Rn 166
Ob der Mieter berechtigt ist, eine Parabolantenne zu installieren, ist eine Frage des Einzelfalls, für die sich jede schematische Lösung verbietet (BGH NZM 13, 647 Rz 8; ZMR 08, 187; KG ZMR 08, 207). Die Berechtigung ist auf Grund einer fallbezogenen Abwägung der beiderseits grundrechtlich geschützten Interessen zu klären (BVerfG ZMR 05, 932; NZM 05, 335; BGH NJW 08, 216 Rz 13; ZMR 06, 195, 197). Bei der Installation einer festen Parabolantenne ist zu prüfen, ob die mit der Installation verbundenen Nachteile des Vermieters schützenswerte Interessen des Mieters übersteigen (Rn 171 ›Bauliche Veränderungen‹). Hierbei sind das Grundrecht des deutschen oder ausländischen Mieters auf Informationsfreiheit (Art 5 I 2 Hs 2 GG) und das Eigentumsrecht (Art 14 I 1 GG) des Vermieters gegeneinander abzuwägen (BGH NZM 13, 647 Rz 8; NJW 08, 216 [BGH 10.10.2007 - VIII ZR 260/06] Rz 13). Ein Vorrang des Informationsinteresses des Mieters vor den Eigentumsinteressen des Vermieters ergibt sich nicht aus dem Recht der Europäischen Gemeinschaften (BGH ZMR 06, 195). Der Vermieter muss die Zustimmung zur Errichtung idR erteilen, wenn er keinen Kabelanschluss bereitstellt (BVerfG ZMR 05, 932). Ist ein Kabelanschluss hingegen verfügbar, ist zwar ggf ein sachbezogener Grund zur Versagung gegeben (Frankf ZMR 92, 435, 438). Ein besonderes Informationsinteresse kann aber selbst bei einem Kabelanschluss die Installation einer Parabolantenne rechtfertigen (BGH NZM 07, 597; ZMR 04, 438, 439; AG Frankenthal IMR 19, 16; s.a. BGH ZMR 04, 438, 439). Das trifft insb, aber nicht nur auf Mieter mit ausländischer Staatsangehörigkeit zu, deren Heimatprogramme nicht oder nur in geringer Zahl in das deutsche Kabelnetz eingespeist werden. Sie sind idR daran interessiert, die Programme ihres Heimatlandes zu empfangen, um sich über das dortige Geschehen zu unterrichten und die kulturelle und sprachliche Verbindung aufrechterhalten zu können (BVerfGE 90, 27, 36 [BVerfG 09.02.1994 - 1 BvR 1687/92]). Wegen der damit verbundenen erheblichen Informationseinbußen reicht aber nicht die Möglichkeit des Empfanges terrestrisch ausgestrahlter Rundfunkprogramme über herkömmliche Antennenanlagen. Die grundlegende Bedeutung des Grundrechtes auf Informationsfreiheit wird verkannt, wenn der ausländische Mieter auf einen Kabelanschluss verwiesen wird, der ihm gar keinen oder keinen ausreichenden Zugang zu seinen Heimatprogrammen verschafft (LG Düsseldorf NZM 05, 861, 862). Kann der ausländische Mieter fünf Heimatprogramme mittels eines von ihm zusätzlich anzuschaffenden Decoders über den hauseigenen Kabelanschluss empfangen und stört die geplante Parabolantenne am hierfür vorgesehenen Platz das Gesamtbild der Gebäudefassade, weil diese Seite Gehwegen, Parkplätzen und Nachbarhäusern zugewandt ist, ist es aber nicht weiter zu beanstanden, wenn dem Eigentumsrecht des Vermieters aus Art 14 I 1 GG Vorrang eingeräumt wird (BGH ZMR 06, 195; NZM 05, 335). Bei der Abwägung darf berücksichtigt werden, dass mittlerweile – über das Kabelangebot hinaus – Informationssendungen im Internet allgemein zugänglich sind (BGH NZM 13, 647 Rz 9). Dabei ist unerheblich, dass dieses Informationsangebot kostenpflichtig ist. Die Informationsfreiheit gewährleistet den Zugang zu Informationsquellen iRd allgemeinen Gesetze (Art 5 II GG), aber nicht dessen Kostenlosigkeit (BVerfG NJW-RR 05, 661, 662; BGH NZM 13, 647 Rz 9; ZMR 07, 67 Rz 4), es sei denn, der Mieter wäre nicht imstande, die für die entsprechenden Programmangebote zu entrichtenden Kosten zu tragen.
Rn 167
Die Aufstellung einer mobilen Parabolantenne, zB auf dem mitvermieteten Balkon, ist vertragswidrig, wenn sie sich nicht iRd nach § 535 I 1 zu gewährenden vertragsgemäßen Gebrauchs hält. Der Vermieter kann wegen des durch Art 5 I GG geschützten Interesses des Mieters am zusätzlichen Empfang von Satellitenprogrammen nach Treu und Glauben verpflichtet sein, der Aufstellung zuzustimmen, wenn weder eine Substanzverletzung (BGH NZM 07, 597 [BGH 16.05.2007 - VIII ZR 207/04]; LG Berlin GE 05, 1126) noch eine nennenswerte ästhetische Beeinträchtigung zu erwarten ist, sondern die Antenne keine oder lediglich geringfügige optische Beeinträchtigungen verursacht, zB weil sie auf dem Fußboden im hinteren Bereich eines sichtgeschützten Balkons aufgestellt ist. Der Vermieter muss die Anbringung allerdings nur dulden, wenn die Antenne zur Vermeidung von Gefahren für Dritte und von möglichen Sachschäden fachgerecht installiert wird.
Rn 168
Haben in einem Mietparteienhaus mehrere Mieter in vergleichbarer Weise Parabolantennen angebracht, muss der Vermieter, der Beseitigung verlangt, in ausreichendem Maße vortragen, auch gegen die übrigen Mieter einen Beseitigungsanspruch zu haben und zu verfolgen (BVerfG NZM 07, 125; KG ZMR 08, 207).