I. Überblick.
Rn 2
Um zu klären, ob der Vermieter nach § 556e I 1 Bestandsschutz genießt, sind die Vormiete (Rn 3) und die nach § 556d I zulässige Miete (§ 556d Rn 6 ff) zu vergleichen
II. Vormiete.
1. Begriff.
Rn 3
Vormiete ist: die Miete (§ 535 Rn 176 ff), die der vorherige Mieter, für die identische (BGH WuM 23, 603 [BGH 05.07.2023 - VIII ZR 94/21] Rz 50 und Rz 51) Mietsache (§ 535 Rn 103 ff) wirksam (auch die Vor-Vormiete kann mithin Vormiete sein: s.a. BGH WuM 24, 144 Rz 20; ZMR 23, 964 Rz 20 ff) geschuldet – nicht gezahlt – hat (dabei sind ggf auch §§ 556d ff zu beachten). Für die notwendige Identität ist va zu prüfen, ob weitere Räume, Flächen und Berechtigungen hinzugekommen oder weggefallen sind. Ist es so, fehlt es an einer Identität und § 556e ist nicht anwendbar. Ist die Mietsache identisch, gingen die vorherigen Mietvertragsparteien aber zB von einer anderen Wohnfläche aus, oder nahmen diese zu Unrecht aus, ändert dieses an der Identität hingegen nichts.
Rn 4
Bei dem Vormietverhältnis muss es sich um ein Wohnraummietverhältnis handeln (BGH NJW-RR 20, 1337 Rz 14). Dass die Mietsache zeitweilig leer stand und/oder vom Vermieter genutzt/gebraucht wurde, ist unerheblich (LG Berlin GE 18, 1460). Eine zwischenzeitliche Vermietung als Gewerberaum steht der Anwendung des § 556e I 1 hingegen entgegen (BGH NJW-RR 20, 1337 [BGH 19.08.2020 - VIII ZR 374/18] Rz 17).
2. Ermittlung der Vormiete.
Rn 5
Bei der Ermittlung der Vormiete unberücksichtigt bleiben zum einen Mietminderungen. Liegt der Mangel noch vor, mindert sich nämlich die neue Miete. Ob der Mangel behehbbar ist, ist dabei belanglos; dies gilt auch bei Flächenabweichungen (s.a. Rn 3).
Rn 6
Zum anderen bleiben Mieterhöhungen, die mit dem vorherigen Mieter innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Mietvertrags – ggf nach § 894 ZPO oder als Vergleich – vereinbart worden sind, unberücksichtigt (§§ 187 I, 188 II). Ein kollusives Zusammenwirken zum Nachteil des Neumieters ist dabei keine Voraussetzung. Mieterhöhungen nach §§ 559, 560 sind unbeachtlich; sie werden nicht vereinbart. Keine vereinbarte Mieterhöhung liegt vor, wenn der Vermieter nach Abschluss einer Modernisierungsmaßnahme die Miete nach den §§ 559, 559b erhöht hatte. Will der Vermieter die Mietstruktur (§ 535 Rn 177) ändern, muss er die Miete entspr § 558 Rn 18–20 umrechnen. Zuschläge auf die Vormiete, zB nach § 553 II, sind abzuziehen, wenn es bei der Neuvermietung keine Entsprechung gibt (Flatow WuM 15, 191, 198).
III. Rechtsfolge (§ 556e I 1).
Rn 7
Ist die Vormiete höher als die nach § 556d I zulässige Miete, darf eine Miete bis zur Höhe der Vormiete vereinbart werden. § 556e I 1 ist auch dann anzuwenden, wenn in dem ebenfalls bereits den Regelungen der §§ 556d ff unterliegenden Vormietverhältnis eine hiernach unzulässig überhöhte Miete vereinbart wurde (BGH MDR 23, 1304 Rz 20). Als geschuldete Vormiete ist in diesem Fall die gem § 556g I 1, 2 auf die zulässige Höhe reduzierte Miete anzusehen (BGH MDR 23, 1304 Rz 20). Dies gilt auch dann, wenn die in dem Vormietverhältnis zulässige Miethöhe ihrerseits aufgrund einer Anwendung von § 556e I 1, also unter Heranziehung der Vor-Vormiete, bestimmt worden ist (BGH MDR 23, 1304 [BGH 19.07.2023 - VIII ZR 229/22] Rz 20).