Rn 10
Der Mangel kann als sog Umweltmangel auch in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen der Mietsache zur Umwelt liegen, eine mangelhafte Sachsubstanz ist nach dem Wortlaut in § 536 nicht erforderlich (BGH NJW 00, 1714 [BGH 16.02.2000 - XII ZR 279/97]). Der Umweltmangel muss zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache führen, um eine Ausuferung der Mängelhaftung zu vermeiden (BGH NJW 06, 899 [BGH 21.09.2005 - XII ZR 66/03]), da das Verwendungsrisiko grds der Mieter trägt. Bei Immissionen (zB Lärm-, Luftverschmutzung durch Baustelle) ist die Duldungspflicht des Eigentümers gem § 906 I entsprechend als Maßstab anzuwenden (BGH NJW-RR 22, 381 [BGH 24.11.2021 - VIII ZR 258/19]; NJW 15, 2023 [BGH 16.01.2015 - V ZR 110/14]: Rauchen auf Balkon); generell ist die Verkehrsanschauung maßgeblich (§ 242) – die Tatsache, dass Immissionen nachträglich auftreten, genügt als solche noch nicht (BGH NJW 15, 2177 [BGH 29.04.2015 - VIII ZR 197/14]). nicht: Verletzung vertraglicher Konkurrenzschutzklauseln bei Gewerberaummiete (strittig: vgl OLG Dresden NZM 10, 818 mwN); Strahlungen von Stromleitungen und Funksendeanlagen bei Einhaltung der BImSchV ohne konkrete Gefährdung des Mieters (vgl BVerfG NJW 02, 1638; BGH ZMR 06, 670).
Rn 11
Weitere Beispiele für Wohnraum: ›Schallbrücken‹ in den Wänden (BGH NJW 17, 1877 [BGH 21.02.2017 - VIII ZR 1/16]); Fehlerhafte Elektroleitungen im Gebäude (BGH NJW 09, 143 [BGH 15.10.2008 - VIII ZR 321/07]); Bodenverseuchungen (Hamm ZMR 87, 267); Überschwemmung der Mieträume, auch bei unvorhersehbarer Naturkatastrophe (LG Leipzig NJW 03, 2177 [LG Leipzig 28.05.2003 - 1 S 1314/03]; aA BGH NJW 71, 424 [BGH 09.12.1970 - VIII ZR 149/69]); Sprengstoffanschläge gegen Hausmitbewohner (Dresd NZM 02, 165 [OLG Dresden 11.06.1999 - 22 U 2401/98]); nicht: Baulärm, sofern auch der Vermieter keine Abwehr- oder Entschädigungsansprüche gem § 906 hat; insoweit nimmt der Wohnungsmieter an der Situationsgebundenheit des Mietgrundstücks teil (BGH NJW-RR 22, 381 [BGH 24.11.2021 - VIII ZR 258/19]; NJW 20, 2884 [BGH 29.04.2020 - VIII ZR 31/18]); gelegentliche Feiern oder Streitigkeiten anderer Mietparteien in Mehrfamilienhaus (BGH NJW 12, 1647 [BGH 29.02.2012 - VIII ZR 155/11]); erhöhter Verkehrslärm infolge von Straßenbauarbeiten in Innenstadtlage (BGH NJW 13, 680 [BGH 19.12.2012 - VIII ZR 152/12]); erhöhte Geräusche durch Bolzplatz (BGH NJW 15, 2177 [BGH 29.04.2015 - VIII ZR 197/14]); bei Kinderlärm ist Rücksichtnahmepflicht des betroffenen Mieters zu beachten (BGH NJW-RR 17, 1290 [BGH 22.08.2017 - VIII ZR 226/16]); Lichteinfall in Großstadtwohnung durch Leuchtreklame (LG Berlin NZM 04, 548). Gewerberaum: Großbaustelle in Innenstadt (Frankf NJW 15, 2434 [BGH 27.11.2014 - I ZR 124/11]; erhebliche Zugangsbeeinträchtigung durch Baustelle/Umbaumaßnahmen (München IMR 21, 152; KG NJW-RR 08, 1042 [KG Berlin 12.11.2007 - 8 U 194/06]); Fehlen des vertraglich vereinbarten Geschäftsumfelds (BGH NJW-RR 04, 79); Verletzung von Konkurrenzschutz durch Eröffnung weiterer Spielhalle in unmittelbarer Umgebung (Ddorf NZM 98, 307) oder Vermietung an Konkurrenzunternehmen (BGH IMR 12, 502: Arzt gleicher Fachrichtung); unzureichender Hochwasserschutz (München NJW 15, 962 [OLG München 29.01.2015 - 32 U 1185/14]); nicht: enttäuschte Umsatzerwartungen als solche (BGH NJW 00, 1714) oder bestimmter ›Mietermix‹– vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, die die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache unmittelbar beeinträchtigen (BGH NJW-RR 12, 1480); vgl zur Mieterstruktur auch Ddorf IMR 21, 506 (›Young Fashion Mall‹); ein geringerer Publikumsverkehr bei gleich bleibender Zugangsmöglichkeit genügt ebenso wenig (BGH NJW 81, 2405; München ZMR 96, 256) – dass der Vermieter die Publikumsveränderung durch eine Änderung in der Geschäftsumgebung mitbewirkt hat, ist daher unbeachtlich (BGH NJW-RR 12, 1480 – Vermietung an bordellartige Massagepraxis im gleichen Haus); Mietleerstände in einem Einkaufszentrum bzw Parkplatzmangel genügen ebenfalls nicht, solange der Zugang zur Mietsache nicht beeinträchtigt ist (Ddorf IMR 15, 369; BGH NJW 00, 1714 [BGH 16.02.2000 - XII ZR 279/97]) und ein Betrieb möglich ist (BGH NJW 06, 899 [BGH 21.09.2005 - XII ZR 66/03]). Dem Mieter ist daher zu empfehlen, ggf eine garantierte Mindestumsatzerwartung in den Mietvertrag aufzunehmen (s Rn 18). Unbeachtlich ist ferner die Qualität und Quantität des Besucherverkehrs anderer Mieter (BGH NJW 09, 664 [BGH 15.10.2008 - XII ZR 1/07] – Hartz-IV-Abteilung).