1. Allgemeines.
Rn 31
Eine Schriftform ist zum Abschluss eines Mietvertrags grds nicht erforderlich. Allerdings kann sich die Notwendigkeit ergeben, Mietverträge schriftlich abzusetzen oder notariell zu beurkunden, zB aus § 311b. Für die Wohnraum- und Gewerberaummiete folgt eine Besonderheit aus §§ 550, 578, wenn der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden soll (s § 550 Rn 4). Wird die Form nicht gewahrt, ist der Vertrag aber nicht nichtig, sondern gilt gem § 550 S 1 als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Parteien können die Schriftform gem § 127 als Wirksamkeitsvoraussetzung für den Mietvertrag vereinbaren. Eine solche Abrede kann sich zB aus dem Austausch schriftlicher Vertragsentwürfe oder der Herstellung einer Vertragsurkunde, insb wenn diese eine Schriftformklausel enthält, schlüssig ergeben. Nach § 154 II kommt der Mietvertrag in diesem Fall im Zweifel mit Erstellung und Unterzeichnung der Urkunde zustande.
2. Schlüssige Änderungen.
Rn 32
Ein Mietvertrag oder mietvertragliche Abreden können selbstverständlich auch konkludent (schlüssig) getroffen (BGH ZMR 14, 965 Rz 19; WuM 14, 546 Rz 12; NZM 14, 748 Rz 19; NJW 10, 1133 Rz 14) und auch geändert werden (zur Miethöhe vgl § 557 Rn 6; zu Umlagevereinbarungen § 556 Rn 11, § 556 Rn 12 und § 556 Rn 29). Ob ein schlüssiges Verhalten als Willenserklärung zu werten ist, bestimmt sich nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Maßstäben (BGH NJW-RR 18, 524 [BGH 30.01.2018 - VIII ZB 74/16] Rz 19; NJW 14, 1951 [BGH 22.01.2014 - VIII ZR 391/12] Rz 14). Die Bewertung ist bei Individualerklärungen in erster Linie dem Tatrichter vorbehalten (BGH NJW-RR 18, 52416 Rz 19; NJW 10, 2648 [BGH 23.06.2010 - VIII ZR 256/09] Rz 15). Eine einseitig gebliebene Vorstellung des Mieters genügt nicht, auch wenn sie dem Vermieter bekannt ist. Erforderlich ist vielmehr weiter, dass der Vermieter darauf in irgendeiner Form zust reagiert (BGH NJW 10, 1133 [BGH 23.09.2009 - VIII ZR 300/08] Rz 14; 09, 2807 Rz 9). Trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins (s § 119 Rn 21) kann eine konkludente Willenserklärung vorliegen, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGH NZM 05, 659, 660 [BGH 13.07.2005 - VIII ZR 255/04]). Beispiele:
- Wenn der Vermieter einer Person für längere Zeit Wohnraum überlässt und dafür Miete entgegennimmt oder fordert, kann ein Mietvertrag geschlossen sein (BVerfG ZMR 96, 120, 121; LG Berlin ZMR 01, 32, 33). Die bloße Nutzung einer Wohnung rechtfertigt idR nicht die Annahme des konkludenten Zustandekommens eines Mietvertrags. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter die Nutzung über einen längeren Zeitraum geduldet und hierfür vereinzelt Zahlungen erhalten hat (LG Karlsruhe IMR 20, 449).
- Ein konkludenter Eintritt in einen Mietvertrag liegt vor, wenn der Ehegatte im eigenen Namen Willenserklärungen ggü der Hausverwaltung abgibt und den Schriftverkehr im eigenen Namen führt, die Wohnung jahrelang allein nutzt, Miete zahlt, Schönheitsreparaturen ausführt (Rn 144), die Kündigung des Mietverhältnisses erklärt und eine geleistete Mietkaution ›zurückfordert‹ (BGH NZM 05, 659, 660 [BGH 13.07.2005 - VIII ZR 255/04]).
- Die Mietvertragsparteien können auch die Mietstruktur (Rn 177) schlüssig ändern (BGH ZMR 14, 965 Rz 19). So liegt es noch nicht, wenn der Vermieter Betriebskosten abrechnet, zu deren Umlage er nach dem Mietvertrag nicht berechtigt ist, und der Mieter eine darauf beruhende Nachzahlung begleicht (BGH ZMR 14, 965 Rz 19; NJW 08, 283 Rz 18; 08, 1302 Rz 10). Auch eine jahrelange Zahlung dem Mieter übermittelter Betriebskostenabrechnungen führt grds nicht zu einer Vertragsänderung. Bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum rechtfertigt allein die Übersendung der Betriebskostenabrechnung und der vorbehaltlose Ausgleich einer sich daraus ergebenden Nachforderung durch den Mieter nicht die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses (BGH NJW 14, 2780 [BGH 28.05.2014 - XII ZR 6/13] Rz 25; 13, 2885). Anders verhält es sich, wenn aufgrund besonderer Umstände der Änderungswille des Vermieters erkennbar (LG Itzehoe WuM 09, 741) und klar ist, wie die Änderung aussehen soll (LG Berlin GE 10, 694, 695).