I. Form und Inhalt.
Rn 6
Die Kündigung muss in schriftlicher Form (vgl zum Räumungsprozess überstreng Himmen ZMR 21, 711) erklärt werden, § 568 I. Damit scheidet eine konkludente (KG WuM 06, 193) Kündigung aus. Eine formell ungenügende Kündigung kann im Einzelfall als ein Mietaufhebungsangebot ausgelegt oder in ein solches umgedeutet werden. Die Kündigung sollte nach § 568 II den Hinweis auf die Möglichkeit des Widerspruchs nach § 574 sowie auf dessen Form und Frist enthalten. Nach § 573 III werden als berechtigte Interessen nur die Gründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind oder auf die wirksam Bezug genommen wurde, es sei denn die Gründe sind nach dem Versenden des Kündigungsschreibens entstanden. Aus der Kündigungserklärung muss der Wille, das Mietverhältnis zu kündigen, klar zum Ausdruck kommen (zu Formalien bei Eigenbedarf: BGH NZM 14, 466; WuM 10, 301; LG Itzehoe ZMR 15, 315). Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist grds die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend.
II. Berechtigtes Interesse, § 573 I 1.
Rn 7
In § 573 II Nr 1–3 sind (vgl ›insb‹, § 573 II) nur Regelbeispiele für berechtigte Interessen aufgezählt; zum ›artverwandten‹ Interesse AG Hbg-Blankenese ZMR 16, 208. Ein auf § 573 I gestütztes berechtigtes Interesse muss den Regelbeispielen zumindest entsprechen, dh vergleichbares Gewicht haben (BGH ZMR 17, 722 für soz. Wohngruppenprojekt; BGH ZMR 17, 791). Hierzu zählen ua – Abrisskündigung (AG Halle/S ZMR 02, 600; BGH ZMR 04, 428) – ggf auch Nichtzahlung der Mietkaution (LG Berlin GE 16, 330), – Bedarf für eine Hilfs- und Pflegeperson, dh wenn die Pflegebedürftigkeit des Vermieters absehbar ist und der Vermieter die Dienste der Pflegeperson für seine Lebensführung in naher Zukunft benötigen wird (LG Koblenz WuM 07, 637, BayObLG ZMR 82, 368 = WuM 82, 125, LG Lübeck ZMR 99, 830), – Unterbringung einer Au-Pair-Hilfe (AG Tempelhof-Kreuzberg ZMR 22, 382, – öffentlicher Raumbedarf, dh wenn konkrete öffentliche Aufgaben erfüllt werden sollen (BayObLG WuM 81, 32 [BVerfG 07.11.1979 - 1 BvR 987/79], LG Bad Kreuznach WuM 90, 298 [LG Bad Kreuznach 17.04.1990 - 1 S 15/90], LG Bochum WuM 89, 242 [LG Bochum 13.12.1988 - 11 S 227/88]), – Vermietung an einen Nichtberechtigten, dh wenn bzgl einer Sozialwohnung der Vermieter diese in eigener Unkenntnis an einen Nichtberechtigten vermietet hat und die zuständige Behörde die Kündigung dieses Mietverhältnisses verlangt (Hamm WuM 82, 244 [OLG Hamm 14.07.1982 - 4 ReMiet 4/82]), – Betriebsbedarf (als Unterfall des Eigenbedarfs insb der jur. Personen) für Arbeitnehmer kann ein berechtigtes Kündigungsinteresse sein. Er ist zu bejahen, wenn der Vermieter die Wohnung einem Arbeitnehmer mit konkretem Wohnbedarf überlassen will (LG Tübingen ZMR 87, 20, vgl auch Stuttg ZMR 91, 260 = WuM 91, 330, Frankf ZMR 92, 443), – Betriebsbedarf für Concierge, seltener Hauswart (BGH ZMR 21, 570; ZMR 17, 550; LG Freiburg WuM 89, 245, LG Wiesbaden WuM 96, 543), – Betriebsbedarf für Genossenschaftswohnung (str, BGH ZMR 07, 767; MDR 07, 1304; NZM 04, 25, Roth NZM 04, 129, Stuttg WuM 91, 379) jedenfalls bei Ausschluss des Mieters wegen genossenschaftswidrigen Verhaltens; ansonsten zum Bedarf für Pfarrer (LG Frankfurt/O ZMR 11, 877) oder Diakonie (BGH MDR 12, 758). Kündigung einer Betriebswohnung erst 11 Jahre nach Ausscheiden aus Dienst ist unzulässig (AG München ZMR 19, 881). Zur Kündigung wegen beabsichtigter Mischnutzung vgl LG Berlin ZMR 23, 706.
Rn 8
In extremen Fällen kann auch Überbelegung (zur Fehlbelegung LG Heidelberg ZMR 14, 286) der Mietwohnung infolge Familienzuwachses beim Mieter oder Zuzug (Hamm ZMR 83, 69; Kinne ZMR 01, 511, 514) ein solches berechtigtes Interesse sein. Auch die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung infolge schuldloser erheblicher Vertragsverletzungen des Mieters kann unter die Generalklausel fallen. Nicht ausreichend ist die unterbliebene Zahlung der Kosten eines Räumungsprozesses nach Schonfristzahlung (BGH ZMR 11, 16) oder die beabsichtigte Verjüngung der Mieterstruktur (BGH WuM 10, 431).
III. Ausschluss der Änderungskündigung, § 573 I 2.
Rn 9
§ 573 I 2 entspricht dem aufgehobenen § 1 1 MHG. Die Gestaltungsmöglichkeit des Vermieters soll beschränkt werden. Die Mieterhöhung musste das überwiegende Motiv der Kündigung sein (LG Stuttgart ZMR 79, 275), heute wird jede Änderung der Gegenleistung zugunsten des Vermieters hierunter subsumiert (NomosK/Hinz § 573 Rz 10). Das Mieterhöhungsbestreben ist auch nach § 573 II Nr 3 kein berechtigtes Interesse.