a) Überblick.
Rn 5
Mieterinteressen iSv Rn 4 bestehen idR im Schutz des Besitzes an der Wohnung (Art 13 I GG), der Gesundheit (Art 2 II 1 GG), der allgemeinen Lebensplanung (Art 2 I GG), zB in der Gestaltung und Dekoration der Mietsache, im Ausnahmefall aber auch in der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechtes, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters sowie ideeller Interessen. Mieterinteressen sind ferner – vorübergehend – eine Krankheit, eine bevorstehende Prüfung, eine Schwangerschaft, ein geplanter Umzug oder – bei Gewerberaummietern – auch wirtschaftliche Aspekte (BGH NJW 13, 223 [BGH 31.10.2012 - XII ZR 126/11] Rz 27: existenzbedrohendes wirtschaftliches Risiko).
b) Vorzunehmende Arbeiten.
Rn 6
Geschützte Interessen der nach Rn 4 Betroffenen können durch die für die angekündigte Modernisierungsmaßnahme vorzunehmenden baulichen Maßnahmen (Schmutz, Dreck, Erschütterungen, Intensität usw) verletzt werden (AG Bremen WuM 17, 493). Die Belästigungen müssen nicht in den angemieteten Räumen verursacht werden (AG Bremen WuM 17, 493). Je länger die zu duldenden Modernisierungsmaßnahmen andauern und je umfangreicher sie sind, desto eher ist eine Härte anzunehmen (LG Berlin WuM 16, 282, 283 [LG Berlin 17.02.2016 - 65 S 301/15]). Die vorübergehende Räumung einzelner Zimmer, ein Zwischenumzug oder ein Ausweichen in ein Hotel kommen idR nur in Betracht, wenn besonders schwerwiegende, zwingende Gründe für die Modernisierung sprechen oder der Mieter durch den vorübergehenden Wohnungswechsel nicht wesentlich in seinen Lebensgewohnheiten beeinträchtigt wird, was zB bei einem alleinstehenden Mieter mit geringem Hausrat und vorwiegend aushäusiger Lebensweise (ausnahmsweise) der Fall sein kann (LG Berlin NJW 16, 2582 [OLG Schleswig 19.02.2016 - 1 U 157/14]; WuM 15, 486). Dass mit der Durchführung der Modernisierungsmaßnahme als solcher (wesentliche) Beeinträchtigungen verbunden sind, kann idR die Duldungspflicht allerdings nicht dauerhaft ausschließen (BGH NJW 08, 1218 [BGH 13.02.2008 - VIII ZR 105/07] Rz 16). Etwas anderes kann idR nur bei Krankheit (LG Berlin IMR 15, 272: Bauchspeicheldrüsenkrebs; LG Berlin IMR 15, 396: ›Dekompensation‹ bis zur existentiellen Krise), hohem Alter, bei Behinderungen oder Vergleichbarem gelten (s.a. LG Berlin GE 14, 55). Die Beeinträchtigungen können indes dazu führen, dass die Modernisierungsmaßnahme zu einem anderen Zeitpunkt durchzuführen ist, zB im Sommer (s.a. LG Berlin GE 15, 791), zu einer anderen Tageszeit oder an einem anderen Tag, oder dass zeitweise Ersatzwohnraum zu stellen ist.
c) Bauliche Folgen.
Rn 7
Eine ›Härte‹ kann in dauerhaften baulichen Folgen aufgrund einer Modernisierungsmaßnahme liegen, va im Verlust von Wohnfläche iSd WoFlV (LG Berlin GE 15, 916: dort verneint), im erheblichen Verlust von Fenster- oder Stellflächen, in negativen Änderungen des Wohnungsgrundrisses (BGH NJW 08, 1218 [BGH 13.02.2008 - VIII ZR 105/07] Rz 23), der Senkung der Raumhöhe, schädlichen Baustoffen, Verschattung der Mieträume oder anderen maßgeblichen Belästigungen (AG Hamburg WuM 02, 487 [AG Hamburg 05.02.2002 - 48 C 322/01]: Müllcontainerbox vor Schlafzimmerfenster). Eine Härte wird idR nur bei den Mieträumen selbst anzunehmen sein, kann aber auch bei der Mietsache vorkommen (zB Verlust des Fahrradkellers oder eines Spielplatzes). Was gilt ist eine Frage des Einzelfalls, va des individuellen Interesses des Betroffenen (Rn 4) an der Beibehaltung.
d) Aufwendungen.
Rn 8
Durch die Modernisierungsmaßnahme bedrohte vorausgegangene Aufwendungen (zum Begriff § 256 Rn 3) sind idR unerheblich. Waren Aufwendungen erlaubt und haben sie die Mietsache verbessert, spielt dies bereits bei der Frage, ob überhaupt eine Modernisierungsmaßnahme vorliegt, eine Rolle (§ 555 Rn 1). Haben Aufwendungen die Mietsache hingegen nicht verbessert, sind sie bereits bei den baulichen Folgen (Rn 7) abzuwägen. Härtegründe bei Mieterinvestitionen kann der Vermieter im Übrigen jedenfalls idR durch Übernahme einer Ausgleichszahlung abmildern oder beseitigen.