Gebrauchsüberlassung setzt voraus, dass dem Dritten jedenfalls ein Mitbesitz (§ 854 I) an der Mietsache eingeräumt wird (LG Lübeck ZMR 21, 394). Dies ist zB bei ›couchsurfing‹ nicht der Fall (LG Lübeck ZMR 21, 394). Dritter ist jeder, der nicht Partei des Mietvertrags ist; hiervon ausgenommen sind nach dem Sinn und Zweck von § 540 I die Familie des Mieters wegen ihrer engen, unter dem ausdrücklichen Schutz der Verfassung (Art 6 GG) stehenden persönlichen Beziehung und – mit Rücksicht auf ihren nur kurzen Aufenthalt – Besucher des Mieters. IÜ gilt jedoch, dass andere Personen als der Mieter unter den grds Erlaubnisvorbehalt des § 540 I fallen, unabhängig davon, ob der Mieter ihnen einen Teil der Wohnung zum selbständigen Gebrauch überlässt, oder ob er ihnen lediglich den unselbständigen Mitgebrauch gestattet. § 540 I gilt ferner für jede auf eine gewisse Dauer angelegte Gebrauchsüberlassung, auch wenn diese nur den unselbständigen Mitgebrauch der Mietsache betrifft (BayObLG ZMR 98, 23, 24). Auch für die Aufnahme eines Lebensgefährten bedarf der Mieter einer Erlaubnis (BGH ZMR 04, 100 unter II 3; s.a. BVerfG NJW 00, 2658, 2659). Auf die Erteilung hat er im Regelfall aber einen Anspruch (BGH ZMR 04, 100 unter II 3). Entsteht für den Wohnraummieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen, § 553 I 1 (s § 553 Rn 3).
bb) Familienangehörige.
Rn 159
Der Mieter braucht für die Aufnahme von nächsten Familienangehörigen, von zum Haushalt gehörenden Bediensteten und von Personen, die er zu seiner Pflege benötigt, grds keiner Erlaubnis des Vermieters; diese Personen sind nicht Dritte iSd § 540 I (BGH NJW 91, 1750, 1751; BayObLG ZMR 98, 23, 24). Wo für Familienangehörige im Einzelnen die Grenze zu ziehen ist, ist nicht abschließend geklärt. Zum bevorrechtigten Personenkreis gehören unstrittig der Ehegatte und die gemeinsamen Kinder. IdR werden hierzu aber auch Stiefkinder des Mieters oder seines Ehepartners gezählt (Hamm WuM 97, 364), die Eltern (BayObLG ZMR 98, 23, 24), ebenso uU die Enkel (LG Wuppertal MDR 71, 49), nicht aber die Geschwister des Mieters (BayObLGZ 83, 285, 288) oder dessen Schwägerin. Hat der Mieter seine Ehefrau in die Wohnung aufgenommen, so darf auch deren noch nicht volljähriger Sohn ohne Erlaubnis des Vermieters in der Wohnung leben (AG Neukölln GE 91, 187). Wenn eine konkrete mietvertragliche Vereinbarung fehlt, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, insb auf die Art und den Zuschnitt der Wohnung sowie darauf, ob die Zahl der Personen überschritten wird, mit deren Aufnahme in die Wohnung der Vermieter bei Abschluss des Mietvertrags rechnen musste.
c) Kinder.
Rn 160
Zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung gehört, dass Kinder in ihr spielen dürfen. Selbst häufige und über das übliche Maß hinausgehende Lauf- und Spielgeräusche müssen grds als sozialadäquat hingenommen werden (LG Berlin GE 19, 456). Mitmieter müssen Geräusche hinnehmen, soweit sie unvermeidbar sind, zB Lärm infolge des natürlichen Spiel- und Bewegungstriebes (Ddorf ZMR 97, 181; AG Braunschweig WuM 02, 50). Grds unvermeidbar ist ferner: Babygeschrei, Lachen, Schreien, Weinen (LG München I NJW 05, 2463). Auch die Nutzung eines Kinderspielplatzes gehört idR zum vertragsgemäßen Gebrauch (AG Frankfurt aM WuM 09, 226). Für das Maß kann die Richtlinie über die von Freizeitanlagen verursachten Geräusche herangezogen werden (LG Berlin ZMR 99, 763). Geräuschemissionen, die ihren Ursprung in einem altersgerecht üblichen kindlichen Verhalten haben, ggf auch unter Inkaufnahme erhöhter Grenzwerte für Lärm und entsprechender Begleiterscheinungen kindlichen Verhaltens, sind grds hinzunehmen (BGH ZMR 18, 19 Rz 14). Die Grenze ist im Einzelfall zu bestimmen unter Berücksichtigung namentlich von Art, Qualität, Dauer und Zeit der verursachten Geräuschemissionen, des Alters und des Gesundheitszustandes des Kindes sowie der Vermeidbarkeit der Emissionen etwa durch objektiv gebotene erzieherische Einwirkungen oder durch zumutbare ...