I. Überblick.
Rn 3
Nach § 555b Nr 1 sind bauliche Veränderungen (Rn 2), durch die in Bezug auf die Mietsache (§ 555a Rn 2) Endenergie nachhaltig (Rn 8) eingespart wird (energetische Modernisierung) Modernisierungsmaßnahmen. Hierin liegt im Verhältnis zum Mieter eine wegen § 559 I politisch gewollte, indes bedenkliche Fiktion, soweit eine bauliche Veränderung nicht dazu führt, dass sich der individuelle Mietgebrauch des Mieters positiv verändert. Für § 555b Nr 1 gilt nach § 536 Ia ein zweitweiser Ausschluss der Minderung (s.a. BGH WuM 22, 145 [BGH 12.10.2021 - VIII ZR 51/20] Rz 7/Rz 8).
II. Endenergie.
Rn 4
Endenergie ist die Menge an Energie, die der Anlagentechnik eines Gebäudes (zB Heizungsanlage, raumlufttechnische Anlage, Warmwasserbereitungsanlage) zur Verfügung stehen muss, um die insb für den Mieter erforderliche Nutzenergie (diejenige Menge an Energie, die für eine bestimmte Energiedienstleistung am Ort des Verbrauchs, zB erwärmter Raum, warmes Wasser etc, erforderlich ist) sowie die Verluste der Anlagentechnik bei Übergabe, Verteilung (Leitungsverluste, zB bei einer Zentralheizung, Hilfsenergie, zB Pumpenstrom), Speicherung und Erzeugung (zB Heizkessel) im Gebäude zu decken (s.a. LG Berlin GE 21, 883). Die zur Versorgung eines Gebäudes benötigte Endenergie wird an der ›Schnittstelle‹ Gebäudehülle gemessen und dort in Form von Heizöl, Erdgas, Braunkohlenbriketts, Holzpellets, Strom, Fernwärme etc übergeben.
III. Einsparung.
1. Weniger oder effizienter eingesetzte Endenergie.
Rn 5
Endenergie wird eingespart, wenn durch eine bauliche Veränderung (Rn 2) zur Erbringung derselben Nutz-Energiedienstleistung am Ort des Verbrauchs weniger Endenergie (Rn 4) als vor der Modernisierung erforderlich ist. Endenergie wird ferner gespart, wenn Nutzenergie mit größerer Effizienz zur Verfügung gestellt wird (Verringerung der Energieverluste).
2. Anlagen zur Nutzung von Sonnen- oder Windenergie.
Rn 6
Auswirkungen auf den Endenergiebedarf können am Gebäude befindliche Anlagen zur Nutzung von Sonnen- oder Windenergie haben. Wird die hiermit erzeugte Energie zur Deckung des Energiebedarfs des Gebäudes selbst eingesetzt (zB Erzeugung von Warmwasser mit Hilfe von Solarthermie), muss an der ›Schnittstelle‹ Gebäudehülle (Rn 4) weniger ›zu bezahlende‹ Endenergie beschafft werden, mithin wird Energie eingespart; das reicht (str).
3. Beispiele.
Rn 7
Beispiele für energiesparende Maßnahmen können sein: Errichtung eines Blockheizkraftwerkes (BHKW), sofern nicht erneuerbare Primärenergie eingespart wird, Fensteraustausch, zB isolierverglaste Kunststofffenster statt Kastendoppelfenstern (LG Berlin GE 15, 1162), Installation von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, Umstellungen von einer Ofen- auf eine Gasetagenheizung mit Warmwasserversorgung (LG Berlin GE 15, 1162; MM 08, 75), Anschluss einer mit einer Gasetagenheizung ausgestatteten Wohnung an das aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung gespeiste Fernwärmenetz (BGH NJW 08, 3630 [BGH 24.09.2008 - VIII ZR 275/07] Rz 9; LG Hamburg NZM 06, 536 [LG Hamburg 29.09.2005 - 334 S 48/04]; s.a. § 555a Rn 3), Umstellung von GAMAT-Außenwandheizern auf Fernwärme (LG Berlin GE 10, 1273), Verbesserung der Wärmedämmung der Gebäudehülle (LG Berlin ZMR 98, 166; LG Paderborn WuM 93, 360), von Fenstern (LG Berlin MM 08, 370), Außentüren und -wänden, Dächern, Kellerdecken und obersten Geschossdecken (LG Berlin ZMR 21, 112), die Verminderung des Energieverlustes bzw Energieverbrauchs der Heizungs- und Warmwasseranlage (zB durch hydraulischen Abgleich und Wärmedämmung freiliegender Rohrleitungen), Einbau einer neuen Heizung (Celle WuM 93, 89 [OLG Celle 22.11.1992 - 4 W 47/92]; LG Berlin NJW-RR 01, 1590 [LG Berlin 17.03.2000 - 65 S 352/99]), von Thermostatventilen oder von Wärmeschutzglas, die Verklinkerung einer Hauswand, Einbau einer drehzahlgeregelten Umwälzpumpe, Erneuerung von Ventilatoren und Aufzugsmotoren, Verwendung von Energiesparlampen, Einbau eines Isolierglasfensters mit Lüftung (AG Rostock GE 96, 1251), Einbau von Kalt- und Warmwasserzählern (BGH NJW 11, 3514 [BGH 28.09.2011 - VIII ZR 326/10] Rz 24; LG Berlin GE 10, 1745).
IV. Nachhaltig.
Rn 8
Nachhaltig ist eine Einsparung, wenn überhaupt irgendeine messbare Einsparung erzielt wird und diese dauerhaft ist (BGH NZM 04, 252; ZMR 02, 503, 504; BTDrs 17/10485, 24). Der Begriff ist zeitlich, nicht quantitativ zu verstehen (LG Berlin GE 21, 883). Eine Mindestgröße ist nicht erforderlich (BGH ZMR 02, 503, 504; BTDrs 17/10485, 24; aA LG Berlin ZMR 21, 971).
V. Mietsache.
Rn 9
Zum Begriff der Mietsache s § 555a Rn 2.