(1) Träger und Allgemeines.
Rn 49
Bei Grundstücken und Räumen treffen die Verkehrspflichten den Vermieter (BGH NZM 18, 509 [BGH 21.02.2018 - VIII ZR 255/16] Rz 20; NJW 15, 2111 [BGH 06.05.2015 - VIII ZR 161/14] zu Legionellen; NJW 09, 143 [BGH 15.10.2008 - VIII ZR 321/07] Rz 13; s § 823 Rn 2 ff). Der Mieter ist der Träger für die Innenräume (Rn 59) sowie für andere Räume und Flächen, wenn die Verkehrspflichten auf ihn insoweit übertragen sind (Rn 59). Ist ein Grundstück gem § 1 V WEG gemE, ist nach § 9a II WEG die GdW verkehrspflichtig (§ 9a WEG Rn 23). Im Falle der Zwangsverwaltung treffen die Verkehrspflichten nach §§ 152, 148 II ZVG den Zwangsverwalter (Hamm ZMR 04, 511, 512); Entsprechendes gilt für den Insolvenzverwalter, § 80 InsO. Die aus den allg Vorschriften herzuleitenden Verkehrspflichten bestehen neben Verpflichtungen, die dem Vermieter vielfach gem Schutzgesetz zB durch PolizeiVO über Beleuchtung, Streupflicht (Rn 53) und dergleichen besonders auferlegt sind, und auch neben evtl vertraglichen Schutzpflichten (BGHZ 5, 378, 380).
(2) Erstreckung.
Rn 50
Die Verkehrspflicht erstreckt sich grds auf alle Teile des Hauses, also nicht nur auf die der gemeinsamen Nutzung unterliegenden Einrichtungen, sondern auch auf die in der Obhut der Mitmieter befindlichen Wohn- und Geschäftsräume und auch auf die nicht ausdrücklich mitvermieteten Hausteile, wie Zugänge und Treppen (s.a. BGH NJW 09, 143 [BGH 15.10.2008 - VIII ZR 321/07] Rz 13). Bei einem Wohngebäude muss zB als Teil der Gebrauchserhaltungspflicht (Rn 134) Sorge getroffen werden wegen: der Balkontrennwände, des Daches und der Dachziegel (Ddorf MietRB 08, 72), der Fassade, des Treppengeländers, des Kellers, der Ein- und Zugänge (Ddorf ZMR 01, 106), der tragenden Wände, der Fenster, Türen und Personenaufzüge, der Fußböden, der Schächte, der Heizungsanlagen, der Garagen, Schuppen und Spielplätze, der Beleuchtungen, der gemeinschaftlichen Flächen und ggf der öffentlichen Straßenflächen.
Rn 51
Zur Verkehrspflicht gehört es idR auch, die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege, insbes vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum, in den Wintermonaten zu räumen und zu streuen (BGH NZM 18, 509 Rz 20). Die Verkehrspflicht beschränkt sich allerdings auf den Bereich des Grundstücks (BGH NZM 18, 509 [BGH 21.02.2018 - VIII ZR 255/16] Rz 22), sofern die Räum- und Streupflicht (Rn 53) für den öffentlichen Gehweg nicht auf die Eigentümer (Anlieger) übertragen worden ist (BGH NZM 18, 509 [BGH 21.02.2018 - VIII ZR 255/16] Rz 22).
(3) Abstrakter Inhalt.
Rn 52
Der Träger muss zur Wahrung der Verkehrspflichten diejenigen Sicherheitsvorkehrungen treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger anderer Träger für ausreichend halten darf, um Mieter, deren Angehörige und ggf Dritte vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (BGH NJW 07, 1683 Rz 14). Indes ist nicht jeder Gefahr vorbeugend zu begegnen. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (BGH NJW 07, 1683 Rz 15; 06, 610). Deshalb sind nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden (BGH NJW 07, 1683 Rz 15). Dem ist genügt, wenn im Erg derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die im Mietrecht herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (BGH NJW 07, 1683, 1684 [BGH 06.02.2007 - VI ZR 274/05]; NJW 06, 610). Kommt es in Fällen, in denen keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, muss der Geschädigte den Schaden selbst tragen (BGH ZMR 06, 675, 676; NJW 06, 610). Werden Mängel bekannt, von denen eine Gefahr für die Mietsache ausgehen kann, muss der Vermieter sie aber unverzüglich beheben (BGH NJW 09, 143 Rz 13). Auch besondere Umstände, wie ungewöhnliche oder wiederholte Störungen, bieten Anlass, nicht nur einen unmittelbar zu Tage getretenen Defekt zu beheben, sondern eine umfassende Inspektion etwa der Elektroinstallationen durchzuführen (BGH NJW 09, 143 [BGH 15.10.2008 - VIII ZR 321/07] Rz 19).
(4) Beispiele.
Rn 53
Zu den Verkehrspflichten gehören va das Schneeräumen (Kobl NJW 08, 1331) und die Beseitigung von Eis oder von nassen Blättern. Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht ist das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen (BGH NJW 12, 2727 Rz 6). Ist eine Streupflicht gegeben, richten sich Inhalt und Umfang nach den Umständen des Einzelfalls (BGH NJW 12, 2727 Rz 6). Die winterliche Streu- und Räumpflicht beschränkt sich idR auf den Zeitraum zwischen dem Einsetzen des allgemeinen Verkehrs am Morgen und dessen Ende in den Abendstunden. Wer sich außerhalb dieser Zeiten bewegt, darf eine Verkehrssicherung grds nicht erwarten (Kobl NJW 08, 1331; Frankf NZM 04, 144). Bei Auftreten von Glätte im Laufe des Tages i...