1. Allgemeines.
Rn 17
I 2 beinhaltet einen Ausschluss der Erlaubnis zur Vornahme der privilegierten baulichen Veränderungen, und zwar ähnlich wie in §§ 553 I 2, 555d II 1. Abzuwägen sind die (negativen) Folgen der baulichen Veränderung aufseiten des Vermieters gegen die (positiven) Folgen derselben Maßnahme für den Mieter. Der vorwiegend dem Interesse des Mieters dienenden Regelung des § 554 I ist zu entnehmen, dass der Mieter grds selbst diese Veränderungen – jedenfalls mittels eines geeigneten Fachunternehmens – durchführen darf, was beinhaltet, dass er befugt ist, dieses auch auszuwählen und auch die konkrete Ausgestaltung des Anschlusses zu bestimmen. Auch wenn es dem Vermieter grds nicht verwehrt ist, eine Gleichbehandlung mehrerer Mietparteien anzustreben, stellt sich diese Frage erst, wenn später auch noch andere Mieter einen Elektroanschluss wünschen (LG München I ZMR 22, 643; vgl Kappus NZM 22, 626).
2. Interessen des Vermieters.
Rn 18
Eine berechtigte Zustimmungsverweigerung kann gestützt werden auf: konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit (mobile Auffahrtschienen, AG München NZM 11, 206), die nicht durch Zusage des Mieters kompensiert wird, er werde eine Haftpflichtversicherung abschließen; wenn durch den Umbau das Mietobjekt für Nichtbehinderte nicht mehr oder weitgehend nicht mehr im bisherigen Umfang nutzbar ist.
Rn 19
IRd Verkehrspflicht kann der Vermieter sich darauf berufen, dass etwa die Statik des Hauses gewisse Arbeiten nicht zulässt; zu beachten ist auch, dass bei Einbau von Treppenliften die nach der jeweiligen Landesbauordnung notwendige Breite zwischen der Fahrschiene und dem festen Handlauf vorhanden sein muss. Muss der Handlauf bedingt durch den Einbau des Treppenliftes von der Wand noch auf die andere Seite umgesetzt werden, wird schnell auch in einem Zweiparteienhaus die Mindestbreite der Treppe (idR 80 cm) unterschritten. Der Vermieter kann sachgerechte Auflagen machen. Das sog Konservierungsinteresse des Vermieters bedeutet idR, dass er vom Mieter verlangen kann, sämtliche die Gebäudesubstanz (insb Statik) berührenden Arbeiten durch ein Fachunternehmen ausführen zu lassen. Keinesfalls darf der Mieter eine formell oder materiell baurechtswidrige Situation schaffen.
Rn 20
Für Tiefgaragenstellplätze muss ggf eine Ladeinfrastruktur geschaffen werden, die Eingriffe in die vermieterseits vorgehaltene E-Installation erfordert. Wenn der Mieter die Kosten für solche Arbeiten übernimmt, ist es dem Vermieter idR verwehrt, aus diesem Grunde dem einzelnen Mieter die Erlaubnis zu Schaffung von Ladeinfrastruktur zu verweigern. Für ›Nachzügler‹ unter den Mietern könnte man § 21 IV WEG nF analog anwenden. Allgemeine moralische Vorbehalte des Vermieters ggü der E-Mobilität, die abstrakte Furcht vor einer angenommenen erhöhten Brandgefahr bei Elektrofahrzeugen und pauschale Bedenken in Bezug auf eine ggf nicht ausreichende Stromversorgung des vermieteten Anwesens sind iRd Interessenabwägung nach § 554 Abs 1 S 2 unbehelflich (LG München I ZMR 22, 731).
Rn 21
Der Vermieter muss für sich entscheiden, ob er ggf – statt dem Mieter die Erlaubnis zu erteilen – selbst die begehrte Maßnahme durchführen lässt. Er könnte das Mietobjekt in Eigenregie gem §§ 555b ff modernisieren lassen, um dann die Kosten über eine Modernisierungsmieterhöhung zu realisieren. Widersprüche (§§ 555d III, 559 IV) der an der Maßnahme nicht interessierten Mieter hat er einzukalkulieren. Die bloße vage Ankündigung des Vermieters, er werde selbst modernisieren, reicht zur Verweigerung der Erlaubnis wohl nie aus.
Rn 22
Drohende Mietminderungen durch andere Mieter wegen der begehrten baulichen Veränderung sind aufseiten des Vermieters bei der Abwägung zu berücksichtigen.
Rn 23
Auch die grds Rückbaupflicht des Mieters (vgl § 546 I) besteht trotz (temporärer, auf die Mietzeit begrenzter) Zustimmung des Vermieters. Wenn der Mieter zB insolvenzbedingt seine Rückbaupflicht nicht erfüllt, treffen wirtschaftlich den Vermieter auch Rückbaukosten. Falls der Mieter dem Vermieter eine Zusatzkaution (vgl I 3) in Höhe ortsüblicher Handwerkerkosten zzgl Sicherheitszuschlag anbietet, wären die evtl Rückbaukosten kompensiert.
Rn 24
Im Zusammenhang mit der begehrten Installation von Ladevorrichtungen kann der Nachteil des Vermieters durch neue Verkehrssicherungspflichten (E-Checks etc) der Mieter und durch eine Haftpflichtversicherung, die sämtliche aus der Ladeinfrastruktur resultierenden Risiken abdeckt, den Nachteil kompensieren. Künftige E-Checks etc sowie Folgekosten muss der Mieter ebenfalls übernehmen.
3. Interessen des Mieters.
Rn 25
Frühere ›berechtigte Interessen‹, wie Art, Dauer (Heilungschancen) und Schwere der Behinderung, Umfang und Erforderlichkeit der Maßnahme, Dauer der Bauzeit und Möglichkeiten des Rückbaus werden beim Wohnraummieter wohl weiter als Abwägungskriterien angesehen (LG Duisburg ZMR 00, 463) sowie die restliche/voraussichtliche Dauer des Mietverhältnisses, Entwicklung des Gesundheitszustands des Mieters oder seines Haushaltsangehörigen sowie bisherige Dauer des Mietverhältnisses und dadurch bereits...