Prof. Dr. Martin Schöpflin
I. Freie Namenswahl.
Rn 3
In Ausübung der Vereinigungsfreiheit (Art 9 I GG) kann der Verein seinen Namen frei wählen, und zwar auch einen Fantasie- oder einen fremdsprachlichen Namen. Es gilt Namenseinheit, jeder Verein kann also nur einen Namen führen. Der Name muss Kennzeichnungseignung besitzen, nicht aussprechbaren Aneinanderreihungen von Buchstaben kann die Namensfunktion fehlen (München NZG 07, 320 – K.S.S., in concreto zw). Der Zusatz ›eV‹ muss nach der Eintragung geführt werden (§ 65). Die Amtslöschung (§ 395 FamFG) eines unzulässigen Vereinsnamens berührt den Bestand des Vereins nicht, allerdings ist der eV vAw zu löschen, wenn er sich auch nach Aufforderung keinen neuen Namen gibt, da ein Name wesentlicher Bestandteil der juristischen Person ist (ähnl MüKo/Leuschner Rz 11 nach hM lässt die Löschung des Namens die Rechtsfähigkeit unberührt, BGH NJW 84, 668 [BGH 09.06.1983 - I ZR 73/81]; Grüneberg/Ellenberger Rz 2).
II. Namenswahrheit.
Rn 4
In Analogie zu § 18 II HGB gilt für den Verein der Grundsatz der Namenswahrheit (MüKo/Leuschner Rz 5). Der Name darf nicht über Verhältnisse irreführen, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind. Das Registergericht berücksichtigt die Irreführungseignung nur, wenn sie ersichtlich ist (§ 18 II 2 HGB). Die Liberalisierung des Firmenrechts ist auch für das Vereinsrecht zu berücksichtigen, weil das Namensrecht der Idealvereine nicht strenger sein kann als das Recht des Wirtschaftsverkehrs. Daher dürfen keine zu strengen Maßstäbe angelegt werden.
Rn 5
Einzelfälle (s Reichert/Osnabrügge Kap 2 Rz 51): Irreführende Bezeichnungen: ›Europäische Wirtschaftskammer‹, weil der Verkehr dann eine öffentlich-rechtliche Körperschaft oder zumindest eine durch solche Körperschaft beaufsichtigte Institution erwartet (Dresd WRP 00, 1202 [KG Berlin 07.12.1999 - 5 U 5865/98]); Zusatz ›Deutschland‹, wenn er den unzutreffenden Eindruck eines umfassenden Repräsentationsanspruchs hervorruft (Köln FGPrax 06, 129 [OLG Köln 20.01.2006 - 2 Wx 44/05]); ›Bundesverband‹ bei Täuschung über Größenordnung (LG Traunstein, Rpfleger 08, 580 [LG Traunstein 28.01.2008 - 4 T 3931/07]); ›Institut‹ erweckt den fälschlichen Eindruck einer öffentlichen oder unter öffentlicher Aufsicht stehenden Einrichtung (Ddorf Rpfleger 04, 570 [OLG Düsseldorf 16.04.2004 - I-3 Wx 107/04] – für Einzelkaufmann); vom Gründungsjahr abweichende Jahreszahl (Brandbg NZG 11, 475 [OLG Brandenburg 25.02.2011 - 7 Wx 26/10]). Zulässige Bezeichnungen: ›Euro/European‹ ist mittlerweile verwässert und unbedenklich, wenn sich nicht konkrete Anhaltspunkte für eine Täuschungseignung ergeben (Hamm NJW-RR 99, 1710, 1711 [OLG Hamm 26.07.1999 - 15 W 51/99] – ›European Bikers Touring Club eV‹); ebenso ›Europäischer Fachverband‹ (Frankf NZG 11, 1234 [OLG Oldenburg 16.09.2011 - 12 W 193/11]); ›Verband‹ bei im Einzelfall fehlender Irreführungseignung (Frankf ZStV 12, 25); ›Akademie‹, weil nicht eindeutig ist, dass der Rechtsverkehr damit hochschulähnliche Strukturen und staatliche Förderung und Kontrolle verbindet (KG NZG 05, 360, 361 [KG Berlin 26.10.2004 - 1 W 295/04]); ›Consulting‹, da nicht zwingend der Eindruck eines Wirtschaftsunternehmens erweckt wird (Hamm NZG 23, 180). ›Stiftung‹ angesichts des obligatorischen Rechtsformzusatzes (§ 65), wenn der Verein eine stiftungsähnliche Struktur aufweist und sich va aus öffentlichen Mitteln finanziert (Frankf NJW-RR 02, 176 [OLG Frankfurt am Main 20.11.2000 - 20 W 192/00]); ›Rheinland‹ bei Tierschutzverein, da kein zwingender Verweis auf führende Rolle (LG Mönchengladb MDR 09, 641 [LG Mönchengladbach 07.04.2009 - 5 T 96/09]).
III. Unterscheidbarkeit.
Rn 6
Nach § 57 II muss der Name von anderen Vereinsnamen in demselben Ort oder derselben Gemeinde deutlich unterscheidbar sein. Es gilt der Prioritätsgrundsatz, ein Verstoß führt nicht zur Amtslöschung (Soergel/Hadding Rz 11; aA Reichert/Osnabrügge Kap 2 Rz 47). Verletzt der Verein das Namensrecht eines anderen Vereins, gilt § 12, was aber mangels Prüfungskompetenz des Registergerichts kein Eintragungshindernis darstellt (NK-BGB/Heidel/Lochner Rz 5; Jena NJW-RR 94, 698, 699 [OLG Jena 21.09.1993 - 6 W 33/93]; aA MüKo/Leuschner Rz 12).