I. Allgemeines.
Rn 140
Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit bezeichnet die vertragliche Nebenpflicht (§ 535 Rn 54; BGH NJW-RR 23, 373 Rz 41; NZM 22, 949 Rz 36; 15, 132 Rz 11), bei Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der nach einer Umlegungsvereinbarung vom Mieter zu tragenden Betriebskosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen und den Mieter nur mit Nebenkosten zu belasten, die erforderlich und angemessen sind (BGH NJW-RR 23, 373 Rz 27; NZM 22, 949 Rz 36; ZMR 22, 193 Rz 37). S.a. § 20 I 2 NMV 1970, § 24 II der II. BerechnungsVO; eine Modernisierungspflicht folgt hieraus nicht (§ 535 Rn 100).
Rn 141
Nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit dürfen nur solche Kosten umgelegt werden, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind. Maßgebend ist somit der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält. Der Vermieter darf also keine überflüssigen Maßnahmen oder Kosten umlegen, muss sich an die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung halten (BGH ZMR 07, 361 unter II 3; 04, 430 unter II 2).
Rn 142
Anders als es der Wortlaut des § 556 III 1 Hs 2 andeutet, ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit nicht erst bei der Abrechnung zu beachten: eine Abrechnung kann nicht ›wirtschaftlich‹ sein. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ist vielmehr bei Abschluss der Verträge zu beachten, deren Kosten auf den Mieter nach der Umlegungsvereinbarung umgelegt werden dürfen, sowie bei Maßnahmen, die ergriffen werden sollen, zB der Anstellung eines Hausmeisters.
II. Beurteilung der (Un-)Wirtschaftlichkeit.
1. Grundsätze.
Rn 143
Der Vermieter muss sich so verhalten, wie sich ein wirtschaftlich Denkender verhalten würde, wenn die Möglichkeit der Kostenumlegung nicht bestünde (LG Dresden CuR 04, 65). Dabei ist dem Vermieter ein Entscheidungsspielraum zuzubilligen (BGH NJW 10, 3647 Rz 18 zur Gewerberaummiete). Er ist nicht gehalten, stets die billigste Lösung zu wählen (Ddorf GE 13, 1273), sondern darf andere für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung relevante Kriterien, wie zB die Zuverlässigkeit des Vertragspartners, in seine Entscheidungsfindung einbeziehen (BGH NJW 10, 3647 [BGH 13.10.2010 - XII ZR 129/09] Rz 18 zur Gewerberaummiete).
Rn 144
Da die Wirtschaftlichkeit objektiv zu beurteilen ist, kommt es auf die persönlichen Kenntnisse und Möglichkeiten des Vermieters nicht an. Was gilt, hängt wesentlich vom Charakter des Mietobjektes und der Mietsache ab, der sich aus der Lage, den baulichen Gegebenheiten, dem Repräsentationscharakter und dem Nutzungszweck ergibt (LG Hamburg ZMR 01, 970). Der Nutzungszweck bestimmt sich nach dem vertragsgemäßen Gebrauch und damit insb auch nach dem jeweiligen Mietvertrag.
Rn 145
Dem Vermieter steht es auch frei, selbst Verbesserungen an der Mietsache vorzunehmen. Sofern nicht abw vertragliche Regelungen bestehen, obliegt es seiner Organisationskompetenz, ob er selbst tätig wird oder die Aufgaben durch Angestellte oder selbständige Unternehmer erledigen lässt (BGH ZMR 04, 430 unter II 2).
2. Beispiele.
Rn 146
Der Entscheidungsspielraum ist überschritten bei Kosten für Maßnahmen, die nicht erforderlich oder sinnlos sind. Das gilt:
- Wenn sich der Vermieter auf unangemessene, Marktunübliche überhöhte Entgelte einlässt (Dorf ZMR 14, 31; Celle ZMR 99, 238, 240; LG Köln NZM 05, 453). Der Vermieter muss zwar nicht unbedingt den billigsten Anbieter wählen (Rn 143). Von ihm kann aber grds verlangt werden, dass er denkbare Anbieter zur Abgabe eines Angebots auffordert (KG GE 11, 545) – mindestens 3 (s.a. § 18 WEG). Bei kostenintensiven Betriebskostenarten ist eine Ausschreibung zu fordern (AG Dortmund ZMR 16, 457; WuM 15, 626).
- Für Wartungsverträge über Einrichtungen und Anlagen, die keinem regelmäßigen Verschleiß unterliegen und von denen auch keine Gefahr ausgeht, zB Wartungsverträge für Herde (AG Lichtenberg WuM 98, 572) und für Klingel- und Gegensprechanlagen (AG Hamburg WuM 98, 308) – wenn nicht im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände ein Wartungsbedarf besteht.
- Für Kosten, die nicht geschuldet werden (LG Chemnitz WuM 03, 217 [LG Frankfurt am Main 10.12.2002 - 2/11 S 194/02]). Das gilt auch für Trinkgelder (LG Berlin GE 81, 235; aA LG Hamburg ZMR 60, 75).
- Für Zahlungen, die trotz Verjährung erbracht werden.
- Für Kosten, die wegen einer Säumnis des Vermieters entstehen, zB Säumniszuschläge, Mahngebühren und Verzugszinsen.
- Gegen überhöhte Gebühren und Steuern muss der Vermieter mit Rechtsbehelfen vorgehen (LG Berlin GE 03, 121).
- Ohne ein konkretes Gebäudeschadenswagnis widerspricht es einer vernünftigen Bewirtschaftung einer Immobilie, dieses Risiko abzudecken (BGH NJW 10, 3647 [BGH 13.10.2010 - XII ZR 129/09] Rz 21 zur Gewerberaummiete).
- Wenn eine Anlage behebbare Mängel aufweist.
Rn 147
Der Entscheidungsspielraum ist grds noch nicht überschritten: