a) Erforderlich.
Rn 11
Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen (§ 555a Rn 3) erforderlich gewesen sind oder wären, gehören nicht zu den aufgewendeten Kosten iSv § 559 (s.a. BGH NJW-RR 23, 371 Rz 13; NZM 22, 795 [BGH 20.07.2022 - VIII ZR 361/21] Rz 18). Erforderlich idS sind zum einen die Erhaltungsmaßnahmen, die der Mieter nach § 535 I 2 verlangen konnte (§ 535 Rn 136a). Bsp: Reparaturen der Fassade, des Daches, der Steigleitungen, von Fenstern. Zum anderen sind nach Sinn und Zweck Erhaltungsmaßnahmen dann iSv § 559 II erforderlich, wenn der Vermieter selbst sie iSv § 555a I für erforderlich hielt (§ 555a Rn 5). Es handelt sich um Anlagen, Bauteile und Einrichtungen, die noch funktionsfähig sind, keinen zu beseitigenden Mangel aufweisen und deren Erhaltung der Mieter mangels Fälligkeit daher auch nicht verlangen konnte (§ 535 Rn 136a). Ihren Austausch muss der Vermieter vielmehr befürworten, weil sie bereits über einen nicht unerheblichen Zeitraum ihrer zu erwartenden Gesamtlebensdauer (ab-)genutzt worden sind und ihr Austausch/ihre Erhaltung aus objektiver Sicht technisch/wirtschaftlich sinnvoll und aus Anlass der Modernisierung gleichsam geboten war (s.a. BGH ZMR 20, 925 Rz 41 ff).
b) Berechnung.
aa) Überblick.
Rn 12
Die erforderlichen Erhaltungskosten müssen errechnet werden. Ist eine konkrete Angabe nicht möglich, können sie subsidiär (s.a. Hinz NZM 13, 209, 223) nach § 559 II Hs 2 analog § 287 ZPO geschätzt werden (BGH NJW 15, 934 [BGH 17.12.2014 - VIII ZR 88/13] Rz 45). Mit einer Schätzung sollen überzogene Anforderungen an die Berechnung des Abzugs vermieden werden (BTDrs 17/10485, 24). Die darlegungs- und beweisbelastete Partei (s.a. Rn 13) hat dazu die Anknüpfungstatsachen mitzuteilen (Siegmund MietRB 22, 19, 22).
bb) Erhaltungsmaßnahmen, die der Mieter verlangen konnte.
Rn 12a
Die Kosten für Erhaltungsmaßnahmen, die der Mieter nach § 535 verlangen konnte (§ 535 Rn 136a), sind in voller Höhe von den Gesamtkosten abzuziehen. Dazu ist zu berechnen/schätzen, welche Erhaltungskosten und ›Sowieso-Kosten‹, zB Kosten für Baustelleneinrichtung oder Gerüste, auch ohne die Modernisierungsmaßnahme angefallen wären.
cc) Erhaltungsmaßnahmen, die der Mieter nicht verlangen konnte (§ 559 II 2).
Rn 12b
Die Kosten für Erhaltungsmaßnahmen, die der Mieter nicht verlangen konnte, sind im Verhältnis zur durchschnittlichen Lebensdauer der betroffenen Anlage, des Bauteils oder der Einrichtung von den Gesamtkosten abzuziehen, wenn sie bereits über einen nicht unerheblichen Zeitraum ihrer Nutzungsdauer (ab-)genutzt worden sind (BGH ZMR 20, 925 Rz 41; aA Schindler NZM 21, 261). Diese Voraussetzung ist bereits zu bejahen, wenn der Zeitraum größer als 10 vH ist (Hinz MDR 21, 1436 Rz 20; str). Anlagen‹ sind Grundstück, Gebäude, Maschinen und technische Einheiten. Ein ›Bauteil‹ ist entspr EN ISO 10209 ›Bestandteil einer Ausrüstung, das nicht weiter zerlegt werden kann, ohne seine grundlegenden Eigenschaften zu verlieren‹. Der Begriff ›Einrichtung‹ hat keine eigenständige Bedeutung. Zur Feststellung/Orientierung können Lebensdauerkataloge dienen, wie sie zB vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), vom Bund Technischer Sachverständiger e.V., vom Schweizerischen Hauseigentümerverbands (HEV) und vom Mieterinnen- und Mieterverband Deutschschweiz (MV) veröffentlicht werden. Bsp. Ein Bauteil ist nach den Lebensdauerkatalogen nach 20 Jahren erschöpft. Die Kosten seiner Erhaltung sind dann tw abzuziehen, wenn es bereits länger als 2 Jahre genutzt wird. Liegt es so, ist dann zu ermitteln, wie lange eine Anlage, ein Bauteil oder Einrichtung durchschnittlich mangelfrei iSv § 536 funktionsfähig ist. Weiter ist zu berechnen/zu schätzen, wie lange die Anlage, das Bauteil die Einrichtung noch konkret mangelfrei geblieben wäre. Nachfolgend ist zu berechnen/zu schätzen, wie hoch die Erhaltungskosten bei Mangeleintritt gewesen wären. Dabei ist nach § 559 II 2 der Abnutzungsgrad der Bauteile und Einrichtungen angemessen zu berücksichtigen (eingefügt durch das ›Heizungsgesetz‹, dazu Vor § 555a Rn 6). Anteilige ›Sowieso-Kosten‹ gibt es an dieser Stelle nicht (aA Schindler NZM 21, 261). Bsp. Ein Dach (Betonsteine) hält grds 40 Jahre. Es ist im Fall bereits 20 Jahre alt. Dann wäre es statistisch gesehen voraussichtlich noch 20 Jahre mangelfrei gewesen. Hätten die Erhaltungskosten nach 40 Jahren einen Betrag von 50.000 EUR erreicht (Stand heute), muss sich der Vermieter, der iRe Modernisierungsmaßnahme das Dach neu eindecken lässt, von den Gesamtkosten pauschal 25.000 EUR abziehen lassen (= 1/2).
c) Darlegungs- und Beweislast.
Rn 13
Der Vermieter hat darzulegen und zu beweisen, dass die der Mieterhöhung zugrunde gelegten Gesamtkosten nicht auf Erhaltungsmaßnahmen entfallen sind (BGH ZMR 20, 925 Rz 49; LG Landau ZMR 09, 211).